Ottobrunn:Für Seele und Bauch

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Reif und jugendlich frisch zugleich: Die Sängerin Laura Kipp präsentierte sich in Ottobrunn als ausdrucksstarke neue Stimme des Jazzgesangs. (Foto: Claus Schunk)

Laura Kipp und Raphael Wressnig beim Ottobrunner Jazzfest

Von Oliver Hochkeppel, Ottobrunn

Warum ihr soeben erschienenes Debütalbum "Quiet Land" gerade in die Top Ten der Amazon-Charts eingestiegen ist und dort zum Beispiel Norah Jones überholt hat, demonstrierte die Sängerin Laura Kipp am Freitag beim "4. Jazzfest" der Ottobrunner Konzerte im Wolf-Ferrari-Haus. In ihrem schlicht Laura benannten Bandprojekt mit dem Bassisten Jens Loh, dem französischen Pianisten William Lecomte und dem Schlagzeuger Eckhard Stromer fügen sich viele Qualitäten zu einem runden Ganzen zusammen: Die eingängigen, aber nicht einfachen Kompositionen Lohs zwischen klassischem Swing und modernem Chanson, angereichert mit Soul- oder Latin-Elementen; die phänomenalen Soli des Jean-Luc-Ponty-Weggefährten Lecomte (der in eigener Sache beim "Klavier-Marathon" im Dezember wieder in Ottobrunn zu erleben sein wird); vor allem aber natürlich die glasklare und variable Stimme von Laura Kipp.

Die drang nicht nur wohlig ins Gemüt des Zuhörers, sie transportierte in den überwiegend selbst geschriebenen Texten auch authentisch ihre Erfahrungen zwischen schwäbischer Heimat, der Sozialisation im Jazz (unter anderem im Bundesjazzorchester) und dem Großstadt-Erwachen in Paris, wo sie ihr zweites Zuhause gefunden hat. Nicht zuletzt ging Kipp - wichtiges Merkmal einer guten Jazzsängerin - der Band stets voran - vom Ottobrunner Publikum begeistert aufgenommen.

Wenn der Jubel nicht so laut und enthusiastisch wie am nächsten Abend ausfiel, dann lag dies in der Natur der Sache beziehungsweise der Musik. Nach dem eher ruhigen, introvertierten Seelen-Jazz von Laura folgte am Samstag nämlich ein schon wegen des im Mittelpunkt stehenden Instruments explosives Sound-Gemisch. Die Hammond-Orgel ist nun einmal erdig, wabernd, "schmutzig" bis schrill und lässt jeden Jazz automatisch funky und groovy klingen. Der Österreicher Raphael Wressnig erwies sich in Ottobrunn als Ausnahmekönner seines raren Fachs, der zwischen den Hommond-Stil-Epizentren New Orleans, Los Angeles und New York, zwischen Jimmy Smith, Dr. Lonnie Smith und Joey DeFrancesco seinen eigenen Weg gefunden hat. Und der mit dem Gaststar Gisele Jackson - die schon eine der "Raelettes" von Ray Charles war und bei Bill Clintons Inauguration gesungen hat - eine umwerfende, perfekt zum Black-Music-Siebzigerjahre-Konzept passende Stimme an seiner Seite hatte.

© SZ vom 12.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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