Schäftlarn:Große Künstler, nette Kollegen

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Opernsängerin Colette Lorand wurde in den Fünfzigerjahren als Königin der Nacht aus Mozarts "Zauberflöte" berühmt. Am Sonntag feiert sie ihren 95. Geburtstag

Von Lisa Kuner, Schäftlarn

Colette Lorand lacht viel beim Blättern in den alten Fotoalben. Ihre Hände zittern ein bisschen, aber ihre Stimme ist stark, klar und fest. Auch im hohen Alter ist es die Stimme einer großen Sängerin - auch wenn sie nicht mehr singt. Bis Ende der Siebzigerjahre stand Lorand als Koloratursopranistin auf den großen Opernbühnen der Welt, sie hatte ein riesiges Repertoire. Seit dem Ende ihrer Karriere lebt sie mit ihrem Ehemann Manfred Doetterl-Lorand im Schäftlarner Ortsteil Ebenhausen und wird dort am Sonntag ihren 95. Geburtstag feiern.

Colette Lorand lebt mit ihrem Mann im Ortsteil Ebenhausen. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Wenn Lorand erzählt, untermalt sie das Gesagte ausdruckstark mit Gesten. Sie erinnert sich an viele Details. Ist sie einmal unsicher, ergänzt ihr Mann Orte, Regisseure und Jahreszahlen. Lebhaft berichtet Lorand von großen Künstlern, mit denen sie zusammen gearbeitet hat, vom Komponisten Carl Orff und den großen Dirigenten Wilhelm Furtwängler und Georg Solti zum Beispiel. Sie erzählt, wie schwer es ihr gefallen sei, den bösen Charakter, die Regan, in Aribert Reimanns "Lear" zu spielen und dass sie die Königin der Nacht aus der "Zauberflöte", die sie immer wieder gesungen hatte, eigentlich gar nicht gemochte habe. "In diesem Beruf musste man vieles machen, was man nicht wollte. Man wurde eingebaut und musste dieses Zeug singen". Bis heute ist ihr die Mozartoper im Gedächtnis geblieben: Sowohl die Pamina als auch die Königin der Nacht könne sie immer noch auswendig, sagt sie. "Das würde ich heute nicht mehr von mir geben, aber der Kopf gibt's noch her."

In Oberbayern haben sich Colette Lorand und ihr Ehemann wegen der Berge zur Ruhe gesetzt. Von all den Orten, an denen sie als Sängerin auftrat, gefalle ihr bis heute München am besten. "Ich liebte schon immer die Natur", erklärt die alte Dame. Früher habe sie mit ihrem Mann Bergtouren unternommen. "Ich musste immer in Bewegungen sein." Heute verbringt sie so viel Zeit wie möglich im großen Garten ihres Hauses. Ihre zweite Passion sind Tiere. Immer habe sie welche besessen: Hunde, Katzen, Vögel, einmal sogar ein kleines Äffchen. Nach dem Ende ihrer Karriere hätte sie am liebsten einen ganzen Tierpark gehabt. "Ich bedaure, dass ich nicht mehr reiten kann", sagt sie.

Wenn sie zurückdenkt, sind für Lorand vor allem menschliche Begegnungen und nette Kollegen wichtig. "Neidische Menschen fand ich fürchterlich", erzählt sie. Den ganzen Darstellungswahn von Kolleginnen an der Oper habe sie nie verstanden, es nicht gemocht, wenn sich alles um sie drehte. Vielmehr habe sie nur versucht, ihren Job gut zu machen.

In diesem komplizierten Umfeld, dem ständigen Hin und Her, sei immer ihr Mann Manfred Doetterl-Lorand an ihrer Seite gewesen. "Ohne meinen Mann hätte ich das alles nicht machen können. So etwas kann man nicht sein Leben lang allein durchstehen", sagt Lorand. Ihr Mann winkt ab, ist dann aber gerührt und gibt seiner Frau einen Kuss.

Nachdem sie ihre Karriere in Paris beendet hatte, habe sie nie bedauernd zurück geblickt, sagt Lorand. Für sie sei es genug gewesen. Sie habe sich nicht als älter werdender Mensch auf Bühnen präsentieren wollen. Wenn sie durch die dicken Fotoalben blättere, in denen ihr Leben bildlich festgehalten ist, vermisse sie das Bühnenleben kein bisschen. "Wenn ich heute etwas anders machen könnte, würde ich ein bisschen mehr lernen". Dafür gebe so viele Bereiche, so viele Möglichkeiten, sagt Lorand.

© SZ vom 05.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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