Taufkirchen:Krähenplage in Taufkirchen

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Weil Unterhaching die Vögel vertrieben hat und sie in Ottobrunn vom Gymnasium gestört wurden, zogen sie um

Von Iris Hilberth, Taufkirchen

Als Singvögel genießen Krähen in der Regel nicht den allerbesten Ruf. Vielmehr werden die Schreie der schwarzen Vögel eher als Gekreische denn als sympathische oder gar melodische Laute wahrgenommen. Wenn das Konzert dann noch regelmäßig unter dem Schlafzimmerfester stattfindet und die Umgebung von Kot immer wieder stark verschmutzt wird, dann reißt selbst Tierliebhabern irgendwann wohl der Geduldsfaden.

So ist den Bewohnern der Waldstraße in Taufkirchen schon lange das Wohlwollen gegenüber den Saatkrähen in ihrer Gegend abhanden gekommen. Die Beschwerden im Rathaus haben sich ebenso gesteigert wie sich die Population der Vögel in den vergangenen Jahren vermehrt hat. Bislang hat die Gemeinde die Leute nur auf die Monate außerhalb der Brutzeiten vertröstet, in denen die Vögel bekanntlich Ruhe geben. Auch hatte man sich damit zufrieden gegeben, dass nach einer Studie in der Schweiz Autolärm lauter ist als Krähengeschrei. Jetzt hat sich der Gemeinderat mit 15:9 Stimmen doch dazu durchgerungen, die Vögel zu vergrämen. Ob das allerdings trotz hoher Kosten gelingen wird, ist aufgrund der bisher nicht erprobten Methode sehr unsicher.

Bereits seit 2010 brüten die geschützten Saatkrähen - nicht zu verwechseln mit den Rabenkrähen - in Taufkirchen. Erst waren es nur wenige Nester, inzwischen zählt das Umweltamt insgesamt 120 entlang des Gewerbegebiets nördlich der Waldstraße an der Grenze zu Unterhaching sowie verstärkt auch auf der Südseite. Zum Teil seien bis zu elf Nester übereinander wie ein Hochhaus gebaut, berichtete Christine Schwarzmüller aus dem Umweltamt den Gemeinderatsmitgliedern. Auch habe sich die Kolonie zunehmend in die Wohnbebauung verlagert und befinde sich teilweise nur noch in einem Abstand von 20 Metern von den Häusern entfernt. Das ist dann in der Zeit zwischen Mitte März und Mitte Juni, wenn die Vögel brüten, nicht nur laut, sondern es kommt auch zu Verschmutzungen durch deren Kot an den Gehwegen, den Hauseingänge und auf den Parkplätzen.

Nun ist es offenbar nicht so, dass die Vögel sich so stark vermehren, weil sie in Taufkirchen so viel Nachwuchs aufziehen. Laut Schwarzmüller kommen höchstens zehn bis zwanzig Prozent der Jungvögel durch. Vielmehr sei die Population so rasant angewachsen, da Unterhaching Vergrämungsversuche unternommen habe, und sich die Vögel in Ottobrunn durch den Bau des Gymnasiums gestört fühlten und daher in die Nachbargemeinde ausgewichen seien.

Allerdings darf man die geschützten Vögel nicht einfach so vergrämen. Die Ausnahmegenehmigung erteilt die Regierung von Oberbayern nur, wenn eine starke Belastung der Anwohner nachgewiesen wird. Dann versucht man die Kolonie auf ein kleineres, erträgliches Maß zu reduzieren, indem man eine Umsiedlung in nahe konfliktärmere Bereiche in die Wege leitet. Nicht geeignet sei dazu allerdings der Perlacher Forst, den einige Anwohner vorgeschlagen hatten, betonte Schwarzmüller. Die Saatkrähen benötigten den offenen Blick in die Landschaft und Grünland zur Futtersuche. Auch sei es wichtig, nicht die gesamte Kolonie zu vergrämen, da sonst die Gefahr groß sei, dass sich Splitterkolonien in verschiedenen Gegenden bildeten.

Für die Vergrämung der besonders problematischen Teilkolonie an der südlichen Waldstraße müsse man daher eine Verschiebung in Richtung Westen zur Autobahn hin versuchen. Endlosschreibänder oder sogenannte Krähenklatschen seien auf Dauer nicht erfolgreich, da die Tiere sehr schnell lernten, ein Falkner hingegen wäre zu teuer. Bliebe also die Entnahme der Nester vor Brutbeginn Ende Februar.

Allerdings wies Schwarzmüller auch darauf hin, dass bislang kein positives Beispiel für einen gelungene Lenkung bekannt und der Erfolg einer Vergrämung daher ungewiss sei. Das Entfernen der Nester koste zudem etwa 3500 Euro, und sollte die Regierung ähnlich wie in Puchheim der Gemeinde ein professionelles Monitoring auferlegen, wären zusätzlich rund 4500 Euro fällig.

Nicht jeder im Gemeinderat ist von den Vergrämungsplänen überzeugt. Beatrice Brückmann (ILT) plädierte daher für schalldichte Fenster, schließlich seien die Vögel geschützt und das Problem menschengemacht. "Ihnen wurde der Lebensraum genommen und jetzt wollen wir ihnen den schon wieder nehmen", kritisierte sie. Auch Rudi Schwab von den Grünen findet: "Wir sollten die Krähen in Ruhe lassen."

SPD-Fraktionssprecherin Rosi Weber, die selbst in der betroffenen Siedlung wohnt, meinte hingegen:"Die Leute können nicht mehr schlafen, und wir sollten sie mit dem Problem nicht alleine lassen." Es seien jetzt doch wesentlich mehr Krähen geworden, "da können wir den Menschen nicht einfach nur sagen, sie sollten von März bis Juni durchhalten". Und wenn man viermal in der Woche sein Auto waschen müsse, weil die Vögel über den Parkplätzen brüteten, "kann man das auch nicht ganz abtun."

Nicht jeder in der Waldstraße hat etwas gegen die Vögel. Manch einer füttert die Tiere auch - sehr zum Ärger der Nachbarschaft und der Wohnbaugesellschaft Gewofag, die regelmäßig das Futter wieder wegräumt. Wie dieses Problem gelöst werden kann, dazu ist keinem im Gemeinderat wirklich etwas eingefallen, zumal man die Vogelfreunde kaum antrifft. Weber weiß: "Die Fütterer kommen in der Morgendämmerung."

© SZ vom 26.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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