Pullach:Wechselnde Mehrheiten

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Der Gemeinderat kommt beim Gewerbepark Höllriegelskreuth einfach zu keinem Beschluss - und vertagt erneut

Von Konstantin Kaip, Pullach

Dass Besitz auch belasten kann, ist in Pullach im vergangenen Jahr mehrfach deutlich geworden - immer dann, wenn es um den "Gewerbepark Höllriegelskreuth" ging. Die Gemeinde hat das ehemalige Werksgelände des Stromversorgers Eon in Insellage zwischen Isar und Kanal auf Baierbrunner Flur 2011 günstig erworben, um dort Handwerksbetriebe und Kleingewerbe anzusiedeln. Nun aber sind die Gebäude marode. Über die notwendigen Sanierungsmaßnahmen allerdings konnte sich der Gemeinderat bislang nicht einigen, zweimal schon wurde ein Beschluss vertagt. Zum Jahresende sollten das Thema bei der letzten Sitzung des Gremiums am Dienstagabend endlich abgeschlossen und ein Sanierungspaket verabschiedet werden. Dazu aber kam es nicht: Die Entscheidung wurde mit knapper Mehrheit erneut vertagt, zum dritten Mal.

Weil die von verschiedenen Betrieben, unter anderem dem "Weißen Raben", gemieteten Gebäude, dringend sanierungsbedürftig und zum Teil sogar einsturzgefährdet sind, hat das Kommunalunternehmen VBS die erforderlichen Baumaßnahmen für Dächer, Fassaden und Ähnliches ausarbeiten und berechnen lassen: Mehr als sechs Millionen Euro soll das Gesamtpaket für alle vier Gebäude kosten. Drei davon sollten für zirka vier Millionen im ersten Schritt renoviert werden. Die Frage spaltet den Gemeinderat: Während bei SPD und Grünen Einsicht in die Notwendigkeit der Investitionen herrscht, befürchten CSU, WIP und FDP ein "Millionengrab". Im August sollte die VBS das Maßnahmenbündel daher noch einmal abspecken, bei Wiedervorlage im November wurde die Entscheidung erneut vertagt. Inzwischen hat ein Ortstermin auf dem Gelände stattgefunden. Den für den Beschluss vorgesehenen Maßnahmen in Höhe von etwa drei Millionen Euro hatte nun der Verwaltungsrat der VBS, in dem alle Fraktionen vertreten sind, mit fünf zu eins zugestimmt. "Meines Erachtens ist der Antrag abstimmungsreif", sagte Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund am Dienstag.

Das sah Alexander Betz (FDP) hingegen anders: Er stellte zunächst einen Antrag zur Geschäftsordnung, den Punkt erst gar nicht zu behandeln, sondern auf die Zeit nach einer weiteren Klausur des Gemeinderats zur Ortsentwicklung im Februar zu verschieben. Es gebe auch Alternativen für das Gelände, etwa den Bauhof, ein neues Schwimmbad oder ein Flüchtlingsheim dort anzusiedeln. Man müsse noch einmal über die "absolute Null-Variante" nachdenken. Der Antrag wurde dann bei einem Patt von neun zu neun Stimmen zunächst abgelehnt, auch weil VBS-Geschäftsführer Peter Kotzur betonte, dass dort laut Landratsamt nur Bestandsschutz und keine Nutzungserweiterung möglich sei. Als der Punkt jedoch behandelt wurde, stellte Betz erneut einen Antrag auf Vertagung. Inzwischen war sein Fraktionskollege Martin Eibeler verspätet eingetroffen, der sozusagen als Joker den Ball über die Torlinie köpfte: Die Vertagung ging mit zehn zu neun durch.

Der Fall zeigte noch einmal deutlich, wie schwierig die Mehrheitsverhältnisse im Pullacher Gemeinderat sind. Wie schon in der Frage der Flüchtlingsunterbringung wurde eine dringende Entscheidung erneut verhindert. "Wir haben viel auf den Weg gebracht", sagte Tausendfreund bei der anschließenden Weihnachtsfeier, "aber auch einiges verschoben". Der Gemeinderat müsse sich seiner Verantwortung stellen, mahnte sie. "Wir müssen uns auch mal einigen."

© SZ vom 17.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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