Pullach:Heftiger Nachwahlkampf

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Im Rathaus der Isartalgemeinde kehrt keine Ruhe ein

Von Michael Morosow, Pullach

Es war ein Hauen und Stechen, das heuer auf der politischen Bühne in Pullach zur Aufführung kam. Im Mittelpunkt Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne) und ihre Herausforderin, die Rathausangestellte Christine Eisenmann von der CSU. In der Stichwahl siegte die Amtsinhaberin mit 53,3 Prozent überraschend knapp, und die Unterlegene zeigte sich stolz darüber, dass ihre Chefin zittern musste.

Die Herausforderin von der CSU arbeitet jetzt im Ministerium

Wer nun glaubte, damit würde Ruhe einkehren im Pullacher Politbetrieb, zumal sich beide nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses im Foyer des Bürgerhauses einen freundlichen Handgruß zuwarfen, der sah sich gründlich getäuscht. Grund für die neuerlichen Verwerfungen war ein Sinneswandel von Eisenmann. Hatte sie kurz nach der Wahl noch erklärt, das ihr zustehende Gemeinderatsmandat aufgrund ihres Vollzeitjobs im Rathaus nicht antreten zu können, schwenkte sie plötzlich um, kündigte an, notfalls sogar ihren Job im Rathaus an den Nagel zu hängen, um damit den Amtshinderungsgrund aus dem Weg zu räumen. Allein, sie hatte Fristen versäumt, weshalb der Wahlausschuss der Gemeinde sowie Tausendfreund ihren Wunsch nicht berücksichtigten. Eisenmann schaltete einen Rechtsanwalt ein, die Gemeinde auch. In der letzten Sitzung des alten Gemeinderates flogen daraufhin hinter verschlossenen Türen die Fetzen. Am Ende fasste das Gremium den Beschluss, seine Geschäftsordnung nicht zugunsten der CSU-Frau zu ändern, wie diese gehofft hatte. Stunden später kündigte Eisenmann per Mail fristlos. Heute arbeitet sie bei ihrer Parteifreundin Kerstin Schreyer im Bauministerium und sitzt als Fraktionsvorsitzende im Pullacher Gemeinderat.

Alles gut, hätte man wieder meinen können. Doch als der Rauch verzogen war, krachte und schepperte es abermals, und die Leserbriefspalten des Anzeigenblatts Isar-Anzeiger, in dem auch das Amtsblatt der Gemeinde erscheint, dienten als Kriegsschauplatz. Die Bürgermeisterin sei eine "böse Hexe", betreibe Zensur und im Rathaus wehe der "eisige Hauch Nordkoreas und des Stalinismus", schrieb FDP-Gemeinderat Alexander Betz im August. Kurz darauf rückte die Leiterin der Gemeindebibliothek, Eveline Petraschka, die Amtsführung von Susanna Tausendfreund in die Nähe eines totalitären Regimes. Doch damit nicht genug: Ende November bedrängten ehemalige Rathausbedienstete ihre frühere Chefin und erklärten, einige hätten gekündigt, weil sie massiven psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt gewesen seien. Jetzt sahen die sieben Abteilungsleiter im Rathaus die Zeit gekommen, sich in einer gemeinsamen öffentlichen Erklärung hinter Susanna Tausendfreund zu stellen. Ihr Führungsstil sei in Ordnung, Schuld an allem seien Streitigkeiten, Meinungsbildung von außen und persönliche Differenzen, die ins Rathaus getragen würden.

© SZ vom 29.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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