Pullach:Teuflische Versucher, versierte Grenzgänger

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Der Schauspieler und Sänger Dominique Horwitz spürt in seiner Revue "Me and the Devil" dem Mythos des Teufels nach. (Foto: Sinje Hasheider)

Zahlreiche Künstler, die in der neuen Spielzeit in Pullach auftreten, rühren an essenzielle Fragen - frivol, virtuos, schonungslos

Von Udo Watter, Pullach

Ohne ihn wäre das Leben ziemlich fad. Keine Versuchungen, keine Sünden, keine satanischen Verse. Nietzsche galt er als erster Freund der Erkenntnis und wer ihn mag, der kann - frei nach Oscar Wilde - allem widerstehen außer der Versuchung. Ja, der Teufel, er hat schon eine bemerkenswerte Karriere gemacht, gerade jenseits des rein religiösen Dunstkreises. Literatur, Film und Musik wäre ohne Figuren wie Mephisto ("Faust"), Samiel ("Der Freischütz") oder Louis Cyphre ("Angel Heart") deutlich ärmer. Die Rolling Stones äußerten "Sympathy for the Devil" und manchem Protagonisten der Death-Metal-Szene sagt man besonders enge Beziehungen zum Leibhaftigen nach.

Der Schauspieler und Sänger Dominique Horwitz taucht in seiner Revue "Me and the Devil" wonnevoll ein in verschiedene Kapitel der Kulturgeschichte des Teufels: Er spannt einen Bogen vom "Freischütz" über Rock-, Pop- und Jazzklassiker bis hin zu Highlights aus Black Rider, ein Musiktheaterstück, zu dem Tom Waits die Songs komponiert hat. Der Auftritt von Horwitz am 19. April im Pullacher Bürgerhaus verspricht einer der Höhepunkte der neuen Kultursaison in der Gemeinde zu werden. Horwitz, begleitet von einem Ensemble erfahrener Musiker, wird dem Mythos des Teufels auf seine Art nachgehen - und nicht zuletzt die erotisch-diabolischen Facetten beleuchten. "Das wird abgründig und sicher auch ein wenig frivol", freut sich Hannah Stegmayer.

Überhaupt ist die Leiterin des Pullacher Bürgerhauses guten Mutes, dass die Vorstellungen, die sie im Bereich Theater anbietet, das Publikum nicht nur unterhalten, sondern auch tiefer zu berühren vermögen. "Es ist mir ein Anliegen, besondere Künstler und spannende Stücke nach Pullach zu holen." Besonders freut sie sich auf Ibsens "Peer Gynt", eine neue Produktion des renommierten Theaters an der Ruhr, mit dem sich am 8. März der Vorhang für die Saison hebt. Roberto Ciulli, Leiter und Mitgründer des Theaters an der Ruhr, zeichnet nicht nur für die Inszenierung verantwortlich, sondern agiert diesmal selbst als Schauspieler auf der Bühne, zusammen mit Maria Neumann. Die beiden haben die Geschichte des nordischen Faust, wie Peer Gynt gerne bezeichnet wird, aufs Wesentliche konzentriert und versuchen so, essenzielle magische Theatermomente zu schaffen. "Ein anrührendes, großes Stück", ist Stegmayer überzeugt.

Zudem mit Sicherheit keine leichte Kost, ähnlich wie "Helena" von Euripides, in einer Neuübersetzung von Peter Handke, das im Juni gezeigt wird. Die bei Homer noch schönste Frau der Welt ist in dieser Version nur ein Trugbild - um das aber ein Krieg geführt wird. Für Handke, der wegen seiner Serbien-freundlichen Haltung während der Jugoslawien-Konflikte viel kritisiert wurde, ein wichtiges Thema: Warum und worum werden Kriege geführt? Und welche politischen wie gesellschaftlichen Absurditäten zeitigen sie?

Die Sparte Kabarett in Pullach ist ebenfalls traditionell stark politisch geprägt - und diesmal besonders prominent besetzt: Frank-Markus Barwasser alias Erwin Pelzig und Bruno Jonas präsentieren ihr Programm "Weg von hier" respektive "Nur mal angenommen". Einer, der es nie zu einer solchen Bekanntheit gebracht hat, aber in der Szene ein respektierte Größe ist, verabschiedet sich heuer von der Bühne: Henning Venske wird nach 57 Bühnenjahren Schluss machen: vermutlich mit gewohnt scharfer Wort- und Gedankenakrobatik sowie schonungslosen Pointen. "Er polarisiert sehr", sagt Stegmayer, die Venske freilich schätzt. Während er zum letzten Mal im Bürgerhaus auftritt, wird Eva Eiselt dort mit ihrem Programm "Vielleicht wird alles vielleichter" zum ersten Mal gastieren. Die temperamentvolle Kölnerin bietet einen temporeichen Mix aus Kabarett, Theater und Parodie.

In der Reihe "Jazz and more" ist mit Lorenz Kellhuber ein gefragter Newcomer des zeitgenössischen Jazz im März zu Gast. Der 27-Jährige gewann 2014 als erster deutscher Musiker die Parmigiani Montreux Jazz Piano Solo Competition. "Er ist ein Aufsteiger mit spannenden Projekten" erklärt Stegmayer. Die Berliner Pianistin Julia Hülsmann ist dagegen schon etwas länger im Geschäft, sie wird im April mit der Sängerin Torun Eriksen auftreten. Mit dem Benny Lackner Trio und dem Duo Christian Elin und Maruan Sakas gastieren weitere namhafte Protagonisten des Jazz in Pullach, die auch versiert die Grenze zu anderen Genres überschreiten. Das Klassik-Angebot ist traditionell hochkarätig, unter anderem wird das Azahar Ensemble auftreten, das beim ARD-Wettbewerb als bestes "Bläserquintett" ausgezeichnet wurde. Ungewöhnlich dürfte auch das Konzert des internationalen Musikernetzwerks Podium Esslingen werden, das für seine innovativen Formate mit dem Echo Klassik prämiert wurde. Auch die Geigerin Susanne Hou, die mit dem Kammerorchester Sinfonietta Cracovia spielt, gilt als Größe ihres Metiers. Als Teufelsgeigerin ist sie aber eher nicht bekannt.

Der Abo-Verkauf findet bis 6. Februar im Bürgerhaus statt, Heilmannstraße 2. Es gibt vier Sparten: Theater/Musiktheater, Klassik, Kabarett/Kleinkunst sowie Jazz & More. Dazu gibt es ein Jugend-Abo mit drei frei wählbaren Veranstaltungen.

© SZ vom 26.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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