Skandal um Residenzklinik:Auch die Behörden geraten in die Kritik

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Während die Schönheitsklinik am Münchner Odeonsplatz nach dem Hygiene-Skandal den OP-Betrieb wieder aufnehmen darf, hat eine Anwältin Strafanzeige gestellt - auch gegen das Gesundheitsamt.

Die wegen Hygienemängeln und zahlreichen Patientenklagen in die Kritik geratene Residenzklinik kann demnächst ihren Operationsbetrieb wieder aufnehmen. Die Betreiber der Schönheitsklinik am Odeonsplatz hätten inzwischen "alle behördlichen Auflagen für die Hygiene- und Patientensicherheit nachweislich umgesetzt", berichtete eine Sprecherin des Gesundheitsreferats. Allerdings müsse bei Operationen künftig Einmal-Besteck verwendet werden, dessen Herkunft vom Gesundheitsamt überprüft werde.

Erstklassige Lage, doch ein zweifelhafter Ruf: Die Residenzklinik am Münchner Odeonsplatz. (Foto: lok)

Auch die Behörde muss sich jedoch inzwischen gegen Vorwürfe wehren. Eine Regensburger Rechtsanwältin hat wegen eines Vorfalls an der Residenzklinik Strafanzeige gegen das Krankenhaus und dessen früheren ärztlichen Leiter Marek Kiene, aber auch gegen das Gesundheitsamt gestellt, wie die Staatsanwaltschaft München I bestätigt. Alexandra Glufke-Böhm, die Spezialistin für Medizinrecht ist, wirft der Behörde vor, die bereits vor Monaten verhängten Auflagen nicht ausreichend kontrolliert zu haben, sodass sich "die Zustände in der Klinik nochmals verschlechterten".

Glufke-Böhm vertritt eine Patientin, die bei einer Brustoperation eine Infektion erlitt und seitdem unter schlimmsten Komplikationen leidet. Die Rolle des Gesundheitsamts, so die Anwältin, müsse aber schon wegen der auffälligen Häufung von Hygieneskandalen im Raum München beleuchtet werden. Die Behörde wies die Vorwürfe zurück: "Uns sind keinerlei Fakten bekannt, wonach gegen die Amtsaufsichtspflicht verstoßen wurde", erklärte eine Sprecherin des übergeordneten Gesundheitsreferats.

Von der Residenzklinik war am Montag keine Stellungnahme zu erhalten, laut Anrufbeantworter befinde man sich "auf Fortbildung". Die Einrichtung, die in Ärztekreisen keinen guten Ruf genießt, war vor zwei Wochen bei einer Kontrolle des Gesundheitsamts wegen erheblichen Hygienemängeln durchgefallen und hatte ihren Betrieb weitgehend einstellen müssen.

Eigentlich "weiß man, was man tun muss"

Laut Gesundheitsreferat sind die Klinik-Verantwortlichen derzeit damit beschäftigt, das vorgeschriebene Einmal-Besteck für den OP zu besorgen, damit es von den Behörden zertifiziert werden kann.

Für Patienten, die nach Eingriffen über Komplikationen klagen, hat Glufke-Böhm zusammen mit einer Hygieneärztin inzwischen eine Kontakt- und Informationsbörse gegründet. Ihrer Ansicht nach sind die Hygieneprobleme in Deutschland auch auf Versäumnisse der zuständigen Behörden zurückzuführen. Denn eigentlich "weiß man, was man tun muss, um das zu vermeiden", erklärte sie. Die "Interessengemeinschaft für Opfer von Mängeln im Bereich der Krankenhaushygiene" baut derzeit unter www.krankenhaushygiene-mangel.de einen Internetauftritt auf.

© SZ vom 17.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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