Porträt:Ein Mann für knifflige Aufgaben

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Klinikgeschäftsführer am Isar-Amper-Klinikum Franz Podechtl will die Klinik gestalten - in vielerlei Hinsicht. (Foto: Claus Schunk)

Franz Podechtl hat einen langen Anlauf genommen, um Chef des Isar-Amper-Klinikums in Haar zu werden. Aber seine Lehre und die Zeit als Rettungssanitäter erleichtern ihm heute, seine Ziele zu verfolgen

Von Bernhard Lohr, Haar

Franz Podechtl war ein junger BRKler. Er fuhr im Oberland fürs Rote Kreuz im Rettungsdienst. Und irgendwann Anfang der Achtzigerjahre hatte er einen Patienten an Bord, der ins damalige Bezirkskrankenhaus nach Haar zu bringen war. Es war damals so wie heute eine große Klinik und mit seinen vielen übers weite Areal in Eglfing verteilten Pavillons vielleicht sogar noch etwas unübersichtlicher. "Ich wusste gar nicht, wo ich mich hinwenden sollte", erinnert sich Podechtl an die erste Begegnung mit der Klinik, die er heute als Geschäftsführer leitet. Damals deutete nichts darauf hin, dass der heute 52-Jährige einst im weitläufigen Chefzimmer im Hauptgebäude direkt an der Einfahrt zum Klinikareal sitzen würde.

Das Büro und der Konferenztisch korrespondieren mit der Größe der Aufgabe, die Podechtl dort im Mai vergangenen Jahres erst kommissarisch übernommen hat, um dann Anfang 2018 offiziell das Ruder in einer der größten psychiatrischen Fachkliniken der Republik zu übernehmen. 3500 Mitarbeiter zählt das Isar-Amper-Klinikum, das mit Dependancen bis Taufkirchen an der Vils, München und Fürstenfeldbruck die Versorgung von Psychiatriepatienten in der Region sichert. 1200 Betten hat man alleine in der Zentrale in Haar-Eglfing. Es ist ein Haus, das sich seit Jahren im Umbruch befindet und stetig neu erfindet. Regionalisierung ist ein Stichwort. Es gilt Antworten zu finden auf wachsende Patientenzahlen, auf neue Therapieformen und nebenbei die von Vorurteilen bis heute begleitete Psychiatrie als klinische Disziplin neu aufzustellen.

Das alles geht der Mann, der einen stets mit einem Lächeln und demonstrativer Offenheit begegnet, offenbar mit Leichtigkeit an. "Die Einrichtung erschlägt einen durch Masse und durch Vielfalt", sagt er zwar im Gespräch in seinem Büro. Doch niedergedrückt von Amt und Verantwortung wirkt er nicht. Im Gegenteil. Er wolle das Haus prägen und Akzente setzen, sagt er. "Wachstum ist kein Ziel, Wachstum ist kein Wert", sagt Podechtl. Er wolle noch stärker als bisher mit Hilfe optimierter Organisationsabläufe maßgeschneiderte Behandlungsmethoden anbieten. Die Klinik soll nicht an Betten wachsen. Er wünscht sich Größe in anderer Hinsicht: einen "Leuchtturm" in der Kliniklandschaft.

Beim Erreichen solch hoch gesetzter Ziele hilft Podechtl seine bodenständige Art. Er wuchs in Mittenwald auf, besuchte die Hauptschule, machte eine Kfz-Lehre und ging zum Jugendrotkreuz. Auf dem zweiten Bildungsweg studierte er Medizintechnik und jobbte als BRK-Rettungssanitäter. Der zweite, entscheidende Kontakt zur Klinik in Haar kam 2005 zustande, als Podechtl als Berater einer externen Firma helfen sollte, die Klinik nach dem Verkauf der Hälfte ihres Areals neu aufzustellen. Dabei entdeckten Martin Spuckti und Margitta Borrmann-Hassenbach sein Organisationstalent. Heute bilden sie eine Art Dreigestirn der Kliniken des Bezirks.

Die Verantwortlichen setzten ihn ein, wo knifflige Aufgaben zu lösen waren. Podechtl wurde Instandhaltungskoordinator in der Abteilung Bau und Technik. Für den Anfang 2007 gegründeten Verbund der Kliniken des Bezirks (KBO) leitete er zunächst den Bereich Bau und Facility Management, seit 2008 den Vorstandsbereich Infrastruktur, Technik und Dienstleistungen sowie interimsweise den Vorstandsbereich Personal und Finanzen. 2008 übernahm er die Geschäftsführung der KBO-Service GmbH und 2014 die der IT des Bezirks Oberbayern GmbH. Beides gehört heute noch zum Aufgabenbereich des Klinikchefs mit Büro in Haar. Das operative Geschäft bei der Service- und bei der IT-GmbH hätten aber andere inne, sagt er, wie nebenbei.

Podechtl ist ein Machertyp, aber keiner der anschiebt ohne Ende. Dafür hat er als Kfz-Mechaniker, Organisator in vielen Bereichen und auch als Familienvater zu oft erlebt, was dranhängt, damit etwas läuft. Eine soziale Ader gehört für Podechtl dazu. Er lebt heute in Dietramszell mit Familie und fünf Kindern. Als dort die Bürgermeisterin die Familie fragte, ob sie für sechs Flüchtlinge am Ort Patenschaften übernehmen würde, sagte die sofort zu. An der Spitze des Isar-Amper-Klinikums versteht sich Podechtl als jemanden, der die Menschen und ihre Bedürfnisse erkennt, seien es Patienten oder Mitarbeiter. Er wolle anderen den Weg ebnen, sagt er. Das fängt bei der IT an, geht über die Ausstattung von Gebäuden bis zu Abläufen im Betrieb. Dabei agiert er frei von Allüren. Auch die Putzfrau und der Hausmeister müssten ihre Arbeit machen können, sagt er.

Dabei ist Podechtl immer Pragmatiker. Er will ambulante und teilstationäre Dienste noch stärker ausbauen. Er setzt auf die seit zwei Jahren rechtlich etablierte stationsäquivalente Versorgung, bei der Klinikpersonal Patienten zu Hause therapiert. Auch wichtige Detailfragen will Podechtl lösen, wie ein gutes Entlassmanagement, damit Patienten nicht nach der Klinik ins Leere fallen. Und er will die Klinik in Haar als Ort prägen, von dem Impulse in Forschung, Lehre und neue Behandlungsmethoden ausgeht. Wenn es dieser Sache dient, dann ist er auch bereit, die Zentrale in Haar-Eglfing wieder zu stärken. So soll in diesem Jahr dort wieder eine Suchtklinik eingerichtet werden - als eine Art Leuchtturm sozusagen. Er sagt, die Zersplitterung der Kliniklandschaft sei die falsche Antwort auf die Herausforderungen auf diesem Gebiet gewesen. "Ich will gestalten", sagt Podechtl.

© SZ vom 05.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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