Söder in Baierbrunn:Bei echten Freunden

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Koalitionskrach in Berlin und schlechte Umfragewerte in Bayern: In Baierbrunn kann sich Markus Söder als Ministerpräsident all dem zum Trotz mal kurz so fühlen wie weiland Strauß und Stoiber

Von Iris Hilberth, Baierbrunn

Gibt es einen geeigneteren Ort als ein Trachtenfest, um die Symbiose von Politik und Heimat, von Brauchtum und Macht, von CSU und Bayern zu inszenieren? Ministerpräsident Markus Söder genoss seinen Auftritt im Baierbrunner Bierzelt am Montag sichtlich, dort wo am Tag zuvor das Loisachgaufest zu Ende gegangen war. Politikerinnen im Dirndl, Trachtler mit Fahnen, Blasmusik und Bier, Polizeipferde, die sich vom hohen Besuch tätscheln lassen, und Böllerschützen, die Spalier stehen. Die Folklore verbunden mit einer selbstgerechten Wahlkampfrede gibt den perfekten Söder-Auftritt in Weiß-Blau - Defiliermarsch und Bayernhymne inklusive.

Das sind Fotos, die man braucht, wenn die Umfragewerte im Keller sind. Und das sind auch Bilder, die zu Söders einstündigem Wahlkampfauftritt im Landkreis München passen. In dem er nicht nur in gewohnter CSU-Manier gegen Berlin keilt und im gleichen Atemzug die Schönheit und Überlegenheit des Bayernlandes preist, sondern auch die Verteidigung des "Lebensgefühls" und den Schutz von Grenzen und einheimischer Bevölkerung als äußerst dringlich einstuft. Und zugleich - um naheliegenden Assoziationen zum amerikanischen Präsidenten zuvorzukommen - betont: "Es geht nicht um Bayern first."

Mit Salutschüssen werden Ministerpräsident Markus Söder, Sozialministerin Kerstin Schreyer und Landrat Christoph Göbel vor dem Festzelt in Baierbrunn empfangen. (Foto: Claus Schunk)

Bierzeltauftritte liegen Söder, dem gelernten Fernsehjournalisten und einstigen CSU-Generalsekretär. Er redet sich dabei zwar nicht so in Rage wie sein Vorvorvorgänger und Förderer Edmund Stoiber das einst tat. Eher gelingt es ihm, mit ein paar Anekdötchen, kumpelig-flapsigen Bemerkungen und eingestreuten Witzchen die Leute zu unterhalten. Des Beifalls der CSU-Anhänger im gut gefüllten Baierbrunner Festzelt jedenfalls kann sich Söder sicher sein. Sie gehören zu den bayernweit mageren 38 Prozent, die ihn derzeit gut finden.

Im Landkreis München fühlt Söder sich ohnehin geliebt, immerhin haben die Christsozialen hier ihn schon vor drei Jahren in Höhenkirchen-Siegertsbrunn als Ministerpräsidenten gefeiert, als er längst noch keiner war. Er erwiderte die Zuneigung mit einigem Lob: Der Landrat gehöre zu den besten Landräten in Bayern, die Region könne vom Landkreis München lernen und den CSU-Kreisvorsitzenden und Bundestagsabgeordneten Florian Hahn zähle er zu seinen "echten Freunden", die schon "zu Zeiten für mich waren, als sich andere noch nicht getraut haben". Auch für seine Sozialministerin, die hiesige Stimmkreisabgeordnete Kerstin Schreyer, die den Abend in Baierbrunn mit ihm bestritt, fand er anerkennende Worte. Sie sei "eine echte Verstärkung des Kabinetts", lobte er und versprach: "Du wirst eine starke Zukunft haben."

Doch vor der Zukunft nach dem Wahltag im Oktober liegt die Gegenwart, und in der herrscht Wahlkampf. Dabei verfolgt Söder weiterhin seine seit Wochen eingeschlagene harte Linie gegen die Kanzlerin, vor allem in der Asylpolitik. "Söder hat eine Meinung und setzt sie auch um", tönte er im Baierbrunner Bierzelt und fügte an: "Wir möchten so, wie wir uns das vorstellen zu leben, das auch politisch umsetzen." Und damit war er auch schon beim Thema Asyl, rechnete vor, wie viel Geld der Staat für Flüchtlinge ausgebe und wie vergleichsweise wenig für Wirtschaftsförderung und Klima- und Artenschutz. "Hilfe für andere ist in Ordnung, aber man darf dabei die einheimische Bevölkerung nicht vergessen", mahnte er und erntete großen Beifall.

Waffen, Maschinenpistolen, Drogen und illegale Zuwanderung - all diese Bedrohungen gilt es laut Söder aus dem Land fern zu halten. "Der Schutz der einheimischen Bevölkerung steht an ersten Stelle", betonte er abermals die Kontrolle an den Grenzen. Der Staat müsse dazu in der Lage sein, die Grenzen zu schützen, Einreiseverbote seien normal, aber nicht mehr angewandt worden. "Wir wünschen uns eine europäischen Lösung, aber es gab in den letzten zwei Jahren keinen einzigen Zentimeter des Fortschritts." Wie halbherzig dieser Wunsch ist, wird schnell klar: "Ich bin nicht zuständig für den Rest der Welt, ich bin zuständig für Bayern." Und in Bayern gingen nun mal die Uhren anders, wie man seit Franz Josef Strauß wisse. Das soll unter Söder so bleiben. "Auch wenn es immer wieder Versuche gibt, die bayerischen Uhren zurückzudrehen. Aber das will ich nicht", stellte er in Baierbrunn klar.

Was er auch nicht will: "Berliner Verhältnisse." In anderen Worten: eine Koalition. Es sei zäh und mühsam, wenn Partner zusammenarbeiten müssten. "Das bringt uns keinen Zentimeter weiter." Dann aber braucht er die absolute Mehrheit. Doch von der ist Söder in diesen Junitagen noch weit entfernt. 40 Prozent hat eine Umfrage diese Woche der CSU bescheinigt. In Baierbrunn fühlte sich das kurz mal anders an.

© SZ vom 27.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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