Ottobrunn:Testlauf für die Sicherheitswacht

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Unterwegs in Taufkirchen: Chrisanti Bassou von der Sicherheitswacht und Kontaktbeamter Josef Stoiber gehen auf Streife. (Foto: Claus Schunk)

Wie in Haar, Taufkirchen und Unterhaching werden auch in Ottobrunn Freiwillige auf Patrouille gehen. Zunächst für ein Jahr. Dann will der Gemeinderat erneut über das umstrittene Projekt entscheiden

Von Martin Mühlfenzl, Ottobrunn

Die Gemeinde Ottobrunn bekommt nach Haar, Taufkirchen und Unterhaching eine Sicherheitswacht. Oder wie Erika Aulenbach, Fraktionssprecherin der Bürgervereinigung Ottobrunn (BVO), im Gemeinderat sagte: "Wandelnde Notrufsäulen." Das klingt zwar ein wenig putzig, beschreibt aber nicht annähernd, was Gegner einer Sicherheitswacht wie SPD-Fraktionschefin Ruth Markwart-Kunas befürchten: Dass "hoheitliche Aufgaben" an Bürger übertragen werden.

Selbst die Befürworter aber näherten sich in der Sitzung dem Thema noch einmal mit Vorsicht an. Denn eigentlich hatten die Nachbargemeinden Ottobrunn und Neubiberg geplant, gemeinsam eine aus Freiwilligen bestehende Sicherheitswacht aufzubauen, und dies auch in den jeweiligen Beschlussvorlagen so niedergeschrieben. Doch das Neubiberger Gremium hatte sich - angeführt von der CSU-Fraktion - vor drei Wochen gegen das Projekt gestimmt.

So blieb es Ottobrunns Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) vorbehalten, zwei Änderungen an der Beschlussvorlage vorzuschlagen: Einerseits den Zusatz "gemeinsam mit der Gemeinde Neubiberg" zu streichen, andererseits die Sicherheitswacht als Testlauf auf ein Jahr zu befristen. "Wir sammeln Erfahrungen. Und wenn die positiv sind, kann sich Neubiberg nach einem Jahr immer noch dranhängen", sagte Loderer - dessen Partei anders als in der Nachbargemeinde gemeinsam mit der BVO die treibende Kraft hinter dem Projekt ist und es letztlich auch durch den Gemeinderat brachte.

Allerdings schafften es Loderer und die CSU nicht, die bestehende Gefühlslage der Gegner in Reihen von SPD, Grünen, ÖDP und FDP zu beeinflussen. SPD-Fraktionschefin Markwart-Kunas sagte, es bestehe ein "fataler Zusammenhang mit der Flüchtlingsthematik": "Und das wird auch bei den Bürgern so aufgenommen." Ein Argument, das ihr CSU-Kollege Georg Weigert nicht ganz entkräften konnte: "Der Zeitpunkt ist sicher etwas unglücklich. Aber ein Zusammenhang besteht doch nicht. Wir als CSU glauben, dass die subjektive Sicherheit der Bürger gestärkt werden kann."

Letzteres ist freilich auch das Argument des Innenministeriums, das dem Aufbau einer Sicherheitswacht zustimmen muss. Auch der Chef der Polizeiinspektion 28 in Ottobrunn, Armin Ganserer, hatte bei den Gemeinderäten um Unterstützung geworben und versucht, Bedenken gegen uniformierte Bürger auf Streife auszuräumen: Es würden keine hoheitlichen Aufgaben der Polizei auf die Sicherheitswacht übertragen. Erika Aulenbach nahm diesen Hinweis auf und sagte, die Sicherheitswacht könne "kleine Probleme beheben und ist auch ein zusätzlicher Ansprechpartner für die Bürger".

Allerdings nur tagsüber. In den Wintermonaten wird die Wacht bis 18 Uhr unterwegs sein, sonst bis 20 Uhr. Und genau an diesem Punkt setzten die Gegner noch einmal an. "Tagsüber hat doch keiner Angst vor einem Überfall. Außerdem ist die Sicherheitslage objektiv so, dass es die Sicherheitswacht nicht braucht. Das sagt auch Herr Ganserer", sagte FDP-Gemeinderat Gerald Kunzmann; Doris Popp von den Grünen ergänzte: "Und auf Spielplätzen sind wehrhafte Mütter unterwegs." Was dann für die Sicherheitswacht noch bleibe? "Der Haidgraben", sagt Popp - also jene Straße im Ottobrunner Westen, wo direkt am kleinen Kathi-Weidner-Weg die Siedlung für bis zu 320 Flüchtlinge entstehen soll. In so einer Situation sei es fatal, sagte Markwart-Kunas, "hoheitliche Aufgaben", wie das Sicherstellen von Personen oder die Möglichkeit des Platzverweises, auf Bürger zu übertragen.

Ob sich die Befürchtungen der Gegner bestätigen werden, hängt auch davon ab, ob sich genügend Bewerber finden: Diese müssen mindestens 18 und dürfen höchsten 60 Jahre alt sein, in Ottobrunn oder der näheren Umgebung wohnen, eine abgeschlossene Schul- oder Berufsausbildung vorweisen können und im Schnitt 15 Stunden monatlich Dienst schieben. Bewerbungen sind auf der Homepage der Polizei möglich (www.polizei.bayern.de).

SPD-Gemeinderat Dieter Wax sagte, ihm wären "Sozialarbeiter" an dieser Stelle lieber: "Ich habe schon Bedenken, wer sich da alles melden wird." Da blieb Bürgermeister Loderer nur die Antwort: "Vielleicht möglichst viele Sozialarbeiter."

© SZ vom 29.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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