Pullach:"Nicht vor meiner Haustür"

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FDP-Fraktionschef Alexander Betz weist den Vorwurf, die Entscheidung des Gemeinderats sei "undemokratisch", zurück. (Foto: Angelika Bardehle)

Pullacher machen ihrem Unmut über die Asyl-Entscheidung des Gemeinderats Luft

Von Melanie Artinger, Pullach

Anfang Februar hat der Pullacher Gemeinderat mit den Stimmen von CSU, WIP und FDP die kurzfristige Unterbringung von Asylbewerbern auf der Grundelbergwiese und der Margarethenwiese sowie die langfristige Unterbringung auf einem Grundstück an der Heilmannstraße beschlossen. Dass dieser Beschluss bei vielen Pullacher Bürgern auf Unverständnis stößt, zeigt sich nicht nur an den zahlreichen Briefen und E-Mails, welche die Gemeinderäte dieser Tage erreichen. Auch in der Bürgerfragestunde während der jüngsten Gemeinderatssitzung brachten viele Pullacher ihren Unmut deutlich zum Ausdruck.

Eine fünffache Mutter etwa warnte angesichts der Unterbringung auf der Margarethenwiese wegen der beengten Situation sowie des Lärms von Kindertagesstätte und Skateranlage vor "Konfliktpotenzial" - unabhängig davon, ob dort jetzt Flüchtlinge oder Deutsche untergebracht würden, wie sie betonte. Vor allem aber zeigte sie sich verwundert darüber, dass die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung zur Unterbringung der Asylbewerber keinerlei Beachtung in der Entscheidung gefunden hätten. Irritiert äußerte sich auch Renate Bancé. Sie beklagte: Wenn es um eine sozialverträgliche und gerechte Lösung der Unterbringung gehe, sei der Tenor: "Bitte nicht vor meiner Haustür."

Viele Optionen würden auf diese Weise von "bessergestellten" Bürgern blockiert, kritisiert die gebürtige Pullacherin. Der Grundelberg sei für die Unterbringung von hundert jungen Flüchtlingen nicht geeignet, da das Grundstück abgelegen sei und es hier keine ausreichende Infrastruktur wie Cafés oder andere Treffpunkte gebe. Die geplante Maßnahme führe zu einem "sozialen Brennpunkt". Eine nachhaltige Bebauung des Grundstücks an der Heilmannstraße wäre hingegen Flüchtlingen und Pullacher Bürgern zugute gekommen. In ihrem Schreiben appelliert Bancé an die Gemeinderäte, doch noch eine dezentrale Unterbringung mit kleineren Einheiten an mehreren Standorten zu realisieren.

Die Befürchtung, dass mit der Unterbringung von 150 Flüchtlingen im Gebiet der Grundelbergsiedlung keine Integration möglich ist, teilten auch andere Anwohner. Schließlich sei das Verhältnis von Anwohnern zu untergebrachten Asylbewerbern am Grundelberg dann fast eins zu eins, führte ein Nachbar dem Gemeinderat gegenüber aus. Ein Vertreter der "Mäuseburg" äußerte Bedenken, dass die Kindertagesstätte, die schon von den Mauern des Bundesnachrichtendienstes umgeben sei, durch die Errichtung einer Containeranlage noch weiter beengt wird.

Die Situation für die Kinder sei schon jetzt "untragbar". Im vorigen Jahr wurde die Erweiterung der provisorischen Containeranlage der Mäuseburg um zwei Gruppen beschlossen. Derzeit geht die Gemeinde davon aus, dass die neuen Räume frühestens im Herbst zur Verfügung stehen. Nördlich der Kita-Erweiterung werden auf dem Bolzplatz an der Margarethenwiese außerdem Wohncontainer für die Unterbringung von 40 Asylbewerbern für drei Jahre errichtet.

Die Erweiterung der Kita sei davon jedoch nicht betroffen, versicherte Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne) in der Sitzung. Doch auch die Art und Weise, wie der Beschluss zustande kam, sorgte für Unmut bei den anwesenden Bürgern. Als "undemokratisch und unsozial" bezeichnete Janet Mühlmann die Entscheidung des Gemeinderats. Bisher habe man 240 Unterschriften gegen den Beschluss gesammelt. "Und es werden noch mehr", kündigte sie an. "Nichts Undemokratisches" mochte dagegen Alexander Betz (FDP) an dem Zustandekommen der Entscheidung finden. In einer Demokratie setze sich eben die Mehrheit durch. "Vor der Sitzung befanden wir uns in einer Blockadesituation, die die Findung eines Grundstückes unmöglich gemacht hat. Wir sind ein halbes Jahr nicht vorwärts gekommen, jetzt sind wir wenigstens einen Schritt weiter. Ob der Beschluss letztlich so umsetzbar ist, wird sich noch zeigen", erklärt der FDP-Fraktionsvorsitzende.

Odilo Helmerich von der SPD hingegen sieht in dem Vorgehen von CSU, WIP und FDP "einen Bruch parlamentarischer Verhaltensregeln". Der Gemeinderat habe keine Möglichkeit mehr, zu dem Paket, das innerhalb von drei Tagen entstand, Stellung zu nehmen. "Das hat mit einem Prozess der Diskussion nichts zu tun." Die bestehende Beschlusslage müsse umgesetzt werden, erläuterte hingegen Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne). Die Gemeindeverwaltung bereite daher derzeit die entsprechenden Anträge für die nötige Baugenehmigung durch das Landratsamt vor. Bert Eisl von der Agenda 21 kritisierte, dass in Anbetracht der zu erwartenden Schwierigkeiten bei der Genehmigung - immerhin handelt es sich bei der Grundelbergwiese um ein Biotop - kein Plan B diskutiert werde.

© SZ vom 03.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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