Schäftlarn:Vom Tresor in den Altar

Lesezeit: 3 min

An diesem Samstag wird der neue Altar der Klosterkirche mit der Reliquie ihres Schutzheiligen eingeweiht

Von Ingrid Hügenell, Schäftlarn

Es war im Sommer 1931. Damals kamen einige Domkapitulare aus Paris ins Kloster Schäftlarn und überbrachten dem Abt Sigisbert ein wertvolles Geschenk: Ein Stück Knochen des heiligen Dionysius. Die Reliquie ist Teil des neuen Volksaltars, der an diesem Samstag von Kardinal Reinhard Marx geweiht wird. Dem Heiligen, dessen französischer Namen Saint Denis lautet, ist die Schäftlarner Klosterkirche geweiht, und er ist auch der Stadtheilige der französischen Hauptstadt. Denn der Märtyrer war der erste Bischof von Paris.

"Die Initiative für die Schenkung ging von der Basilika St. Denis in Paris aus", sagt Pater Stefan Geiger, der heute in der Schäftlarner Benediktinerabtei lebt und arbeitet. Ob man den Erzählungen glauben könne, dass die Pariser Domherren seinerzeit recht unvermutet in Schäftlarn auftauchten, weiß Geiger nicht. Unbekannt ist auch, was sie zu der Schenkung bewog. Sicher habe es etwas damit zu tun, dass die erste Kirche im heutigen Kloster schon 762 dem Dionysius geweiht wurde, sagt Geiger. Von der heiligen Juliana, die zweite Patronin der Kirche, gibt es in Schäftlarn keine Reliquie.

Das Knochenstück, das vom Oberschenkel des Dionysius stammen soll, war jedenfalls seit damals im Kloster, auch wenn man dort keine rechte Verwendung dafür hatte. "Die Reliquie lag beim Abt im Tresor", sagt Pater Geiger. Man habe auf die passende Gelegenheit gewartet, etwas Besonderes mit ihr zu machen. Die ergab sich nun, als im Rahmen der großen Sanierung der Klosterkirche klar wurde, dass auch ein neuer Altar errichtet werden sollte. Denn längere Zeit dienten zwei Holztische als provisorischer Altar.

Der neue ist nun fertig, der Künstler Josef Sailstorfer hat ihn aus Kehlheimer Kalkstein angefertigt. Sailstorfer, der in Neufraunhofen in der Nähe von Landshut lebt, hatte im Februar einen Wettbewerb gewonnen, den der Konvent ausgeschrieben hatte. In den modernen Kalksteinblock ist ein Kubus eingearbeitet, der die mutmaßlich uralte Reliquie birgt und die dort von außen sichtbar ist. Das Knochenstück bildet nun das Zentrum des Altars und des Altarraums.

Den Stein, aus dem der neue Altar entstand, haben die Benediktiner zusammen mit dem Künstler und Klosterverwalter Stefan Rührgartner selbst ausgesucht. Im Mai waren sie im Steinbruch Essing bei Kelheim, nahmen mehrere Blöcke in Augenschein. "Man spürt, welcher der richtige Stein ist und findet einen Zugang zum Material", berichtet Pater Geiger.

Neu angefertigt wurde auch ein Ambo, ein Lesepult, aus dem gleichen Stein. Der Kalkstein aus dem Steinbruch bei Kelheim, der nicht rein weiß sei, nehme den Farbton der Bodenplatten und der Fresken auf. Und obwohl Altar und Ambo in der barocken Kirche sehr modern wirkten, drängten sie sich nicht in den Vordergrund, sagt Pater Geiger: "Es passt sich sehr gut ein."

Der Altar ist nicht im Boden verankert, sondern ruht auf einer Stahlplatte. So entsteht eine sogenannte Schattenfuge, die den Eindruck vermittelt, der Stein schwebe. Dabei ist der Altar insgesamt etwa fünf Tonnen schwer. Der Altartisch ruht auf einem aus dem Stein geschnittenen Kreuz. Und dort in der Mitte ist der Kubus mit zwölf Zentimetern Kantenlänge eingelassen, in dem die Reliquie ruht - schräg, denn das versiegelte Röhrchen, in dem der Knochen sich befindet, ist etwa 14 Zentimeter lang. Durch Öffnungen an den Seiten wird der Kubus sichtbar.

Noch eine Veränderung hat es im Altarraum gegeben: Auf Anregung des Architekten Martin Spaenle und auch auf Wunsch von Abt Petrus wurde das hölzerne Kommuniongitter entfernt, das bisher den Altarraum von der Kirche abschloss. Das sei auch notwendig gewesen, um den Altar aufstellen zu können, erklärt Pater Geiger. Am liebsten wolle man das Gitter nun nicht wieder aufstellen. Ob das möglich sei, müsse aber mit dem Denkmalamt geklärt werden.

Außer Altar und Ambo gehören zur neuen Ausstattung der Klosterkirche ein bronzener Osterleuchter und auch neue Sitze für den Altarraum. Die Kosten will die Abtei nicht genau betziffern, sie bewegten sich aber Geiger zufolge "im oberen fünfstelligen Bereich" und gehörten zu der schon im Jahr 2012 abgeschlossenen Generalsanierung der Klosterkirche. Mit der Weihe an diesem Samstag feiern die Schäftlarner Benediktiner auch das 150. Jubiläum der Wiederrichtung des Klosters durch König Ludwig I. im Jahr 1866.

Die Altarweihe mit Pontifikalamt durch Kardinal Reinhard Marx findet am Samstag, 5. November, um 10 Uhr in der Klosterkirche Schäftlarnstatt. Musikalisch wird der Gottesdienst vom Initiativchor unter der Leitung von Angela Steck gestaltet.

© SZ vom 05.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: