Ottobrunn:Mit halber Kraft

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Fordert weitere Einsparungen: der Ottobrunner Bürgermeister und CSU-Kreisrat Thomas Loderer. (Foto: Claus Schunk)

In der Kommune ersetzt der Hauptausschuss den Gemeinderat

Von Martin Mühlfenzl, Ottobrunn

Pünktlich nach einer halben Stunde ertönt am Mittwochabend das Warnsignal im Festsaal des Ottobrunner Wolf-Ferrari-Hauses - die CO₂-Ampel signalisiert unmissverständlich, dass gelüftet werden muss. Dieses Prozedere ist mittlerweile bei Stadt- oder Gemeinderatssitzungen Standard, Lüften gehört zu den einfachen Grundlagen, um Menschen vor Ansteckungen mit dem Coronavirus zu schützen. Der Ottobrunner Gemeinderat, der am Mittwoch noch einmal in voller Stärke getagt hat, geht inmitten der Pandemie aber noch einen Schritt weiter.

Zunächst für den Januar werden die Kompetenzen des Gemeinderates auf den deutlich kleineren Hauptausschuss übertragen; somit tagt am 27. Januar ein "verkleinertes Abbild" des Gemeinderates. Im Gemeinderat sitzen 30 Mitglieder plus Bürgermeister, im Hauptausschuss sind es 14, den Rathauschef eingeschlossen. Durch die Reduzierung sollen die Kontakte und somit auch das Infektionsrisiko deutlich minimiert werden. Dies ist im Falle des ausgerufenen Katastrophenfalls wie derzeit nach der Gemeindeordnung möglich.

Der Ottobrunner Gemeinderat hat zudem beschlossen, diese Regelung über den Katastrophenfall hinaus auszuweiten und die eigene Geschäftsordnung entsprechend geändert. Die aktuelle Entwicklung rund um die Corona-Pandemie zeige, dass auch andere Situationen auftreten könnten, die es etwa notwendig machten, gesundheitliche Gefahren von Gemeinderatsmitgliedern abzuwenden, sagte Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) am Mittwochabend. Es gehe darum, auch außerhalb des Katastrophenfalls "pragmatische Lösungen" zu finden, um die Handlungsfähigkeit des Gemeinderates im kleineren Kreis aufrecht zu erhalten. Hauptamtsleiter Wolfgang Walter warb ebenfalls für die Änderung: Es sei sinnvoll, jetzt ein neues Szenario zu entwerfen und nicht erst in einer Notsituation.

Kritik an dem Vorgehen kam aus der Fraktion der Grünen, die bemängelten, dass die Übertragung der Kompetenzen des Gemeinderats auf den Hauptausschuss für längstens ein halbes Jahr beschlossen werden könne. Zudem beklagte Gemeinderat Michael Senft wie auch seine Fraktionskollegin Tania Campbell, ihm sei die Formulierung zu schwammig und ungenau; er plädierte dafür, die Regelung jeweils monatsweise anzuwenden. Doris Popp ergänzte, sie verstehe nicht, warum es die Änderung überhaupt brauche. Der Gemeinderat könne für den Januar entscheiden und die Lage dann neu bewerten.

Befürchtungen, der Gemeinderat beschneide sich mit der deutlichen Reduzierung der Sitzungen in einer Notfallsituation seiner eigenen Rechte, trat Loderer entgegen. Es entscheide immer der Gemeinderat, wie lange die Regelung angewandt werde, dies könne etwa in einer Epidemie oder Pandemie auch per Umlaufbeschluss geschehen, also ohne physische Präsenz der Gemeinderäte. "Es werden keine Verfassungs- oder Grundrechte beschnitten."

Loderer und Hauptamtsleiter Walter stellten zudem klar, dass nicht alle Kompetenzen des Gemeinderats auf den Hauptausschuss übertragen werden könnten. Wenn es etwa um die Beschlussfassung über die Haushaltssatzung und den Etat gehe, könne nur der Gemeinderat als Ganzes entscheiden - und zwar zwingend in einer Präsenzsitzung. Sabine Athen (SPD) und Andrea Seeböck (CSU) sagten, sie befürchteten keine Einschränkungen, der Gemeinderat könne jederzeit über die neue Regelung befinden.

© SZ vom 18.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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