Taufkirchen:Die Lindenpassage hat ausgedient

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An die Stelle des Einkaufszentrums kommen Geschäfte und 182 Wohnungen. Die Anwohner kritisieren das Projekt

Von Iris Hilberth, Taufkirchen

Zu dicht, zu laut, zu wenig Parkplätze. Das sind die Hauptsorgen der Bewohner rund um die Lindenpassage in Taufkirchen am Wald. Das in die Jahre gekommene Einkaufszentrum soll bekanntlich abgerissen und durch ein neues sechsstöckiges Gebäude mit Vollsortimenter und Einzelhandelsgeschäften im Erdgeschoss ersetzt werden. Nicht jeder in der Gegend begrüßt die Pläne des Investors, rund 100 Bürger haben bei der ersten Auslegung ihre Bedenken geäußert. Die Mehrheit im Gemeinderat sieht die Pläne aber unkritisch und hat in der letzten Sitzung des Gremiums vor der Sommerpause den Weg für die zweite öffentliche Auslegung frei gemacht. Auf Anregung der Initiative Lebenswertes Taufkirchen (ILT) wird es allerdings zusätzlich eine Informationsveranstaltung im Sitzungssaal des Rathauses geben, um Details zu erläutern.

Einig ist man sich in Taufkirchen schon lange: Die Lindenpassage mit ihrem Charme der Siebzigerjahre ist längst kein Schmuckstück mehr für das Viertel. An einigen Ecken gammelt der Bau seit Jahren vor sich hin, viele Läden stehen inzwischen leer. So war man vor drei Jahren im Rathaus froh, als ein Investor anklopfte, der Großes mit der kleinen Passage vorhat: Ein treppenförmiger Neubau mit Einkaufsmöglichkeiten und 182 zusätzlichen Wohnungen im Quartier. Der über den Geschäften liegende sechsgeschossige Wohnungsbau ist mit stufenweise zurückversetzten Staffelgeschossen geplant, damit die Räume genügend Licht bekommen. Auf dem Dach des Einkaufszentrums sollen Freiflächen mit Kinderspielplatz entstehen.

Viele Anwohner finden dennoch, der Neubau werde der Umgebung nicht angepasst, "eine Bebauung dieser Art und dieser Dichte gibt es in ganz Taufkirchen nicht", so der Einwand. Die Wohngebäude würden durch die geplanten massiven Baukörper regelrecht "in den Schatten gestellt", befürchten die Bewohner der Wildapfelstraße. Die Verwaltung räumt zwar ein, dass die Dichte der Bebauung diejenige der Umgebung übersteige, hält dies aber im Sinne einer nachhaltigen Stadtentwicklung für vertretbar. Auch würden die vorgeschriebenen Abstandsflächen zur Nachbarbebauung eingehalten. Zu viel Schatten sei daher nicht zu befürchten.

Zu den Hauptkritikpunkten zählt auch die Parkplatzsituation. Diese sei trotz des derzeitigen Leerstands jetzt schon sehr schlecht. "Der Hauptgrund für den jetzigen Zustand des Einkaufszentrums sind die fehlenden Parkmöglichkeiten", schreiben einige Bürger in ihrer Stellungnahme. Sie befürchten, dass es mit dem Bau von 182 neuen Wohnungen nur noch schlimmer wird. Das sieht die Verwaltung anders und verweist auf die neue Tiefgarage, in der die erforderlichen Parkplätze nachgewiesen würden. Der Gemeinderat hat sich allerdings in der Sitzung für zusätzliche Fahrradstellplätze ausgesprochen. Auch die Angst vor zusätzlichem Verkehrslärm, vor allem durch die Anlieferung für die Geschäfte, hält die Verwaltung für unbegründet und verweist auf ein Schallgutachten.

Die Grünen stimmten den Plänen nicht zu. "Zu Beginn des Prozesses wurde immer wieder betonte, dass die Anwohner wichtig seien. Und jetzt gibt es doch nur eine ganz normale Beteiligung, bei der immer gegen die Bewohner abgewogen wird", kritisierte Gabriele Zaglauer-Swoboda. Bei Nachverdichtung sei eine solche Dichte nicht vertretbar, findet sie. Auch lehnt sie das Schließen der Türen der gedeckelten Passage nach Ladenschluss ab: "Das ist eine städtebauliche Sünde", es müsse die "Durchwegbarkeit" gesichert werden. Das sehen die andere Fraktionen nicht so. Sie hatten sich schon zu Beginn für ein geschlossenes Einkaufszentrum ausgesprochen. "Ich möchte da nachts gar nicht durchgehen", sagte der Zweite Bürgermeister Alfred Widmann (SPD). Auch würde bereits heute ein Großteil der Leute vom Bahnhof aus nicht durch die Passagen laufen. Die Bedenken der Anwohner will der Gemeinderat trotz Zustimmung aber nicht einfach so vom Tisch wischen und verständigte sich daher mit Bürgermeister Ullrich Sander (parteifrei) auf die Infoveranstaltung. Sander ist vor allem froh, "dass es weiter geht", denn er findet: "Zeit wird es."

© SZ vom 02.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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