Pullach:Auf Qualität abonniert

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Das Bürgerhaus in Pullach hat sich in 20 Jahren einen Namen als Hort hochklassiger Kultur gemacht. Das Isarhochufer zog dort schon früher die Menschen an, bis der Brand der Bürgerbräuterrassen eine Lücke riss

Von Melanie Artinger, Pullach

Lange Zeit klaffte nach dem Brand der Bürgerbräuterrassen im Jahr 1978 eine große Lücke im Pullacher Ortsbild. Heute bietet sich dort dem Besucher des Bürgerhauses eine herrliche Aussicht über das romantische Isartal, das an Szenen aus Webers "Freischütz" oder die mythischen Landschaften in Richard Wagners Musikdramen erinnert. Kein Wunder also, dass im Bürgerhaus Musik und Theater zu Hause sind - seit nunmehr 20 Jahren. Dabei zog von jeher der herrliche Ausblick über das Isartal Ausflügler und Pullacher gleichermaßen an.

Von den Tischen der Bürgerbräuterrassen aus ließ man den Blick in die Ferne schweifen, entlang des Flusslaufs, oder er blieb an einer der nahegelegenen Burgen hängen. Nach dem Brand der Traditionsgaststätte lag das Grundstück am Isarhang mehr als 18 Jahre lang brach. Erste Planungen für das Bürgerhaus begannen bereits in den Achtzigerjahren. Bücherei und Pullacher Vereine sollten dort ebenso eine Heimat finden wie Kunst und Kultur. Doch bis zur Realisierung des Projektes war es noch ein weiter Weg.

Ein anspruchsvolles Publikum will bedient werden: so wie mit dem Auftritt der in der Fachwelt gepriesenen Sopranistin Nuria Rial. (Foto: Angelika Bardehle)

Vielfach wurden Zweifel laut, ob sich direkt vor den Toren Münchens eine Kulturbühne durchsetzen könne. Dabei gab es in Pullach bereits eine renommierte Konzertreihe, die notgedrungen in improvisierten Spielstätten wie dem Rathaus oder Turnhallen stattfand. Rege Diskussionen wurden im Gemeinderat auch über die Architektur des zukünftigen kulturellen Mittelpunktes der Gemeinde geführt. Der außergewöhnliche Entwurf von Ekkehard Fahr sah ein Bauwerk mit drei freigespannten Holznetzkuppeln vor, das harmonisch in das Isarhochufer integriert war. Den Entwurf dominierten runde Formen. Auch der dreiecks-ovale Konzertsaal sollte diesem Prinzip folgen. Aus Kostengründen verwarf man diesen Gestaltungsvorschlag jedoch und entschied sich letztlich für den sachlichen Entwurf des Architekten Christoph Wortmann, den Glasfronten und klare Strukturen auszeichnen. Im April 1996 wurde dann der Musenhain schließlich eröffnet.

Seit 20 Jahren bereichern Konzerte, Theaterabende, Ballettaufführungen und Meisterwerke der Opernliteratur wie Don Giovanni oder La Bohème das kulturelle Leben der Isartalgemeinde. Gäste sind außer der Kammeroper München ausländische Ensembles und internationale Solisten. Kernstück des Bürgerhauses ist neben dem offenen Foyer ein großer Saal mit 430 Plätzen. Dort ist man ganz nah am Geschehen. Nur wenige Meter trennen den Zuschauer von der Bühne. Das garantiert ein intensives Erleben der Darbietung, weiß Hannah Stegmayer, Leiterin des Kulturamts Pullach: "Man erlebt die Schauspieler und Musiker wirklich hautnah." Dass Pullach heute über ein hochkarätiges Kulturangebot verfügt, ist nicht zuletzt dem ersten hauptamtlichen Kulturreferenten Wolfgang Buttmann zu verdanken. 14 Jahre lang zeichnete er für die Programmgestaltung verantwortlich. Unter seiner Ägide etablierten sich vier Abonnement-Reihen für Theater, Klassik, Kabarett und Jazz. Dieses Konzept baute Hannah Stegmayer, die das Haus 2010 übernahm, aus.

Besonders liegt der Literaturwissenschaftlerin die Kulturvermittlung am Herzen. Neu hinzugekommen ist deshalb ein Jugendabo. Eng arbeitet das Bürgerhaus eng mit Schulen zusammen und bietet offene Proben mit Fragestunden oder Gruppenarbeiten mit Theaterpädagogen an. Stegmayer legt Wert darauf, überregional bedeutende Künstler zu gewinnen. Dabei sieht sie die Nähe zum Publikum ebenfalls als Vorteil: die Künstler erfahren die Wertschätzung des Publikums unmittelbar. Im Vordergrund steht für Stegmayer dabei der Qualitätsanspruch. Denn eines ist ihr bewusst: "Wenn das Angebot hier nicht gut genug ist, besuchen die Pullacher stattdessen Veranstaltungen in München. Und wir haben hier ein interessiertes und sehr anspruchsvolles Publikum."

Also geht Stegmayer die Programmgestaltung konzeptuell an und wagt auch Experimente. So wie eine Reihe von Schubert-Streichquartetten oder einem Shakespeare-Marathon mit vier Königsdramen an einem Abend bietet die Bühne des Bürgerhauses auch zeitgenössisches Theater und Neue Musik. Den Festakt anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Bürgerhauses am Sonntag, 24. April, krönt ein Konzert des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks mit dem Cellisten David Geringas und dem Violinisten David Elias Moncado.

© SZ vom 12.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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