Schrott-Fahrräder am Bahnhof:Auf dem Abstellgleis

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Schattenseiten der "Radlhauptstadt": An den Bahnhöfen verschandeln rostige Fahrräder mit verbogenen Sätteln und platten Reifen das Stadtbild. Kann ein Fahrrad-Parkhaus die Situation entspannen?

Natalia Lucic

Dicht an dicht stehen sie, Hunderte Fahrräder am Haupteingang des Münchner Hauptbahnhofs. Manche sind definitiv schon lange nicht gefahren worden: verbogene Sättel, platte Reifen, Pedale, die sich ineinander verhakt haben und jede Menge Rost. Dazwischen Pfützen, Zigarettenstummel und Müll. Vor den Eingängen an der Nord- und der Südseite sieht es ähnlich aus. An einige der Räder würde man ohne akrobatische Einlage oder viel Körpereinsatz gar nicht herankommen. Aber das will wahrscheinlich ohnehin keiner mehr. Denn viele Räder, die hier stehen, wurden, so wirkt es, schnell und günstig entsorgt. Ein Fahrrad-Friedhof. Wer noch einen freien Platz zum Abstellen finden will, muss lange suchen.

Verbogene Sättel, platte Reifen und verhakte Pedale: Die Zustände am Bahnhof sind seit Jahren ein Ärgernis. (Foto: Robert Haas)

Seit Jahren finden weder die Bahn noch die Stadt eine Lösung. Aber was passiert mit den Rädern, die offensichtlich Schrott sind? Ein Sprecher der Bahn sagt zwar, man entsorge alte Räder, und dass das jährlich rund 5000 Euro koste. Aber nach welchen Kriterien hier vorgegangen wird, ist nicht ersichtlich. Zu viele kaputte Räder stehen offensichtlich schon zu lange herum. Fahrräder in besserem Zustand, die längere Zeit unbenutzt bleiben, würden mit Banderolen versehen und nach 14 Tagen als Fundsache behandelt, sagt der Bahnsprecher.

Dass etwas geschehen müsste, ist eigentlich allen klar. So ein Bahnhofsvorplatz ist schließlich auch wie eine Visitenkarte der Stadt. Es war schon einmal von einem Fahrrad-Parkhaus die Rede, vor allem im Zusammenhang mit der Bewerbung Münchens als "Radlhauptstadt", erzählt Martin Glas vom Kreisverband München des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs. "So ein Parkhaus wäre ein großer Fortschritt für alle, die ihr Rad sicher abstellen wollen", meint Glas.

Aber so lange noch nicht sicher sei, wie es mit der zweiten Stammstrecke weitergehe, sei eine endgültige Lösung nicht in Sicht, sagt Thorsten Vogel, Sprecher des Planungsreferats. "Wir werden von Jahr zu Jahr vertröstet", klagt Alexander Miklosy (Rosa Liste), Vorsitzender des Bezirksausschusses Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt. Ein Fahrrad-Parkhaus in der Arnulfstraße sei bereits zur WM 2006 versprochen gewesen. "Doch weil auch der Umbau des Hauptbahnhofs sich immer wieder verschoben hat, ist daraus nichts geworden", sagt Miklosy. "Außerdem versucht jeder, die Kosten auf den anderen abzuwälzen", ergänzt er mit Blick auf die Bahn und die Stadt.

Im vergangenen Herbst erst hatte der Stadtrat beschlossen, 1000 neue Abstellplätze in der Stadt zu bauen, allerdings nicht am Hauptbahnhof. Der Vorplatz wird also bis auf weiteres ein Schrottplatz bleiben.

© SZ vom 01.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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