Pullach:Freizeitbad wird abgerissen und neu gebaut

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Im Becken des Pullacher Freizeitbades werden keine Kinder mehr das Schwimmen lernen. (Foto: Angelika Bardehle)

Nach zwölfjähriger Debatte kommt die Gemeinde zu dem Schluss, dass eine Sanierung nicht möglich ist. Die CSU bringt überraschend ein Außenbecken als Interimslösung ins Spiel

Von Michael Morosow, Pullach

"Wenn hier etwas passiert, gibt es Tote": Vernichtender hätte die Risikobewertung für das Pullacher Freizeitbad gar nicht ausfallen können. Nachdem die Leiter der Arbeitsgruppe "Freizeitbad", Andreas Most (Pullach plus) und Cornelia Zechmeister (WIP), im Gemeinderat von der verheerenden Expertise eines Brandschutzexperten berichtet hatten, gab es im Gremium keinen Zweifel mehr: Das alte Freizeitbad ist Geschichte, es wird abgerissen - und an gleicher Stelle neu gebaut.

Damit die Gemeinde, insbesondere die Mitglieder der Wasserfreunde Pullach und des SV Pullach mit etwa 700 Mitgliedern während der drei bis vier Jahre dauernden Bauzeit nicht auf den Trockenen sitzen, wartete Christine Eisenmann (CSU) mit einem Lösungsvorschlag auf. Die CSU-Fraktionschefin überraschte die Mitglieder der Arbeitsgruppe, in der sie selbst sitzt, mit einem kurzfristig gestellten Antrag ihrer Fraktion, wonach für die Übergangszeit ein Schwimmbecken auf der Liegewiese gebaut werden soll, was die Gemeinde circa vier Millionen Euro kosten würde. Dieser Vorschlag wurde in der Sitzung nicht länger erörtert, er soll demnächst in einer weiteren Sitzung des Arbeitskreises zur Sprache kommen.

Auch wenn die Entscheidung gegen eine Sanierung und für einen Neubau aus der Not geboren ist, damit ist nun nach zwölfjähriger Debatte endlich der Startschuss gefallen, wie Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund (Grüne) auf Nachfrage von Reinhard Vennekold (WIP) versicherte. Das schien schon einmal der Fall gewesen zu sein, nachdem der Gemeinderat einen Neubau des Freizeitbades auf der Kuhwiese beschlossen hatte. Im Vorjahr machte er aber eine Kehrtwende und stellte alles wieder auf Null.

Wasserfreunde-Vorsitzender Domenik Völkening zeigte sich erwartungsgemäß wenig angetan von dem neuen Beschluss. Dass das alte Bad gar nicht mehr aufmachen dürfe, da bekomme er einen "Kloß im Hals", sagte Völkening. Circa 80 Kinder kämen jährlich zum Schwimmenlernen, wenn das Bad geschlossen habe, lernten 80 Kinder das Schwimmen eben nicht.

Ob sich die Gemeinde vier Millionen Euro für ein provisorisches Schwimmbecken auf der Liegewiese leisten wird, steht nicht fest, aber Cornelia Zechmeister machte Völkening in einer anderen Richtung Hoffnung: In Riemerling werde ein neues Schwimmbad gebaut, sie habe Kontakt dorthin und werde sich kundig machen, ob es Möglichkeiten auch für Pullacher Kinder und Vereine biete, sagte sie. Ein Weiterbetrieb des Pullacher Bades wäre fahrlässig, sagt Zechmeister. Im Prinzip sei das Schwimmbad nicht mehr betriebsfähig, gerade im unteren Bereich sehe es brandschutztechnisch verheerend aus, hier gebe es keine Fluchtwege, man würde nur kriechend vorankommen, ergänzte Andreas Most.

Bauamtsleiter Peter Kotzur hatte im Februar dieses Jahres in einer Videokonferenz allen Gemeinderatsmitgliedern den Zustand des Bades aus der Sicht der Verwaltung dargestellt. Quintessenz seiner Ausführungen: Aufgrund der ständig zunehmenden Betriebsunsicherheiten sollte umgehend mit der Planung eines neuen Bades begonnen werden. Die Schwimmhalle müsste aufgrund ihres mangelnden Tragverhaltens komplett neu errichtet werden, und die Betonkonstruktion des Schwimmbeckens sei in großen Bereichen derart schadhaft, dass der Sanierungsaufwand einer Neuerrichtung entspreche, erfuhr der Gemeinderat damals. Wenige Tage darauf konnten sich die Mitglieder des Arbeitskreises bei einer Begehung des Schwimmbades selbst von den Schäden überzeugen.

Den Blick richtet die Gemeinde nunmehr nach vorne- und auch nach Freising zum Erlebnis-Schwimmbad "Fresch", dem der Arbeitskreis im März einen Besuch abgestattet hatte. Mit ein paar Abstrichen ließe sich der Innenbereich des Freisinger Bades mit den Möglichkeiten für die Gemeinde Pullach vergleichen, heißt es.

Vom neuen Vorgehen der Gemeinde in der Schwimmbadfrage nicht begeistert, zeigte sich Holger Ptacek (SPD), der wie drei Mitglieder der Grünen dagegen stimmte. Unnötigerweise habe man eine Lösung tabuisiert, den Schwimmbadbau auf der Kuhwiese. Wenn man sich nach zwölf Jahren hinstelle und sage, wie schlecht das Schwimmbad sei und zum Schluss selbst mit schlechter Lösung an den Start gehe, dann sei das zynisch.

© SZ vom 04.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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