Pullach:Pullach investiert

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Im Streit um den Haushalt unterliegen die Kräfte, die zum Sparen mahnen

Von Konstantin Kaip, Pullach

Sparen oder investieren - diese Frage entzweit die Lokalpolitiker in Pullach. Grund für die Kontroverse ist der Haushaltsplan für 2015, der bereits in der Sitzung des Finanzausschusses vergangene Woche lange diskutiert wurde. Am Dienstag hat der Gemeinderat den Haushalt für das laufende Jahr schließlich mehrheitlich bewilligt - nachdem das Gremium noch einmal drei Stunden lang über die finanzielle Zukunft der Gemeinde diskutiert hat. Am Ende stimmte die Fraktion der parteifreien Gruppierung "Wir in Pullach" (WIP) geschlossen gegen den Haushaltplan, auch FDP-Gemeinderat Martin Eibeler wollte das Papier nicht mittragen.

Die Gemeinde hat mit großen Verlusten bei den Gewerbesteuereinnahmen zu kämpfen: Nach Rekordeinnahmen aus dieser Quelle von 67,5 Millionen Euro im Jahr 2013, brach die Gewerbesteuer im vergangenen Jahr auf 27 Millionen ein, für 2015 wurde der Ansatz auf 25 Millionen reduziert. Gleichzeitig erhöht sich die Kreisumlage, die sich jeweils am zwei Jahre zurückliegenden Steueraufkommen bemisst, auf 25,3 Millionen Euro - damit liegt die Umlagekraft der Gemeinde mit 6775 Euro pro Einwohner bayernweit an zweiter Stelle. Im laufenden Jahr müssen daher 9,5 Millionen Euro vom Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt überführt werden.

"Etwas Vergleichbares ist mir in Pullach noch nicht untergekommen", sagte der kommissarische Kämmerer Marcus Eckert am Dienstag im Gremium. Auch wenn das freilich der hohen Kreisumlage und damit einer "Ausnahmesituation" geschuldet sei. Zudem ist eine Rücklagenentnahme von 28 Millionen Euro vorgesehen. Und die Ersparnisse sinken: Die Finanzplanung bis 2018 sieht Investitionen von 73,5 Millionen Euro vor, ein "sehr ambitioniertes Volumen", wie Eckert sagte, das allerdings auch Großprojekte wie den beschlossenen Neubau des Schwimmbads und der Grundschule berücksichtigt. Laut seiner Prognose müsste die Gemeinde 2018 ein Darlehen aufnehmen, die Rücklagen, die zum Ende 2014 noch 80 Millionen Euro betrugen, würden dann Ende 2019 "die Nulllinie kratzen".

Das empörte die beiden Finanzreferenten des Gremiums: Einem Haushalt, der "die Rücklagen innerhalb einer Wahlperiode nicht nur aufbraucht, sondern die Gemeinde sogar in Verschuldung führt", könne er nicht zustimmen, sagte der Fraktionsvorsitzende der WIP, Reinhard Vennekold. Und Andreas Most (CSU) erinnerte an die "teuren Hobbys" der Gemeinde: Schwimmbad und Bürgerhaus verschlängen jährlich jeweils eine Million Euro. Er erwarte ein "klares Bekenntnis zu Einsparungen". Zwar stimme seine Fraktion dem Haushaltsplan zu, doch werde sie die kommenden Projekte "sehr kritisch hinterfragen".

Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund erinnerte daran, dass die Entwicklung nicht überraschend komme und im Prinzip die Fortschreibung des Haushalts vom vergangenen Jahr sei, den das Gremium einstimmig beschlossen habe. Dass die Gemeinde so viele Rücklagen anhäufen konnte, liege daran, dass "viele beschlossene Projekte nicht umgesetzt worden" seien. "Rücklagen sind kein Selbstzweck", fand auch Arnulf Mallach (SPD), sondern für Investitionen gedacht. "Und wir haben einen Investitionsstau." Kein Bürger habe etwas davon, den Ersparnissen einer reichen Gemeinde beim Wachsen zuzusehen. Es sei nicht die Aufgabe einer Gemeinde "als Bank zu dienen", sagte auch Kämmerer Eckert. "Da ist es mir lieber, das Geld wird in eine Schule investiert und arbeitet auf dem Weg für die Gemeinde." Im Übrigen, erinnerte der Kämmerer die Gemeinderäte, hätten die Rücklagen in Pullach erstmals 2006 die Grenze von 10 Millionen Euro überschritten.

Die Debatte konnte den Konflikt nicht auflösen, auch weil keine konkreten Vorschläge zu Einsparungen kamen. Als Cornelia Zechmeister (WIP) die Verwaltung diesbezüglich in die Pflicht nehmen wollte, widersprach Tausendfreund: Es sei nun einmal die "originäre Aufgabe des Gemeinderats", einen Haushalt aufzustellen, sagte die Bürgermeisterin. Am Ende gelang dies, auch dank eines Kompromisses im Stellenplan, bei dem die von CSU, FDP und WIP kritisierte zusätzliche Stelle in der Bautechnik auf 18 Monate befristet wird. Die Diskussion wird weitergehen - in den Sitzungen, in denen der Gemeinderat die einzelnen im Haushalt vorgesehenen Projekte beschließen muss.

© SZ vom 23.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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