Ottobrunn:Privates aus aller Welt

Lesezeit: 2 min

Zeigt sich beim Ottobrunner Kulturstammtisch als so eloquenter wie humorvoller Gast: Axel Hacke. (Foto: Angelika Bardehle)

Axel Hacke plaudert über die Kunst des Kolumnenschreibens

Von Cathrin Schmiegel, Ottobrunn

Eine Kolumne sei uninspiriert und langweilig, die Meinung des Verfassers schlicht nichts wert. Der Schweizer Journalist Constantin Seibt ließ in seinem Blog "Deadline" für den Tagesanzeiger wahrlich kein gutes Haar an dieser journalistischen Darstellungsform. Und das obwohl Seibt jahrelang selbst mit Kolumnen sein Geld verdiente. Diese regelmäßigen Texte, so räumt er ein, verschafften ihm zumindest ein geregeltes Einkommen. Und so kommt Seibt in seinem Blog nicht umhin, eine Bauanleitung für das Verfassen der Kolumne anzufertigen. Auf die eigene Inspiration dürfe der Schreiber sich demnach nie verlassen, wenn der wöchentliche Auftrag nicht direkter Fahrschein in die Hölle sein solle. Und weiter: das Privatleben dürfe niemals Thema sein. Das langweilt den Leser nur. Soweit die Theorie. Axel Hacke statuiert mit seinen Arbeiten ein Exempel dagegen.

Am Mittwochabend war der freie Journalist zu Gast bei Ruth Eder, ebenfalls Journalistin, zur 64. Auflage des Ottobrunner Kulturstammtisches im "Ayinger". Es zeigte sich: Das Menscheln funktioniert dann doch sehr gut. Da sitzt Hacke nun in dem Wirtshaus - mit palisanderfarbenen Vertäfelungen an der Decke, vor ihm eine bodenständige Halbe Weißbier - und erzählt von seinem Leben als Buchautor und Kolumnist. Angefangen hat er einst - wie ironisch - mit der eigenen Inspirationslosigkeit. Ein Redakteur des SZ-Magazins bügelte all seine Ideen ab, nur eine nicht: den Vorschlag über eine Kolumne über Hackes Privatleben. Auch das ist - beachte man Seibts Ausführungen - überaus ironisch. "Ich habe das damals in all meiner Verzweiflung ganz spontan vorgeschlagen", sagt Hacke auf Eders Frage. Die Leser danken ihm diesen Einblick in Intimes mit regelmäßiger Lektüre. Langweilig war daran demnach nichts.

25 Jahre sind seitdem vergangen, Hacke beliefert das SZ-Magazin noch immer mit seinen Kolumnen. Sie steht als sanfter Abschied für die Leser wöchentlich auf der letzten Seite des Heftes geschrieben. Das Thema ist mittlerweile ein anderes als sein Kühlschrank namens Bosch und sein Sohn, der tatsächlich gar nicht Luis heißt. "Das Beste aus aller Welt" nennt sich die Kolumne heute. Die Themen sind skurriler, beschäftigen sich mit Rechtschreib-Fanatikern, die Graffiti korrigieren oder dem letzten männlichen Nashorn seiner Art, das sich partout nicht fortpflanzen möchte. Der persönliche Bezug aber bleibt. "Man muss sich plötzlich menschlich in ein Nashorn einfühlen", sagt Hacke über die Schwierigkeiten des Berufs, mit sonorem Lachen.

Hacke verhaspelt sich an diesem Abend nicht, das ist wohl grundsätzlich so. Derzeit ist er mit dem "Kolumnistischen Manifest - Das Beste aus 1001 Kolumnen" auf Buchtour durch die Republik. Hacke, 59 Jahre alt und silberhaarig, trägt sie unaufgeregt vor, auch bei diesem Kulturstammtisch in Ottobrunn. Höllenqualen, die Seibt Kolumnisten prophezeite, blieben bislang aus, auch wenn seine Lesereise bisweilen strapaziös war. Sie brachte ihn in die unterschiedlichsten Lokalitäten, ein Abend führte ihn nur fast in ein Zelt mit Menschenmassen. Wegen Gewitterwarnung wurde die Veranstaltung verlegt. "Es stört beim Lesen, wenn ständig Blitzopfer aus dem Zelt getragen werden", sagt Hacke sehr trocken. Das Publikum, vorwiegend in seinem Alter, aber hat vor Lachen Tränen in den Augen. Hacke sonnt sich in dieser Aufmerksamkeit. Das wirkt nicht unsympathisch, im Gegenteil. Dennoch räumt Hacke ein: "Ohne Eitelkeit kommt man im Journalismus nicht weit."

Er hat noch eine weitere Weisheit über den beruflichen Erfolg dabei, Constantin Seibt und er sind diesmal einer Meinung: "Ein Kolumnist braucht eine Haltung dem Leben gegenüber", sagte Hacke, "sonst sind seine Texte uninteressant". Und weil es beim Stammtisch sowieso Tradition ist, verlangt Hacke keinen Eintritt, sondern sammelt Spenden. Für seine Stiftung Lichtblicke, die sich für schwer- und krebskranke Kinder und deren Eltern engagiert.

© SZ vom 11.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: