Schülerzahlen:Klassen ohne Zimmer

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Laut einer Prognose fehlen in Garching in wenigen Jahren 23 Räume an den Schulen

Von Gudrun Passarge, Garching

Die Stadt Garching muss ihre Schulplanung wohl noch einmal überdenken und weit mehr Geld investieren als ursprünglich geplant. Schulberaterin Andrea Lehner prognostizierte bei der jetzigen Planung ein Defizit von 23 Klassenräumen im Jahr 2023/24 und empfahl eine fünfzügige Grundschule in der Kommunikationszone - sie ist dreizügig geplant - und eine größere in Hochbrück. Die Stadträte im Hauptausschuss am Donnerstag reagierten teils schockiert, sahen aber die Notwendigkeit, Lösungen zu finden. "Die Zukunft liegt hier bei uns", sagte SPD-Fraktionschef Joachim Krause, und wenn die Leute alle hierher kämen, müsse man sich eben etwas einfallen lassen.

Es war sehr still im Sitzungssaal, als die frühere Schulrätin Lehner ihre Zahlen vortrug. Ihrer Ansicht nach hakt es bei den üblichen Berechnungen der Schulstatistiker an zwei Stellen. Zum einen werden immer Durchschnittsklassen mit 25 Schülern zugrunde gelegt. Doch schon bei zwei oder drei Schülern mehr können Klassen geteilt werden, damit steigt aber auch der Raumbedarf. Der zweite Ansatz geht von der Einwohnerprognose aus. Alle Behörden rechneten mit 1,2 Prozent, sie aber empfehle 1,5 Prozent, Unterschleißheim beispielsweise würde schon mit zwei Prozent rechnen. Konkret heißt das, bei 100 prognostizierten Einwohnern würden 1,2 Kinder jeweils eine Jahrgangsstufe besuchen. Lehner aber geht von 1,5 Kindern pro Jahrgangsstufe aus, damit steigt auch die Klassenzahl. Die Schulen in Garching seien jetzt schon überlastet. 2021/22 würden nach ihrer Berechnung sieben Klassenzimmer in den Grundschulen und der Mittelschule fehlen. Rechnet sie die neu geplanten Baugebiete ein, dann klafft 2023 eine noch viel größere Lücke.

Auf Grundlage ihrer Zahlen spricht Lehner Empfehlungen aus. Garching-West sollte so bleiben. Zwar müssten auch dort bald Klassen ausgelagert werden, aber das wäre später durch einen neuen Sprengelzuschnitt zu regeln. Ost und Nord dagegen sieht sie in engem Zusammenspiel. Wird die eine größer geplant, kann die andere kleiner bleiben. Auf jeden Fall empfiehlt sie einen Neubau für Ost, da dort erheblicher Renovierungsbedarf besteht. Das Grundstück eigne sich allerdings nur für eine dreizügige Schule, da kein Platz für Sportflächen vorhanden ist. Für Nord sind nach Lehners Aussage 4,5 Züge das mindeste. Wird Nord großzügig geplant, könnten dann auch die Klassen aus Ost dort ausgelagert werden, ohne dass man Container einsetzen müsse und der Bedarf für mehr Klassenräume sei da, zumal auch noch Ganztagsklassen berücksichtigt werden müssten. In Hochbrück müsste die Schule ebenfalls neu gebaut werden. Bisher gibt es dort vier Klassenräume, Lehner berechnet den Bedarf auf zehn. Die Mittelschule schließlich sollte einen Anbau bekommen mit eigener Mensa und neuen Fachräumen.

Bürgermeister Dietmar Gruchmann nannte die Zahlen ernüchternd. Er verteidigte jedoch seine Verwaltung, der Michaela Theis (Unabhängige Garching) unterstellt hatte, ihre Hausaufgaben nicht gemacht zu haben. "Dieser wirtschaftliche Boom, dass ganz Deutschland plötzlich hierher drängt, war so nicht vorhersehbar." Das Kind sei ja noch nicht in den Brunnen gefallen, die Grundschule Nord könne größer geplant werden und an der Grundschule Ost könne man versuchen, Grundstücke hinzuzubekommen. Bei den Stadträten gab es unterschiedliche Reaktionen. Während Josef Euringer (Bürger für Garching) betonte, man müsse auf den Geldbeutel schauen, forderte Jürgen Ascherl (CSU) eine Priorisierung, um die Aufgaben zu erfüllen. Das ein oder andere Baugebiet könne man sich vielleicht doch nicht leisten.

Dritter Bürgermeister Walter Kratzl (Grüne) riet dazu, die Baugebiete langsamer zu verwirklichen. Das wäre auch besser für das "Heimatgefühl" der Garchinger. Dem widersprach Joachim Krause. Die Stadtentwicklung sei mit der Bevölkerung besprochen, "wir sind beim Wachstum im Plan". Nun werden die Fraktionen die neuen Zahlen beraten.

© SZ vom 18.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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