Taufkirchen:Neustart mit Anfang dreißig

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Framos-Geschäftsführer Andreas Franz (links) gibt Umschülern wie Lukasz Borowiak eine Chance. (Foto: Angelika Bardehle)

Lukasz Borowiak und Andre Zaniuik machen bei der Taufkirchner Firma Framos als Erwachsene noch einmal eine Ausbildung

Von Christina Jackson, Taufkirchen

- Die Umschüler Lukasz Borowiak und Andre Zaniuik wissen, welchen Einfluss neue Technologien auf den Arbeitsalltag haben. In Taufkirchen sind sie bei der Firma Framos beschäftigt, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, "Maschinen das Sehen und Denken beizubringen". Unternehmenschef Andreas Franz geht noch weiter: "Wir liefern das Wissen, um in Zukunft Roboter einzusetzen, die die Pflege von Menschen übernehmen."

Die neue Tätigkeit in einem zukunftsweisenden Bereich verdanken die Umschüler Borowiak und Zaniuik einem gemeinsamen Projekt von Arbeitsagentur und bayerischen Metall- und Elektro-Arbeitgebern. Es richtet sich an junge Erwachsene zwischen 25 und 35 Jahren, die aus der Arbeitslosigkeit eine Umschulung und damit verbesserte Beschäftigungschancen benötigen. Borowiak und Zaniuik haben in Taufkirchen ihre Berufung gefunden. Vier Jahre lang arbeitete der 32-jährige Borowiak, der einst in Polen eine Ausbildung zum Maurer absolviert hatte, als Paketbote in Deutschland. "Nicht selten war ich von 7 bis 20 Uhr im Dienst. Diese Tätigkeit hat mich über die Maßen beansprucht." Als er arbeitslos wird, belegt er am Beruflichen Fortbildungszentrum der Bayerischen Wirtschaft einen Sprachkurs. Dort erhält er den Tipp zur Umschulung zum Logistiker. Heute registriert er die Seriennummern der Kameras und Objektive, die ins und aus dem Lager sortiert werden müssen. Für Borowiak ein guter Job, obwohl er schon in Erwägung gezogen hatte, Busfahrer zu werden.

Als eine Bereicherung empfindet Firmenchef Andreas Franz die Zusammenarbeit mit den Umschülern. Seit 35 Jahren gibt es das Unternehmen Framos in Taufkirchen. Franz führt es in zweiter Generation und kann sich gut in seine Auszubildenden hineinversetzen. "Weiterbildung ist ein Thema, das auch mich fortwährend beschäftigt." Er habe nach seinem Studium mit Promotion ebenfalls ständig nachschulen müssen, um am Ball zu bleiben. Gerade in einem Sektor, der von der technischen Weiterentwicklung profitiert. Seine Firma Framos ist spezialisiert auf die industrielle, wissenschaftliche und medizinische Bildverarbeitung. Das Team aus derzeit 85 Mitarbeitern bietet technische Beratung und Support vom Standort Taufkirchen aus.

Als Geschäftsführer der Münchner Arbeitsagentur beobachtet Harald Neubauer seit Jahren den Trend zum Studium. Dabei sei ein akademischer Titel schon lange kein Garant mehr für beruflichen Erfolg. "Wir setzen auf die kleine Gruppe jener Eltern, die ihren Kindern eine Ausbildung ans Herz legen", sagt Neubauer. Andernfalls werde man künftig noch größere Probleme mit dem Fachkräftemangel haben. Verteilt über das Jahr habe die Agentur 13 000 Ausbildungsstellen in München registriert. Davon konnten lediglich 7 000 besetzt werden. Diese Entwicklung werde in Zukunft dramatische Folgen mit sich bringen, prophezeit Neubauer. Eine Befürchtung, die Bertram Brossardt vom Verband der Bayerischen Metall- und Elektro-Industrie teilt.

Im Zuge des Projekts "Power 25 +" werden die Auszubildenden nicht nur während der Lehrzeit, sondern auch in der Übergangszeit in die Festanstellung unterstützt. "Es gibt dabei individuellen Förderunterricht für die Umschüler sowie Coachings für die Ausbilder." Neben der Taufkirchner Firma Framos nehmen weitere 45 bayerische Unternehmen an dem Projekt teil. Sie haben insgesamt 54 Bewerber aufgenommen: 42 in eine Umschulung und zwölf in eine duale Ausbildung. Zu ihnen gehört auch Andre Zaniuik.

Der 31-jährige Einzelhandelskaufmann suchte nach längerer Arbeitslosigkeit eine neue Beschäftigung und fand sie im Vertrieb und Marketing der Firma Framos. Dort faszinieren ihn die Kommunikations- und Organisationsmöglichkeiten eines Betriebs. "Ich bin gern im Kontakt mit Menschen und fühle mich mit dieser Tätigkeit ausgesprochen wohl", sagt Zaniuik. In der Berufsschule gilt er als Ansprechpartner und Ratgeber für die durchweg jüngeren Kollegen. Eine gute Erfahrung, wie er erzählt: "Ich fühle mich an meine Jugend erinnert."

© SZ vom 20.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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