Rathausumzug in Aschheim:Exodus der Aktendeckel

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Kisten schleppen müssen die Rathausmitarbeiter Margarete Hollenrieder, Friedrich Frankenfeld, Angela Schenk und Christian Schürer (von links). (Foto: Claus Schunk)

Das Aschheimer Rathauspersonal zieht für die kommenden Jahre in ein Bürohaus an der Saturnstraße. Mehr Platz als im alten Gebäude gibt es dort kaum, doch es kommen wieder alle Mitarbeiter unter ein Dach. Während dieser Phase wird ein neuer Verwaltungssitz gebaut

Von Christina Hertel, Aschheim

Von der Decke hängen ein paar Kabel, an den Wänden fehlt Farbe, aber die ersten Akten stehen im Keller schon in den Regalen: Zurzeit bereitet das Aschheimer Rathaus seinen Umzug vor. Weil das etwa 100 Jahre alte Gebäude abgerissen und an gleicher Stelle neugebaut wird, zieht die Verwaltung für die nächsten Jahre in ein Bürohaus in der Saturnstraße 48. Gut drei Wochen bevor dort der Betrieb beginnt, ist in diesem Gebäude noch an manchen Ecken Baustelle.

An der Fassade, vom Regen graugewaschen, prangen die Buchstaben "OTC". Sie gehören zu der Firma, die hier einmal billige Geschenke und Dekoartikel lagerte und vor sechs bis acht Jahren auszog - so genau weiß das Aschheims Geschäftsleiter Christian Schürer nicht mehr. Für vier Jahre schloss das Rathaus nun mit den Eigentümern einen Mietvertrag ab - mit der Möglichkeit zu verlängern oder früher rauszugehen, je nach dem, wann das neue Rathaus fertig ist. Als einen "Glücksfall" bezeichnet das Bürgermeister Thomas Glashauser (CSU) - weil das Übergangsrathaus zentral liege: in der Nähe eines Supermarkts und nicht weit vom alten Haus. Doch vor allem sei er glücklich, weil dort wieder die gesamte Verwaltung Platz hat.

Im April 2018 mussten Kämmerei, Geschäftsleitung, EDV-Abteilung und Steueramt schon einmal Kisten packen und aus dem Rathaus in das nur wenige Meter entfernte Partnerschaftshaus umziehen. Eigentlich hatte die Gemeinde nur vor, am alten Rathaus einen Aufzug anzubringen, um es barrierefrei zu machen. Doch es kam anders: Planer entdeckten statische Mängel, auch der Brandschutz war nicht mehr gewährleistet und die Mitarbeiter mussten praktisch von einem Tag auf den anderen ausziehen. Seit etwa eineinhalb Jahren arbeiten sie nun im Partnerschaftshaus. Normalerweise nutzt das Gebäude der Partnerschaftsverein - zum Beispiel übernachten dort Vertreter der Partnergemeinden, wenn sie zu Besuch sind. Diese Gäste bringt die Gemeinde nun in Hotels unter und übernimmt dafür die Kosten. Etwa 50 000 Euro kamen da zusammen. "Wir haben ja einem Verein seine Heimstätte weggenommen", sagt Schürer. "Wir sind dankbar, dass das geklappt hat." Der Verein sei sehr aktiv - 20 bis 30 Besuche im Jahr seien die Regel, viele davon im Sommer oder während der Wiesn, wenn Hotelzimmer teuer sind. Auch deshalb sei klar gewesen, dass die Gemeinde dem Verein das Haus so schnell wie möglich wieder zurückgeben möchte. Außerdem sei die Arbeit in dem Gebäude nicht gerade optimal gewesen: Weil die Wände mit Holz vertäfelt sind, heizten sich die Räume im Sommer bis zu 38 Grad auf, wie Schürer sagt.

Im Eingangsbereich des neuen Rathauses an der Saturnstraße gibt es etwas, das es im alten nicht gab: einen Empfang. Hinter einer Glasscheibe wird hier später ein Mitarbeiter sitzen und den Besuchern sagen, wohin sie müssen. Doch noch ist die Gegensprechanlage nicht installiert, auf dem Boden liegt Dämmmaterial und die Decke ist noch nicht verkleidet. Im Gang neben dem Empfang hat die Gemeinde einen kleinen Wartebereich bauen lassen. Auch das gab es im alten Rathaus nicht - und das sei ein Problem gewesen, sagt Schürer. Weil vieles, was die Bürger etwa im Einwohnermeldeamt erledigen, dem Datenschutz unterliegt - wenn die Leute aber zum Warten im Gang herumstehen, sei der nicht gewährleistet. Im Übergangsrathaus soll es auch eine Art Ampelanlage geben, die anzeigt, wer wann das Büro betreten darf.

Allerdings hat in dem früheren Büro- und Lagerhaus nicht alles Platz, was bis jetzt zum Aschheimer Rathaus dazugehört. Der Saal, in dem der Gemeinderat tagte, fehlt. Auch ein Trauzimmer gibt es nicht mehr. Trauungen und Sitzungen könnten laut Bürgermeister in Zukunft im Kulturellen Gebäude stattfinden. "Am Anfang, als wir die leeren Räume sahen", sagt Glashauser, "dachten wir, wir haben hier einen Riesenplatz." Doch um genügend Büros zu schaffen, um den Datenschutz zu gewährleisten, mussten Wände eingezogen werden und plötzlich wurde klar: Auch in diesem Haus wird es eng. Mehr Mitarbeiter als heute hätten nur schwer Platz, sagt Glashauser. Jetzt gibt es für 52 Beschäftigte 35 Büros und Einzelzimmer, drei Besprechungsräume, drei Teezeilen und im Keller ein Stüberl für die Mittagspause.

Vor dem Gebäude liegen im Rasen noch drei Kloschüsseln - auch die Toiletten wurden erneuert. Dringend notwendig sei das gewesen, sagt der Geschäftsleiter. Doch sonst habe die Gemeinde versucht, die Kosten gering zu halten. Etwa eine Million sollen Umbau und Miete kosten. Genaue Zahlen gebe es aber erst, wenn alles fertig sei. Doch gespart werde über all: Der alte blaue Teppichboden wurde drin gelassen, Bauamtsleiter Friedrich Frankenfeld organisierte kostenlos gebrauchte Schränke, die übrigen Möbel nehmen die Mitarbeiter aus dem alten Rathaus mit. Frankenfeld ist als Bauamtsleiter derjenige, der den Überblick über die Baustelle und dem Umzug haben muss. So weiß er zum Beispiel, dass bis Montag, 7. Oktober, wenn im neuen Rathaus der Betrieb startet, 1500 Kartons ausgepackt sein müssen - hauptsächlich gefüllt mit Akten. Bereits seit Anfang September packen die Rathausmitarbeiter zusammen. Jeder sei für seine Kisten selbst zuständig, sagt Frankenfeld. Das Packen müssen die Mitarbeiter neben ihrer regulären Arbeit zwischendurch erledigen - damit alles vorbereitet ist, wenn der eigentliche Umzug stattfindet. Dann bleibt das Rathaus geschlossen.

Bürgermeister Glashauser erhofft sich, dass die Gemeinde von diesem Umzug auch etwas für den Neubau des Rathauses lernen kann. Wie lange es dauert, bis es steht, sei schwer abzuschätzen. Mit dem Baubeginn rechnet Glashauser frühestens in zwei bis zweieinhalb Jahren.

Wegen des Umzugs bleibt das Rathaus von Montag, 30. September, bis Freitag, 4. Oktober, geschlossen. Von Montag, 7. Oktober, an ist die Verwaltung dann in der Saturnstraße 48 zu finden.

© SZ vom 19.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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