Wenn das Sparkonto wie in dieser Zeit kaum mehr Zinsen einbringt, ist es gut, sich mit Aktien auszukennen. Genau das lernen zurzeit 15 Elftklässler am Gymnasium Ottobrunn in einem praxisbezogenen Seminar, kurz: P-Seminar. "Börse hautnah" nennt es sich. Dass das Seminar angeboten wird, geht zu einem großen Teil auf Jonas Walter zurück, der selbst das Ottobrunner Gymnasium besuchte und mittlerweile Aufsichtsratsvorsitzender des studentischen Börsenvereins "Finance Network Ingolstadt" (FNI) ist. Lehrerin Franziska Merk, die das Seminar betreut, ist sehr angetan: "Es ist gut, dass die Schüler ihren ersten Kontakt mit der Börse haben, aber nichts passieren kann", sagt sie.
Nachdem der Ottobrunner Walter ein halbes Jahr in Ingolstadt Betriebswirtschaft studiert hatte - mittlerweile hat er einen Bachelor-Abschluss -, engagierte er sich mit anderen Studenten beim FNI, bald auch als Vorstand. Der Börsenverein entwickelte sich nach Walters Worten sehr gut, er selbst wurde schließlich auch Mitglied im Vorstand des Bundesverbands der Börsenvereine. In der Phase überlegte er, wie "wir das Thema Börse in Schulen anbringen können", sagt er. Denn im Unterricht komme es kaum vor. Er setzte sich mit Mitarbeitern im Bayerischen Kultusministerium zusammen, kooperierte mit dem Staatsinstitut für Bildungsforschung und Schulqualität München (ISB). "So kam es zur Idee des P-Seminars", sagt Walter. Er entwickelte das Konzept und stellte es an seiner alten Schule vor. Seit diesem Schuljahr läuft es dort.
Wenn man so will gibt Walter mit dem Seminar etwas an die Schüler weiter, was mit seinem Großvater begann. Denn bei ihm beobachtete er als Jugendlicher, wie er in Aktien investierte "nach dem Prinzip des value investing", also werteorientiertes Anlegen, und er unterhielt sich mit ihm darüber. Spätestens als er nach dem Abitur bei der Firma Apple arbeitete, dort Mitarbeiteraktien kaufte und einen "größeren Profit" machte, hatte ihn das Thema gepackt. Die Ottobrunner Schüler werden nun freilich keine realen Gewinne machen. Aber vielleicht legt das Seminar die Basis dafür. "Börse hautnah" bedeutet für sie in dieser ersten Phase, dass sie erst einmal Grundwissen zu Kapitalmarkt und Börse lernen. Da geht es um Dinge wie Anlegerphilosophie und Börsenpsychologie. "Zwei Lehrveranstaltungen halten wir, zwei Frau Merk", sagt Walter. Nicht nur der Inhalt dürfte spannend für die Schüler sein, sondern auch die Aufbereitung. "Es ist immer etwas Besonderes, wenn man einen externen Partner dabei hat", sagt Lehrerin Merk, die Wirtschaft und Recht sowie Mathe unterrichtet.
Besonders interessant dürfte die zweite Phase des Seminars sein. Denn da müssen die Schüler mit einem Musterportfolio fiktive Aktien handeln. "Es ist schon das Ziel, dass sie den Wert des Gesamtportfolios maximieren, das Hauptziel ist aber, dass sie lernen: Wie geht Handeln? Welche Vorkommnisse beeinflussen den Kurs?", sagt Walter. Ende März müssen die Schüler die jeweils zwei Entscheidungen präsentieren, bei denen sie am meisten Gewinn und am meisten Verlust gemacht haben. Sie sollen dann auch bewerten und reflektieren. Eine große, noch anspruchsvollere Präsentation vor einer Jury, erwartet die Schüler dann in einer dritten Phase des Seminars.
"Sie sollen kurz und prägnant ein Thema vorstellen lernen", sagt Walter. Als Highlight will das FNI den Schülern eine Fahrt zur Börse nach Frankfurt sponsern. Als gemeinnütziger Verein freut sich der Börsenverein stets über weitere Partner.
Interessenten für das Seminar gibt es auch schon fürs nächste Jahr. Es soll laut Walter an weiteren Schulen in Bayern stattfinden. Wie Lehrerin Merk sagt, auch wieder in Ottobrunn.