Schreibwerkstatt Migrantinnen:Geschichten aus der neuen Heimat

Lesezeit: 11 min

Von einer Krankheit namens Stress oder Problemen mit den Schwiegereltern: In dem Schreibkurs von "In Via Kofizia" erzählen Migrantinnen ihre Geschichte.

Lisa Sonnabend

Eines Tages hat sich Sally Beinroth doch noch mit der Krankheit infiziert. Ende der Achtziger war die Philippinerin nach Deutschland gekommen und dachte: Wenn sie aufpasse, würde es ihr nicht passieren. Doch schon bald bemerkte sie: "Sie haben mich angesteckt. Ich fange an, in einer anderen Welt zu leben. Und diese Welt nenne ich Stress."

"In der Schreibwerkstatt merken die Migrantinnen, dass sie etwas zu sagen haben": Marcia Ribas (Zweite von Rechts) mit Migrantinnen in München. (Foto: online.sdemuenchen)

Denn als Sally Beinroth einmal zu Hause auf den Philippinen war, ärgerte sie es plötzlich, dass am Flughafen die Passkontrolle so lange dauerte oder sie drängte ihre Familie, möglichst früh aufzubrechen, um nicht in einen Stau zu geraten. Sie war infiziert.

Ihre autobiographische Geschichte hat Sally Beinroth niedergeschrieben - im Rahmen der Schreibwerkstatt von "In Via Kofiza". Das Netzwerk setzt sich seit 20 Jahren für Migrantinnen aus außereuropäischen Ländern ein. In Selbsthilfegruppen oder bei Beratungsstellen tauschen sich die Migrantinnen aus oder reden über ihre Probleme.

"In Via" deutet an, dass die Frauen noch auf dem Weg sind, die bereits angekommen sind in der neuen Heimat, haben hier nichts verloren. Der sperrige Name "Kofiza" steht für Kontakt-, Förderungs- und Integrations Zentrum für Außereuropäische Frauen und ihre Familien.

2005 hat die Philippinerin Agnes Calda, Gründerin von "In Via Kofiza", in ihrem Büro in der Münchner Hauptbahnhofgegend ein weiteres Projekt ins Leben gerufen: die Schreibwerkstatt. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Marcia Ribas aus Brasilien ermutigt Calda die Migrantinnen, ihre Geschichten aufzuschreiben. Die Schriftstellerin Britta Loebell begleitet die Kurse. Die 48-jährige Ribas sagt: "In der Schreibwerkstatt merken die Migrantinnen, dass sie etwas zu sagen haben."

Es sind Geschichten wie die von der Brasilianerin Selma, die die bayerischen Berge zunächst "als eine Störung der Landschaft" empfand, weil sie das Meer so vermisste. Die Ecuadorianerin Doris vergleicht ihren Anpassungsprozess mit einen Aufstieg zum 6310 Meter hohen Chimborazo: "ein steiniger Weg ohne Gipfel-Garantie". Eliane Maria aus Brasilien hat in ihrer neuen Heimat erkannt, welch integrative Kraft ein Putzbesen hat: "Ein Besen ist hier fähig Reiche, Arme, Schwarze und Rote, Gelbe und Grüne zu vereinen." Beim Putzen sind alle gleich.

Die Geschichten der Migrantinnen handeln vom ersten Treffen mit den Schwiegereltern, von Erfahrungen im Job oder von den ersten Versuchen, Deutsch zu sprechen. Manche erzählen von lustigen Anekdoten oder der Liebe, andere berichten von der Einsamkeit, den Sorgen und Nöten in der neuen Heimat.

Es sind persönliche Geschichten über den Integrationsprozess, Geschichten, die in keinem Integrationsbericht der Regierung vorkommen und in keiner Zeitung nachzulesen sind. Calda sagt: "Wir haben erkannt, dass wir uns selber zu Wort melden müssen."

"In Via Kofiza" hat mehrere Lesungen organisiert, bei denen die Teilnehmerinnen der Schreibwerkstatt ihre Geschichten vorlesen. Ob in Nürnberg, Würzburg, Kempten oder München - die Lesungen kamen gut an. "Es gab immer interessante Diskussionen im Anschluss", sagt Marcia Ribas.

Gerne würden Ribas und Calda weitere Lesungen veranstalten und mehr Migrantinnen zum Schreiben bewegen. Doch dem Projekt fehlt das Geld, eine regelmäßige Finanzierung gibt es nicht. Weitere Schreibkurse können derzeit nicht stattfinden, dabei wollen Calda und Ribas gerne weitere Geschichten sammeln.

Denn ihre großes Ziel ist es, eines Tages ein Buch mit den gesammelten Geschichten herauszubringen - um den Migrantinnen eine noch lautere Stimme zu geben.

Lesen Sie auf den folgenden Seiten die Geschichten von Sally Beinroth, Chato Bellmer und Tiisetso Matete-Lieb.

Die Zeit von Sally Beinroth (Philippinen)

Ich bin in einem Land aufgewachsen, wo die Menschen mit ihrer Gelassenheit zufrieden sind. Gelassenheit verbinde ich mit meinem Heimatland, den Philippinen. Gelassenheit... nicht in Eile, immer lächeln, immer fröhlich den Tag genießen, die Arbeit unter den Kokosnusspalmen erledigen, beim Spaziergang am Strand mit einem Strohhut bewaffnet die Probleme zur Seite schieben, ins lauwarme blaue Meereswasser hereinspringen, Kokosnusswasser mit vollem Genuss trinken, und immer mit aller Ruhe sagen: "Wenn ich heute etwas nicht schaffe, eventuell werde ich es morgen schaffen." Und es geht weiter so, bis sie am Ende, nach mehreren Tagen, das endlich schafft, was sie schaffen wollte, und damit zufrieden ist.

35 Jahre nach meiner Geburt kam ich nach Deutschland. Am Anfang nahm ich es nicht seht ernst, wie die Menschen hier versuchten, die Zeit zu überholen. Sie sind nur immer in Eile, haben scheinbar keine Zeit, sich mit jemandem zu unterhalten. Ich sagte mir, niemals werde ich so wie diese Menschen. Es wird mir nicht passieren. Aber nach und nach denke ich, sie haben mich angesteckt.(...) Ich fange an, in einer anderen Welt zu leben. Und diese Welt nenne ich STRESS. (...)

Urlaub... Oh wie schön, dachte ich. In der Sonne zu liegen, das einheimische Essen zu genießen, den Tag ohne Stress zu begrüßen, ohne Eile ... Dachte ich. Ich hatte das Gefühl, dass ich irgendwas mitschleppe. Aber was? Auf den Koffer zu warten, die Pass- und Zollkontrolle, alles dauerte so lange. Die Fahrt vom Flughafen bis nach Hause war für mich eine Katastrophe. Staus überall.

"Wir müssen früh wegfahren, um den Stau zu vermeiden," sagte ich. "Alle, die mitfahren wollen, sollen pünktlich sein." 5 Uhr in der Früh. Ich stand eine halbe Stunde auf als früher, aber das ganze Haus war noch still. Ich wartete und wartete, bis ich anfing, zu rufen: "Ich fahre jetzt ohne euch!" Langsam wurde das Haus voller Leben. "Wir haben doch Zeit!" meinten alle und "Ihr seid doch in Urlaub! Der Strand läuft euch nicht weg." Ich denke, sie hatten Recht.

Ich ging mit meiner Mutter auf den Markt. Wir wollten einiges kaufen. Ich dachte nicht daran, dass meine Mutter noch so viele Leute kannte und sich ständig mit ihnen unterhielt. Die Zeit lief. Das Einkaufen verzögerte sich immer mehr. Es wurde mir zu viel, und ich wollte nach Hause. Meine Mutter sagte mir: "Wir haben Zeit."

"Was ist los?", fragte mein Bruder. "Früher hast du es auch so gemacht. Du bist in Urlaub und nicht in Deutschland. Bitte kein Stress. Genieß den Tag, er kommt nur einma1." Ich war sprachlos. "Ich bin nicht im Stress." "Nein", erwiderte mein Bruder. "Du veranstaltest ein Rennen mit der Zeit und ich finde das nicht gut. Ich glaube, du hast den Stress in deinen Koffer gepackt. Ich bitte dich, ihn sofort wegzuwerfen. Es ist nicht gut, wenn du uns noch damit ansteckst." Was ist denn los? Stress - habe ich das wirklich? Naja, was solls? In Deutschland höre ich immer: "Wir müssen lernen, wie man sich anpasst (Sprache, Kultur, usw.)" Ich lernte sogar, wie man sich an den STRESS anpasst. Ich hoffe, dass dieses Wort eines Tages ein Fremdwort für mich wird. Aber wie denn?

Eine lange Reise von Chato Bellmer (Philippinen)

Der Abschied von meinen Eltern im März 1982 war für mich sehr tragisch, da beide schon älter waren und ich nicht wusste, wann ich sie wieder sehen würde! Auch für meinen Mann war der Abschied sehr ergreifend, denn er hatte meine Eltern lieben gelernt. Ohne die Liebe und Unterstützung meines Mannes hätte ich es nicht ertragen, meine Eltern zurückzulassen.

Auf dem Weg zum Flughafen lehnte ich noch ein letztes Mal meinen Kopf an die zarte Schulter meiner Mutter. Als ich während des Fluges einschlief und Stunden später wieder aufwachte, merkte ich, dass ich nicht mehr an der Schulter meiner Mutter lehnte, sondern an der kräftigen Schulter meines Mannes. Ich hätte mir beides gewünscht, wenn es nur möglich gewesen wäre. Als wir nach der langen, anstrengenden Reise in Regensburg, meiner neuen Heimat, ankamen, wurden wir von meiner Schwiegermutter sehr herzlich begrüßt. Ich war erstaunt, als sie mit mir auf Englisch sprach. Sie hatte nur für mich Englisch gelernt, damit wir uns unterhalten konnten. Am nächsten Tag gingen wir zum Mittagessen. Mein Mann wollte gleich, dass ich "deutsches Essen" probiere. Er bestellte für uns Bratwurst mit Sauerkraut. Das Essen war damals für meinen asiatischen Magen gewöhnungsbedürftig. Das merkte ich auch sofort nach dem Essen. (...)

Einige Tage nach meiner Ankunft in Regensburg besuchte ich einen Deutschkurs. Zu den ersten Sätzen gehörten: "Wie geht's? Danke, mir geht's gut"! Wir gingen jeden Abend spazieren. Ich hörte wie sich die Leute gegenseitig mit "geht's gut" begrüßten. Das habe ich auch zu jedem gesagt, den ich sah. Mich wunderte es, dass die Leute mir keine Antwort gaben. Lag es an meiner Abstammung? Erst später erfuhr ich von meinem Mann, dass es "Grüß Gott" heißt. Mein Mann meinte daraufhin, ich solle zum HNO-Arzt und meine Ohren untersuchen lassen. Das tat ich.

Wie oft habe ich mir gewünscht, mit den Leuten in der Nachbarschaft zu sprechen. Aber wie? Was ich bisher in der VHS gelernt hatte reichte nicht aus, um mit den Leuten ein tieferes Gespräch zu führen. Außerdem unterhielt ich mich mit meinem Mann aus Gewohnheit immer noch auf Englisch. Ein Fehler, merkten wir später. Ich bin und war auch damals der Ansicht, dass ich mich an das Land anzupassen habe, wenn ich mein Leben hier verbringen will. Das kann ich aber nur, wenn ich die Sprache einigermaßen beherrsche. Kurz danach ging ich zur Uni in Regensburg und besuchte "Deutsch als Fremdsprache". Ich lernte dort sowohl ausländische als auch deutsche Studenten kennen. Eine deutsche Studentin, mit der ich mich gut verstanden hatte, meinte damals, Deutschland könnte sehr kalt für mich sein. Das Wetter hat sie damit nicht gemeint. An einem regnerischen Tag, während ich auf meinen Mann wartete, standen mir Tränen in den Augen. Ich hatte Heimweh. Ich erfuhr auch, dass meine Eltern mich sehr vermissten. Ich dachte oft an meine schöne Kindheit, in der ich von meinen Eltern und älteren Geschwistern verwöhnt wurde. Es lag wahrscheinlich daran, dass meine Mutter schon älter war, als ich geboren wurde, und meine Geschwister alle schon groß waren. Sie nannten mich alle "bunso" (Nesthäkchen) und "pangga" (Liebes).

Ich fühlte mich in meiner Familie und Umgebung geborgen. Trotzdem lernte ich früh was Respekt, Toleranz, Anpassung und Hilfsbereitschaft bedeuten. Das einzige, was mir nicht gefiel, war die strenge Erziehung meines Vaters. Wir mussten immer zum gemeinsamen Abendmahl pünktlich zu Hause sein. Wir gingen auch gemeinsam zur Kirche. Wie oft habe ich als Kind den Gottesdienst verschlafen. (...) Meine Eltern waren meine Vorbilder. Ihre Nächstenliebe hat mich bis heute geprägt. (...)

Es sind sicherlich nicht nur gute, sondern auch schlechte und traurige Geschichten, die ich erlebt habe. Aber es ist befreiend, diese niederzuschreiben. Ich fange mit einer guten Geschichte an, als mein Mann und ich uns durch Zufall im Bus zum ersten Mal sahen. Der zweite Zufall war, dass eine Freundin zufällig im selben Hotel arbeitete, in dem mein Mann wohnte. Durch diese Freundin lernten wir uns näher kennen. Seitdem glaube ich ans Schicksal. Der erste Schicksalsschlag, den ich erlebt habe, war der Tod meines Vaters im September 1986. Kurz davor hatten mein Mann und ich meine Familie in meiner Heimat besucht. Ich war sehr traurig, weil mein Vater vor seinem Tod nochmal sagte, wie sehr er sich ein Enkelkind von uns wünschte. Einen Monat nach seinem Tod hatten mein Mann und ich erfahren, dass wir nach fast fünf Jahren Ehe doch noch Eltern werden würden. Zufall oder Schicksal?

Als meine Mutter 1989 sehr krank wurde, hatten ich und meine zweijährige Tochter sie auf den Philippinen besucht. Der Himmel war blau, und es war ein sehr schöner Tag als wir am Flughafen von Manila ankamen. Meine Mutter wusste nicht, dass wir kommen, es sollte eine Überraschung sein. Sie hing noch an einer Infusion, als wir sie im Krankenhaus besuchten. Sie strahlte vor Glück und war voller Freude, als sie uns sah. Wie durch ein Wunder fühlte sie sich plötzlich gesund und ließ die Infusion entfernen.

Als wir in meinem Elternhaus ankamen, fühlte ich mich zurück in meine Kindheit versetzt. Ich war so glücklich und dankbar noch einmal mit meiner Mutter zusammen zu sein. Wieder lehnte ich meinen Kopf an ihre zarte, aber gebrechliche Schulter und wollte am liebsten an ihrer Schulter einschlafen so wie damals, als ich noch ein Kind war. Abends merkte ich oft, wie sie mich und meine Tochter beobachtete und ein Lied vor sich hinsummte. Diese Melodie kannte ich noch aus meiner Kindheit. Immer wenn ich damals nicht einschlafen konnte, sang mir meine Mutter dieses Lied vor.

Am Tag des Abschieds war der Himmel grau und der Wind blies so stark, als ob jede Sekunde ein Sturm losbrechen würde. Wir mussten wieder "nach Hause" zurück. Es war sehr tragisch, als meine Tochter und ich uns von meiner Mutter und meiner Familie verabschiedeten. Kurz vor unserem Abschied sagte mir meine Mutter noch, dass sie sich ihren Tod entweder an meinem Geburtstag oder an dem meiner Tochter wünschte, damit wir uns immer an sie erinnern würden. Gestorben ist sie am 17. Februar, an meinem Hochzeitstag. Zufall oder Schicksal? (...)

Ich bin glücklich in meiner zweiten, neuen Heimat, die ich lieben gelernt habe, genauso wie ich meine ursprüngliche Heimat liebe. Ich bin gerne hier, denn ich lebe mittlerweile länger hier, als in meiner "alten" Heimat. Ich habe hier eine Familie, die ich Über alles liebe. Ich habe Freunde, Bekannte, Kollegen, zu denen ich jederzeit hingehen kann. Eine Arbeit, die mir Spaß macht. Ein kleines Heim, wo ich mit meiner Familie einen gemütlichen Abend verbringen kann. Ich habe die Natur in der Nähe. Nicht zuletzt, die Damyan-Selbsthilfegruppe, die mich aktiv hält. Die Nächstenliebe ist mir bis heute wichtig. Ich sehe es als ein großes Privileg, zwei "Heimaten" zu haben ohne dabei meine wahre Identität zu verlieren.

In Deutschland zu Hause von Tiisetso Matete-Lieb (Lesotho)

Ich heiße Tiisetso, auf Deutsch "die Ausdauer". Mein Heimatland Lesotho ist fast so groß wie das Bundesland Baden-Württemberg, ein kleines, bergiges Königreich im südlichen Afrika, völlig umgeben von Südafrika.

Seit 1994 lebe ich hier in Deutschland. Wie geht es mir und wie habe ich hier Fuß gefasst, wenn ich überhaupt hier Fuß gefasst habe?! Diese Fragen begleiten mich alltäglich und ich werde hier versuchen die Antwort kurz zusammenzufassen.

Obwohl mein Mann Alois und ich seit 1987 und später mit unseren Kindern bis zu unserer endgültigen Ausreise 1994 nach Deutschland jedes zweite Jahr für fünf oder sechs Wochen hier waren, war es trotzdem seit 1994 sehr schwer für mich hier zu leben. Und dies trotz all meiner Auslandserfahrungen. Ich hatte schon Anfang der Achtziger zwei Jahre in Boston, in den USA gelebt und studiert, Mitte der Achtziger war ich halbes Jahr in Rotterdam.

Hier in Deutschland fehlten mir plötzlich die Wörter. Ich war wie ein kleines Kind, das noch sprechen lernen musste. Meine zwei Töchter, Pamela und Sabine, die damals fünf und drei Jahre alt waren, haben schneller als ich Deutsch gesprochen. Ich sagte immer: "Kinder, ihr habt Glück. Eure Mama wird mindestens vier Jahre brauchen, um irgendeinen vernünftigen Satz auf Deutsch zustande zu bringen."

Ich habe mir sehr schnell ein Englisch-Deutsch Taschenwörterbuch gekauft, das ich überall hin mitnahm. Die Seitenränder dieses armen Büchleins sind ganz schön dreckig geworden. Ich behalte es noch als Erinnerungsstück. Selbstverständlich meldete ich mich auch bei Sprachkursen an und machte fleißig Hausaufgaben.

In Roth gingen die Kinder weiter in den Kindergarten. Wenn die Kinder zurück aus dem Kindergarten kamen und mein Mann noch in der Arbeit war, sind wir drei manchmal in der Stadt umhergelaufen um ein bisschen im Freien zu sein. In dieser Zeit hatten meine Töchter viel für mich übersetzt, wenn die Leute uns ansprachen. Für mich war es, als ob die Welt anders rum ging. Ich hatte in Lesotho meine Kinder das Sprechen beigebracht, auf einmal hier in Deutschland sollten sie mir beibringen, was die Leute uns sagen! (...)

Meinen ursprünglichen Beruf habe ich hier, wie viele andere Migrantinnen und Migranten auch, nicht ausüben können. Der Mangel an Sprachkenntnissen am Anfang, die unterschiedlichen Ausbildungssysteme, aber auch der Mangel an Bereitschaft in Deutschland, die von außerhalb Deutschland erworbener Qualifikationen anzuerkennen machen das berufliche Einleben hier in Deutschland sehr schwer. In ihrer Verzweiflung nehmen viele Migrantinnen und Migranten sehr früh alle möglichen niedrigen Jobs an, um hier zu überleben. Meistens sind diese niedrigen Jobs zeitlich sehr ungünstig gelegen für ein Familienleben und die Partizipation am gesellschaftlichen Leben. Später wundert man sich, dass noch so viele Zuwanderer sich mit der Integration so schwer tun! (...)

Weitere Informationen: In Via Kofiza, Landesstelle Bayern, Lessingstr. 3, 80336 München, www.invia-muenchen.de

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