Ottobrunn:Heimat für alle

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Schon seit Jahren bei der VHS Südost beschäftigt: Christof Schulz. (Foto: Schunk)

Christof Schulz, neuer Chef der Volkshochschule Südost, möchte zur Offenheit gegenüber fremden Kulturen beitragen

Von Frederick Mersi, Ottobrunn

Der Sommer 2015 stellte für die Volkshochschule Südost im Landkreis München eine Zäsur dar: Geschäftsführer Karl Heinz Eisfeld verließ die Einrichtung, die er fast 20 Jahre lang geprägt hatte, in Richtung Ruhestand und wurde für seine Verdienste mit Lob und Anerkennung geradezu überhäuft. Ob Eisfeld für seinen Nachfolger große Fußstapfen hinterlassen hat? "Keine Frage", sagt Christof Schulz, der neue Geschäftsleiter der VHS. Doch er fügt an: "Für mich ist die Frage: Will ich versuchen, die Fußstapfen auszufüllen oder neue Spuren ziehen?"

Der gebürtige Münchner will sich auf Letzteres konzentrieren und gibt ein Ziel vor: "Wir wollen ein regionales Bildungszentrum werden." Die VHS Südost, seit 2012 als GmbH organisiert, ist schon jetzt im Bereich des Kursangebots nach der VHS München die zweitgrößte Volkshochschule in Oberbayern. 32 000 Teilnehmer besuchten im vergangenen Jahr regelmäßige Kurse und Einzelveranstaltungen. Erstmals wurden dabei auch sogenannte "Webinare" angeboten, bei denen sich die Teilnehmer per Videoübertragung in Vorträge an anderen Volkshochschulen einklinkten, Themen untereinander diskutierten und via Live-Chat mit dem Veranstaltungsort in Verbindung standen. Im neuen Programm mit mehr als 1300 Einzelangeboten sind erstmalig eigene Webinare vorgesehen, digitales Lernen soll auch langfristig ein Schwerpunkt werden.

Das Schwerpunktthema im Herbst und Winter lautet "Heimat", daher prangt auf den frisch eingetroffenen Werbeplakaten der Slogan "... und da samma dahoam", inklusive hochdeutscher Übersetzung. Auch die Verbundenheit mit den Trägergemeinden Ottobrunn, Neubiberg, Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Hohenbrunn und Putzbrunn soll damit zum Ausdruck gebracht werden. "Klar, besonders originell ist das nicht", gibt Schulz mit Verweis auf die ARD-Themenwoche unter demselben Schlagwort zu. Jedoch sei gerade vor dem aktuellen politischen Hintergrund diese Thematik von zentraler Bedeutung.

Für Schulz persönlich ist der Begriff Heimat mit der Region München verbunden: Geboren in München, verbrachte er seine Kindheit in Darching nahe Holzkirchen. Zum BWL-Studium ging es zunächst zurück in die Landeshauptstadt, doch seit 2006 ist der dreifache Familienvater offiziell ein Ottobrunner. "Der Ort ist erst 60 Jahre alt, hat aber mit seinen vielen ,Zuagroastn' eine bewegte Geschichte hinter sich", sagt Schulz und fügt hinzu: "Vielleicht fühle ich mich deswegen hier ganz wohl." Ottobrunn sei sehr offen gegenüber Neuankömmlingen und habe früh sehr hohe Zahlen an Flüchtlingen aufgenommen.

Doch nicht nur zur Offenheit gegenüber fremden Kulturen soll die Volkshochschule beitragen, auch bei der Integration von Flüchtlingen und Zuwanderern soll die Einrichtung entscheidend helfen. Im vergangenen Semester wurden bereits 70 Flüchtlinge beim Deutschlernen unterstützt, insgesamt nutzten 500 Teilnehmer das Deutschangebot der VHS. Schulz hofft, in Zukunft auch ehrenamtlich aktive Mitglieder der Helferkreise zu Deutschlehrern ausbilden zu können: "Der Bedarf wird ja immer größer." Sprachkurse, die einst das Angebot von Volkshochschulen dominierten, bilden jedoch nur noch etwas weniger als ein Drittel des Programms. Mit knapp 40 Prozent der regelmäßigen Veranstaltungen ist inzwischen der Bereich Gesundheit der wichtigste Zweig des Angebots. "Die Zeit zum Lernen wird immer knapper", sagt Schulz. "Die Leute fragen sich: Mache ich jetzt noch einen Italienischkurs oder lieber was für den Rücken?" Der Gesundheitsbereich wird vor allem von Frauen und älteren Menschen nachgefragt. "Wir müssen da noch ein bisschen mit unserem Image kämpfen", gibt der 39-jährige Schulz zu. Auf 85 bis 90 Prozent schätzt er den Frauenanteil in den betreffenden Kursen. "Daher werden wir in Zukunft schauen, dass auch Männer ein interessantes Angebot finden", sagt er.

Mit der "Jungen Volkshochschule" werden auch Kinder- und Jugendliche angesprochen. Bereits seit 2001 organisiert die VHS zudem den Ottobrunner Ferienpass. Über dieses Programm ist auch Schulz in die Volkshochschule eingestiegen, inzwischen ist er mit 14 Jahren Erfahrung im Haus ein echtes Urgestein. Damit konfrontiert zögert er kurz und stellt dann fest: "Das stimmt. Die Zeit ist wahnsinnig schnell vergangen." Im November 2014 übernahm er als stellvertretender Geschäftsführer die operative Leitung, sodass der Wechsel keine allzu große Herausforderung war. 2016 werde zwar "eine herausfordernde Übergangsphase", in der aufgrund von Elternzeit auch personelle Veränderungen anstünden, aber Schulz sagt selbstbewusst: "Ich kenne mich aus. Ich weiß, was ich tue."

© SZ vom 10.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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