SZ-Serie: Die Weihnachtsmacher:Der Krippenbauer

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Hans May hat in den vergangenen Jahren mehr als 400 Krippen gebastelt. (Foto: Angelika Bardehle)

Hans May werkelt das ganze Jahr über für die Weihnachtszeit

Von Patrik Stäbler, Sauerlach

"Willkommen in der Werkstatt von einem Verrückten", sagt Hans May und öffnet die Tür. Schon auf dem Weg nach oben in den zweiten Stock seines Wohnhauses in Sauerlach ist man an zig Marias, Josefs und Jesuskindern vorbeigekommen, an Ochsen und Eseln, an Hirten und Heiligen - alle drapiert in gut zwei Dutzend Krippen, die an der Wand hängen. Gebaut hat sie Hans May selbst, und zwar in jenem Zimmer unter dem Dach, das er "meine Bastelstube" nennt und die an eine Mischung aus Meister Eders Werkstatt und der Bastelabteilung im Baumarkt erinnert.

Auch hier hängen und stehen an den Wänden diverse Krippen; in der Mitte thront ein mächtiger Schreibtisch, der über und über mit Geräten und Materialien bedeckt ist. Auf den ersten Blick herrscht Chaos, doch bei genauerem Hinsehen zeigt sich eine beeindruckende Ordnung: Hier stecken Dutzende Pinsel im Glas, dort liegen zwei Handvoll Zangen, dazu kommen Drahtrollen, Leimtöpfe und Kleber, Schnüre und Hölzer. Und natürlich die Krippenfiguren, die Hans May nicht selbst fertigt, aber anzieht; außerdem Elefanten und Kamele, Körbe und Sterne, Schlitten und Zäune.

Anfang der Neunzigerjahre hat es angefangen. Damals war Hans May Außendienstler bei einer Textilfirma und auf der Suche nach einem Hobby. Kurzzeitig liebäugelte er mit der Imkerei, "aber da hatte auch meine Frau was dagegen", sagt der heute 78-Jährige.

Nachdem er eine Krippenausstellung in München besucht hatte, wusste er, womit er seine Freizeit verbringen wollte: mit dem Bau von Krippen. Also ließ er sich zum Krippenbaumeister ausbilden - "vier Jahre lang immer eine Woche in Innsbruck", erzählt er. Später gab Hans May auch selbst Kurse, unter anderem in Oberhaching. Und er baute Krippen sowie Zubehör, das er auf diversen Märkten feilbot, etwa auf dem Kunsthandwerkermarkt in Ottobrunn.

Inzwischen - das Alter mache ihm zu schaffen, sagt er - ist er nur mehr beim großen Christkindlmarkt an der Glentleiten. Und auch dorthin werde er bloß noch kommendes Jahr gehen. "Danach ist Schluss", sagt er. Denn May, der in den vergangenen 25 Jahren mehr als 400 Krippen gebaut hat, hat den Eindruck, dass er einer aussterbenden Zunft angehört. "Wer von den jungen Leuten hat heute noch eine Krippe?", fragt er und liefert die Antwort selbst: "Keiner. Die hängen lieber die ganze Zeit vorm Bildschirm." Sagt's, geleitet den Besucher hinaus und schließt die Tür - zu dieser Werkstatt eines im wundervollen Sinne Verrückten.

In dieser Serie stellt die SZ jeden Tag Menschen vor, die der Vorweihnachtszeit zu ihrem besonderen Zauber verhelfen.

© SZ vom 18.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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