Pullach:Ratsch mit der Rathauschefin

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Erika Eggelsmann (rechts) hat vor gut 40 Jahren die Waldsäuberung initiiert. Bei Susanna Tausendfreund erfährt sie den nächsten Termin: 13. Oktober. (Foto: Claus Schunk)

Die Bürger nutzen die Open-Air-Sprechstunde fleißig. Auch Kinder trauen sich

Von Claudia Wessel, Pullach

Eigentlich will die junge Frau mit ihrem Sohn und ihrer Mutter nur ein Eis essen im Café Dolce am Pullacher Kirchplatz. Doch während die drei dann so dasitzen und sich unterhalten, fällt ihnen die Frau mit den kurzen Haaren in Sommerbluse und Sandalen auf, die neben dem Marktstand mit der Überschrift "Ois Guade aus der Region" unter einen kleinen weißen Zeltdach auf einer Biergartenbank sitzt. Immer wieder neue Leute nehmen ihr gegenüber Platz, während schon ein paar andere ihr Radl neben dem Zelt parken und offensichtlich warten. Ein Blick auf das Schild neben dem Stand erklärt: Open-Air-Sprechstunde mit der Ersten Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund, 16 bis 18 Uhr.

Diese Sprechstunde unter freiem Himmel war ihre Idee, wie Tausendfreund sagt; seit 2014 gab es diesen besonderen Service bereits ein paar Mal. Der Gedanke sei ihr angesichts der guten Kontakte mit Bürgern am Infostand schon im Wahlkampf gekommen, sagt Tausendfreund.

Weil die junge Mutter "schon lange ein Anliegen" hatte und sonst donnerstags immer arbeiten muss, heute aber wegen eines Schulgottesdienstes mit ihrem Sohn freigenommen hat, ergreift sie spontan die Gelegenheit, um die Rathauschefin anzusprechen. Ihr Thema: die B 11. "Wir haben schon 49-Dezibel-Fenster einbauen lassen, aber es ist einfach immer noch viel zu laut", sagt sie. Auch ein anderer Anlieger der B 11 war schon da, der vor allem unter den Motorrädern leidet, wie er der Bürgermeisterin erklärte. Tausendfreund verspricht, dass sich die Gemeinde noch mal an die Aufsichtsbehörde wenden werde. Auch dieser Bürger ist von der Open-Air-Sprechstunde erbaut. "Im Rathaus muss man sich anmelden, aber ich weiß nie, ob ich dann wirklich Zeit habe." Auch dank solcher Ideen, sagt er, habe Tausendfreund "ein intensives Verhältnis zu den Bürgern".

"Wir lieben sie", sagen gar zwei Damen mit grauen Haaren und Rollator, die sich ebenfalls auf der Bank gegenüber niederlassen. "Sie ist zugänglich und kümmert sich." Die beiden haben folgende Beanstandung: Die Bank rund um den Baum neben der Bäckerei sei bereits verrostet und man hole sich dort Flecken an der Kleidung. Tausendfreund verspricht entweder eine Sandstrahlreinigung oder gleich eine neue Bank. Weiterhin mahnen die Damen einen zweiten Handlauf in der Tiefgarage an und einen Spiegel. Die Open-Air-Sprechstunde fänden sie wunderbar, sagt die eine, die seit 61 Jahren in Pullach lebt. "Diese Sprechstunde kann man mit dem Einkaufen auf dem Markt verbinden", freut sich die Dame.

Zwei Neu-Pullacher nehmen die Bürgermeisterin eine ganze Weile in Anspruch: Nick, 6, und seine Schwester Sophie, 8. Die beiden ziehen im Oktober in den Ort und wollen schon mal wissen, wie man denn Bürgermeisterin wird und wieso sie die "Erste" Bürgermeisterin sei, ob es denn noch mehr gebe. "Ungefähr so wie Klassensprecher", sagt Tausendfreund und macht eine kleine Zeichnung mit Kreisen, die die Gemeinderäte darstellen. Die zwei Kinder haben so viele Fragen, dass sich schon wieder eine kleine Schlange am Stand bildet. Gut möglich, dass die Bürgermeisterin in 20 Jahren Sophie heißt.

© SZ vom 28.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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