Ottobrunn:Wenn der Nachbar mähen lässt

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In Ottobrunn wird mittags die Ruhezeit eingehalten - in Unterhaching ist es komplizierter

Von Martin Mühlfenzl, Ottobrunn

Man soll Kinder ja nicht in ihrem Eifer und Ehrgeiz bremsen. Wenn etwa der zehnjährige Nachbarsbub entgegen seiner bisherigen Ambitionen plötzlich doch meint, er müsse auf dem ungestimmten Klavier seine Tonleitern einüben. Rauf und runter, runter und rauf - und das am besten noch zur Mittagszeit, wenn auf der Terrasse unter dem Sonnenschutz das Mittagessen serviert wird.

Zum Glück aber hat der Gesetzgeber mitgedacht und, um solchen Horrorszenarien vorzubeugen, die sogenannten Lärmschutzverordnungen erlassen. Die verhindern nämlich, dass etwa nervtötende Fingerübungen noch vollkommen Ungeübter den Speisenden zur Unzeit - also meist zwischen 12 und 14 Uhr - bei der Nahrungsaufnahme beeinträchtigen.

Der Gesetzgeber hat sehr zum Leidwesen Lärmempfindlicher den Kommunen aber auch einige Freiheiten bei der Ausgestaltung der Lärmschutzverordnungen gelassen. Diesen Spielraum haben etwa die Unterhachinger Gemeinderäte nach einigen sehr unübersichtlichen Diskussionsrunden genutzt und beim Thema Rasenmähen ein sehr fragwürdiges Zeichen gesetzt: So ist es in der Gemeinde mittlerweile verboten, während der Mittagszeit - richtig: zwischen 12 und 14 Uhr - den mit Benzin betriebenen Rasenmäher anzuschmeißen und das eigene Gras auf die perfekte Wimbledon-Länge zu trimmen. Als Privatperson. Beauftragt eben genannte Privatperson allerdings eine Firma damit, das Grün zu stutzen, greift in Unterhaching die Lärmschutzverordnung nicht mehr. So dürfen also gewerbliche Rasenmäher wie auch Mitarbeiter des Bauhofs und Hausmeister zur eigentlichen Mittagsruhe mähen, wie sie wollen.

Das Rattern der Benzinmotoren war offenbar bis zu den Nachbarn nach Ottobrunn zu hören, wo im Gemeinderat ebenfalls über eine Neuauflage der eigenen Lärmschutzverordnung diskutiert wurde. Und die Gemeinderäte dürften noch einmal etwas mehr Erleichterung verspürt haben als sonst, dass Ottobrunn seit 1955 kein Gemeindeteil mehr von Unterhaching ist - sondern eine Kommune, die selbst über die Einhaltung der Ruhephasen entscheiden kann.

"Dem Beispiel der Nachbarn wollten wir nicht folgen", sagt daher Ottobrunns Bürgermeister Thomas Loderer (CSU). Soll erstens heißen: Lärmschutz ist Lärmschutz. Und Rasenmäher eben Rasenmäher. Vollkommen egal, ober vom Bürger selbst oder einem von ihm beauftragten Dienstleister gesteuert wird. Der Gemeinderat entschied daher, dass in den gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten kein Unterschied gemacht wird, woher der Lärm kommt - und wer ihn verursacht.

Nur eines können auch die Ottobrunner nicht erreichen. Dass Bauarbeiten - etwa in Gewerbegebieten oder an Straßen und Schienen - ebenfalls zur Mittagszeit verboten werden. Deren Einsatz wird separat im sogenannten Bundes-Immissionsschutzgesetz geregelt. Dort steht zumindest, dass die Bürger zwischen 20 und 7 Uhr morgens besonders geschützt werden müssen. Das aber löst freilich das Problem rasenmähender und klavierspielender Nachbarn nicht. Manchmal aber hilft da aber das einfache Gespräch.

© SZ vom 25.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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