Pullach:Schmäh fürs Gehirnschmalz

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"Zwischen Ist und Soll" heißt das Programm des Kabarettisten Gunkl, das auch hinterfragt, wie schwierig es ist, dass sich Menschen verstehen. (Foto: Robert Peres)

Der Wiener Kabarettist Gunkl philosophiert in Pullach

Von Udo Watter, Pullach

Was die Attraktivität ihrer Sprache angeht, hat der Weltgeist die Deutschen weniger gesegnet als zum Beispiel bei der globalen Verteilung der Ingenieurskunst oder Wurstherstellungskompetenz. Französisch klingt romantischer, Italienisch musikalischer, Spanisch leidenschaftlicher, Englisch cooler. Aber auch die Unterschiede innerhalb der deutschen Sprachwelt sind signifikant. Reaktionäres Nörgeln auf Sächsisch hört sich halt noch einen Tick unsympathischer an als auf Kölsch.

Das Wienerische scheint dabei eine glückliche Sonderstellung einzunehmen: Man könnte sagen, es ist zum Lieblingsdialekt deutschsprachiger Feuilletonisten avanciert, so schön böse lässt sich damit über den Tod und andere Abgründe philosophieren. Wenn der Wiener Kabarettist Günter Paal alias Gunkl sich die Frage stellt, aufgrund welcher Paradigmen man in der heutigen Gesellschaft noch als "Oasch" gilt, oder von "Wahrnehmungsversprudlern" spricht, dann klingt das nicht nur irgendwie abstrakt-klug, sondern auch zugänglicher als wenn ein ostpreußischer Philosoph den kategorischen Imperativ in strengem Ton formulierte. Der 56-jährige Gunkl gastiert am Mittwoch, 17. Oktober, erstmals in Pullach und wird dort seine raffiniert-polemischen Erkenntnissprünge voraussichtlich in Schmäh-gerechter Sprachfärbung artikulieren. Der Mann, der sich als "Experte für eh alles" bezeichnet, wird im Bürgerhaus sein Programm "Zwischen Ist und Soll - Menschsein halt" vorstellen. Gunkl, der am Asperger-Syndrom leidet (er nennt sich "Autist light") gilt als messerscharfer Logiker und eigenwilliger Sprachfetischist, bei dem sich das Publikum wohl definitiv nicht unterfordert fühlen wird. Bei ihm kommt der Witz oder die Pointe eher in Form einer kurz und ironisch nach oben zuckenden Augenbraue daher - der Gunkl-Schmäh mäandert gleichsam in Schachtelsätzen und Gedanken durch den Raum.

In "Zwischen Ist und Soll" geht es vor allem um die "Schwierigkeit der Menschen, einander zu verstehen", Formen der Kommunikationspsychologie und die Frage: "Welche Ansprüche sind schlau, und welche nicht?" Als besonders unklug hat er die "Ansprüche auf Problemlosigkeit" ausgemacht. Die Vorstellung, das Leben sei dazu da, dass alles geschmeidig an der perfekt schillernden Oberfläche entlang flaniere. Eine philosophisch dumme Einstellung, die sich auch in Gunkls Kritik am ewigen Sollen niederschlägt: "Denn wenn mehr immer besser ist, dann ist viel nie genug." Der Kabarettist aus dem Wiener Gemeindebezirk Favoriten, der unter anderem mit dem Deutschen Kleinkunstpreis und 2018 mit dem Österreichischen Kabarettpreis ausgezeichnet wurde, plädiert dafür, den Schmutz des Daseins und die allgemeine Entfremdung anzunehmen und sich darüber auszutauschen: "Es ist ein Blödsinn, nur darüber zu reden, was wir gemeinsam haben. Wir müssen darüber reden, was uns trennt." Die Tiroler Tageszeitung bezeichnete einmal einen Auftritt als "Ode an das Gehirnschmalz" und man darf gespannt sein, ob das Publikum in Pullach das ähnlich erlebt. Wer als Bayer übrigens die Wiener um ihren Schmäh beneidet, der sei damit getröstet, dass die Mundart der österreichischen Hauptstadt ein ursprünglich ostmittelbairischer Dialekt ist.

"Zwischen Ist und Soll - Menschsein halt", wird gezeigt am Mittwoch, 17. Oktober, im Bürgerhaus Pullach, Beginn 20 Uhr. Karten gibt es über www.reservix. de oder im Bürgerhaus (Telefon 089/74 47 520)

© SZ vom 13.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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