Pullach:Clowneske Fantasien und Moskauer Hunde

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Schaut man mit den Augen eines Clowns auf die Welt, ändert sich auch das Bild des Alters. Das Theater an der Ruhr will dies in Pullach zeigen. (Foto: J. Schmitz)

Von tragikomischem Theater bis bissigem Kabarett bietet die neue Kulturspielzeit in Pullach wieder viel Hochkarätiges

Von Udo Watter, Pullach

Als Anrede hat "Alter" in den vergangenen Jahren eine erstaunliche Popularität gewonnen. Selbst junge Mädchen begrüßen sich in unseren Breitengraden gerne mit "Hey Oida, was geht?". Das "Alter" an sich sieht dagegen, was seine Popularität angeht, - nun ja - alt aus. Früher mit Würde, Erfahrung oder sogar mit Weisheit gleichgesetzt, ist es in unserer westlichen Selfie-Fotoshop-Hochglanz-Gesellschaft eher so etwas wie ein Makel geworden, eine Deformation, die für Beschränkungen physischer und geistiger Natur steht.

Der Regisseur Roberto Ciulli und der Komponist Matthias Flake haben sich dem Thema in ihrem Stück "Clowns 2 ½" ganz anders genähert. Es ist eine szenisch-musikalische Fantasie, die in einem Altersheim spielt, aber die Regeln dieser Verwahrungsanstalt werden von den Insassen anarchisch unterminiert: eine Auseinandersetzung mit den Problemen des Alterns, die humorvoll mit den Augen der Clowns auf diese Realität schaut, tragikomisch und nachdenkenswert. "Ein sehr aktuelles Stück, welches das Thema Alter auf ein andere Ebene hebt", sagt Hannah Stegmayer, die Leiterin des Pullacher Bürgerhauses.

"Clowns 2 ½" ist dort in der neuen Spielzeit zu sehen, zusammen mit dem Nachfolgestück Ciullis "Clowns im Sturm" - an einem einzigen langen Theaterabend. Hier geht es darum, wie die gealterten Clowns auf neue Entwicklungen in der Gesellschaft reagieren, in der Flüchtlinge sowie die Angst vor dem Islam und vor Anschlägen die Menschen bewegen. Die beiden Inszenierungen des Theaters an der Ruhr sind am 5. Juni zu sehen.

Der Abo-Verkauf für die neue Saison startet am kommenden Dienstag, 22. Januar, im Kulturamt im Bürgerhaus um 10 Uhr (und im Internet) und dauert bis Dienstag, 5. Februar. Wie immer gibt es je vier Veranstaltungen in den Bereichen Theater, Kabarett, Klassik und Jazz. "Wir haben ja ein vergleichsweise schlankes Programm", sagt Stegmayer. Das freilich Hochkarätiges bietet. Neben der clownesken Doppelvorstellung im Juni gibt es drei weitere Theater-Produktionen: das Stück "Frau Emma kämpft im Hinterland" (21. März) der 1899 geborenen Dramatikerin Ilse Lange, die Metropol-Theater-Inszenierung "Schuld und Schein (7. Mai), ein kabarettistisch angehauchtes Stück über das Finanzsystem, und den Auftritt des Neuen Globe Theaters am 2. April, das Shakespeares "Wie es euch gefällt" zeigt - ein Werk, in dem alle Männerrollen von Frauen und umgekehrt gespielt werden, quasi ein liebestolles, metrosexuelles Vexierspiel, das auch die Frage von Identität und Geschlecht thematisiert. "Jede Frage, die uns jetzt berührt, wurde früher auch schon gestellt", sagt Stegmayer, "bei Shakespeare sowieso."

Um gesellschaftlich relevante Fragen geht es auch bei den vier Kabarettisten, die in der neuen Saison nach Pullach kommen. Max Uthoff präsentiert sein aktuelles Programm "Moskauer Hunde", der Wiener Severin Groebner unternimmt es in "Der Abendgang des Unterlandes", dem Publikum "apokalyptische Stimmungsaufheller" zu kredenzen, wozu er schon allein durch die Gnade seiner Geburtsstadt prädestiniert sein dürfte. Arnulf Rating ist als Politkabarettist eine Größe der Szene, HG Butzko ist auch schon 20 Jahre auf der Bühne und schaut in "Echt jetzt?" humorvoll dem kleinen Mann aufs Maul.

Die Protagonisten in der Klassik-Sparte sind ebenfalls namhaft und vielfach prämiert. Unter anderem gastiert das Jerusalem Quartet am 14. März in Pullach. "Renommierte Streichquartette sind ein fester Bestandteil unseres Programms", sagt Stegmayer, "ich möchte, dass unser Publikum viele verschiedene Ensembles hört und die Unterschiede der Klangkultur und der Herangehensweise wahrnimmt." Sie freut sich auch auf den Auftritt des Pianisten Alexander Krichel am 25. Juni, der 2013 mit dem Echo-Klassik als "Nachwuchskünstler des Jahres" prämiert wurde. "Einer, der die Werke auch intellektuell begreift." Spannend dürfte zudem das Jazz-Konzert der Grupa Janke Randalu am 12. März sein: Der Pianist Kritjan Randalu und der Schlagzeuger Bodek Janke gelten als Musiker, die ihre Instrumente auf originelle klangliche Art zusammenbringen. Ein alter Bekannter beschließt am 27. Juni die Reihe "Jazz & More". Der in Neubiberg lebende Pianist Leonid Chizhik präsentiert "Tschaikowsky in Jazz". Der 72-Jährige beweist, das man auch in betagtem Alter noch flink mit den Fingern und im Geist sein kann.

Der Abo-Verkauf findet vom Dienstag, 22. Januar, bis 5. Februar im Bürgerhaus statt, online über www.buergerhaus-pullach.de.

© SZ vom 19.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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