Regionale Produkte:Landwirte sind gegen Fairtrade-Siegel

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Kreis wird sich nicht an globaler Kampagne für gerechten Handel beteiligen.

Von Stefan Galler, Landkreis

Der Landkreis München wird sich vorerst nicht wie von Landrat Christoph Göbel (CSU) und seiner Verwaltung vorgeschlagen, um den Titel "Fairtrade Landkreis" bewerben. Trotz der Unterstützung durch die Kreisräte der SPD und Grünen erhielt ein entsprechender Antrag in der Sitzung des Ausschusses für Energiewende, Landwirtschafts- und Umweltfragen am Mittwochnachmittag keine Mehrheit. Insbesondere die Landwirte in Reihen der CSU, aber auch die Freien Wähler und FDP-Rat Tobias Thalhammer hatten sich leidenschaftlich gegen eine Teilnahme an der weltweiten Kampagne ausgesprochen. Einstimmig beschloss das Gremium dagegen, dass sich lokale Landwirte künftig besser miteinander und mit den Konsumenten vernetzen. Dabei sollen Vertreter anerkannter Verbände aus dem Bereich Landwirtschaft, Verbraucherschutz und biologischer Erzeuger zu Rate gezogen werden.

Vor allem die Kriterien, die ein Fairtrade-Landkreis zu erfüllen hat, schreckte die Mehrheit der Kreisräte ab: Anton Stürzer (CSU), Kreisobmann des Bauernverbandes, gab zu bedenken, dass am Ende der Landwirt die Lasten zu tragen hätte: "Ich will frei sein auf den Feldern, das zu tun, was ich gelernt habe. Letztlich wird so etwas immer nur den Händlern, nicht aber den Landwirten helfen", sagte er und verwies auf die zusätzliche Bürokratie und etwaige zusätzliche Kontrollen, die weitere Belastungen für ihn und seine Berufsgenossen brächten. "Wir haben so viele negative Erfahrungen mit Plattformen gemacht. Der Landwirt ist immer der Letzte in der Kette."

Ähnlich argumentierte die langjährige, ehemalige Kreisbäuerin Maria Knoller (CSU): "Toll, wenn regionale und saisonale Produkte gefördert werden, aber mir fehlt in dieser Kampagne der Bezug zur heimischen Landwirtschaft." Und Josef Hornburger (CSU) rechnete vor, wie die Discounter die Preise der konventionellen Landwirtschaft verdorben hätten: "Eine ganze Sau gibt es schon für 180 Euro. Das ist eine wunderbare Sache - für den Verbraucher."

Die Grünen reagieren verärgert

Landrat Göbel und die Grünen drangen mit ihren ebenso leidenschaftlich vorgebrachten Argumenten nicht durch. "Ich möchte mit dieser Kampagne das Bewusstsein stärken, dass Lebensmittel bei uns produziert werden", sagte Göbel. "Auch wenn wir uns ins Kielwasser einer Marke begeben, die eher für Kaffee und Kakao bekannt ist, bekommen wir doch ein Siegel, das wir für unsere Botschaft nutzen können. Ich teile die Ansicht, dass wir uns möglichst viele Freiheiten bewahren sollten." So sei es für die teilnehmenden Landwirte keineswegs verpflichtend "Bio-Produkte" anzubieten.

Die Grünen reagierten verärgert über die Absage des Ausschusses, sich um das Fairtrade-Label zu bemühen. Fairer Handel verhelfe Bauern in den ärmsten Ländern der Welt zu Preisen, die ein Überleben ermöglichten, teilte Kreisrat Markus Büchler nach der Sitzung schriftlich mit. "Die CSU redet von Fluchtursachenbekämpfung und sobald sie dazu konkret etwas beitragen kann, bleibt es bei Sonntagsreden", so Büchler weiter. "Christliche Ethik: vergessen. Soziale Verantwortung: vergessen. Wenns drauf ankommt, bleibt von der CSU nur das U."

© SZ vom 18.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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