Pullach:Ein anderer Blick

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Weit weg von Pullach. Martin Salfer und Felix Jäger sammelten drei Monate lang neue Erfahrungen in Haiti. (Foto: privat)

Die beiden Pullacher Felix Jäger und Martin Salfer haben drei Monate in Haiti gearbeitet

Von Melanie Artinger, Pullach

Die Zeit nach dem Abitur nutzen immer mehr junge Leute, um Erfahrung im Ausland zu sammeln. Für die beiden Pullacher Felix Jäger und Martin Salfer bot sich eine ganz besondere Möglichkeit, nach dem Schulabschluss eine andere Sicht auf die Dinge zu entwickeln. Bereits seit 35 Jahren besteht die Partnerschaft der Kirchengemeinde Heilig-Geist in Pullach mit dem Krankenhaus Alma Mater in Gros Morne, Haiti. Für die 135 000 Menschen in der Region ist das Alma Mater die einzige größere medizinische Anlaufstation. Dort leisteten die beiden 18-Jährigen Pullacher von November bis Februar drei Monate lang Freiwilligendienst. Jetzt wollen sie die Partnerschaft intensivieren.

Gemeinsam mit zwei amerikanischen Volunteers und zwei Krankenschwestern wohnten die beiden Pullacher während dieser Zeit im Schwesternhaus. Die Gruppe verstand sich gut und verbrachte auch die Freizeit miteinander, um das Land kennezulernen. "Haiti ist auf seine Art ein Paradies", findet Salfer. Bei den Ausflügen war er vor allem von den Verhältnissen, gerade in der Hauptstadt Port-au-Prince, positiv überrascht. "Fast alles ist wieder aufgebaut und die Infrastruktur funktioniert auch gut", beobachtete Salfer. Es ist gerade einmal sechs Jahre her, dass ein Erdbeben der Stärke sieben, dessen Epizentrum direkt unter Port-au- Prince lag, den Inselstaat verwüstete. Besonders fielen Salfer die zahlreichen Schulen und Kindergärten auf. Die seien jedoch auch notwendig, da über die Hälfte der haitianischen Bevölkerung unter 18 Jahre alt sei, sagt Salfer. In Gros Morne leben die Menschen in Häusern, die größtenteils zweistöckig aus Beton und Ziegeln gebaut und mit Wellblech gedeckt oder haben ein Betonflachdach.

Die beiden Pullacher waren zunächst für die Ordnung in der Hausapotheke des Krankenhauses zuständig. Anschließend widmeten sie sich einem Mammutprojekt: der Digitalisierung von rund 66 000 Patientenakten. Dabei war laut Salfer nicht nur das Eintippen der Patientendaten recht aufwendig. Diese Aufgabe wurde noch durch Papierformular erschwert, die nicht mit dem digitalen System übereinstimmten. So erarbeiteten die beiden Pullacher Verbesserungsvorschläge und integrierten über 2000 Patientenakten. Es gelang ihnen, ein System zu entwickeln, mit dem der Betrieb künftig online arbeiten kann. Diese Aufgabe hätte das Personal des Krankenhauses im Alltag nicht stemmen können, so Salfer.

Seine Erfahrungen in Gros Morne hätten ihn verändert, findet er. "Seit ich wieder hier bin, nehme ich einiges in Pullach mit anderem Blick war. Ich schätze gewisse Dinge mehr, die vorher selbstverständlich waren. Eine warme Dusche oder Pünktlichkeit." Inzwischen haben die beiden jungen Männer in der Heilig-Geist-Kirche einen Vortrag über ihre Erfahrungen gehalten. "Wir haben eine starke Verbindung zu Haiti und den Menschen in Gros Morne entwickelt", sagt Salfer. Sie überlegen nun, wie es gelingen könnte, diesen Freiwilligendienst zu einer Institution zu machen, "damit jedes Jahr Jugendliche aus Pullach dort hinreisen".

© SZ vom 07.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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