Ottobrunn:Eine Idee, die Leben retten könnte

Lesezeit: 2 min

Die Sieger aus Ottobrunn: Dominik Lermer, Naomi Harman, Ralf Blöchinger, Philip Brinkmann, Marius Wunder, Julius Pizzoni (von links). (Foto: Angelika Bardehle)

Ottobrunner Gymnasiasten holen mit ihrem Alarmsystem für Kleinkinder den zweiten Platz beim Bundesentscheid des Wettbewerbs Business@school. Jetzt überlegen sie, ob sie ihr Produkt tatsächlich auf den Markt bringen

Von David Knapp, Ottobrunn

Wali wird englisch ausgesprochen. Schließlich ist Englisch immer noch die Handelssprache schlechthin und Produkte, die international Anschluss finden wollen, sollten auch für potenzielle Kunden in Amerika kein Zungenbrecher sein. Und auch wenn der Name lustig klingt, verbirgt sich dahinter ein Gerät, das im Ernstfall Leben retten soll. Das Akronym Wali steht für Water Alarm Indicator, und der besteht im Wesentlichen aus einem Kopfband, das Kleinkinder tragen sollen, und einem Empfänger, den die Aufsichtsperson mit sich führt. Gelangt der Kopf des Kindes unter Wasser schließt sich im Kopfband ein Stromkreis, ein akustisches Signal wird an den Empfänger gesendet. So sollen Kleinkinder vor dem Ertrinken gerettet werden.

Die Idee für das Produkt stammt nicht von einem großen Elektronikunternehmen, sondern von Ralf Blöchinger, Philip Brinkmann, Naomi Harman, Dominik Lermer, Julius Pizzoni und Marius Wunder. Die sechs sind alle 17 Jahre alt, besuchen gemeinsam das Gymnasium Ottobrunn und haben ein paar turbulente, aber durchaus erfolgreiche Wochen hinter sich. Denn mit Wali und dem dazugehörigen Business-Plan gewannen die Ottobrunner den zweiten Platz beim Deutschlandentscheid der Bildungsinitiative Business@school, die jährlich von der Unternehmensberatung The Boston Consulting Group organisiert wird.

Business@school wurde 1998 ins Leben gerufen, um jungen Menschen wirtschaftliche Begriffe und Zusammenhänge zu erklären. In Ottobrunn hat man die Initiative zum Anlass genommen, ein eigenes Oberstufenseminar anzubieten, in dem jedes Jahr 20 Schüler, in Gruppen aufgeteilt, Projekte erarbeiten. Weg vom Frontalunterricht, hinein ins selbstständige Arbeiten. Dabei bekommt jeder Schüler einen speziellen Aufgabenbereich: Marketing, Einkauf und Produktion, Vertrieb, Finanzen, Design und Entwicklung sowie die Gesamtkoordination, die bei der Wali-Gruppe Ralf Blöchinger übernahm.

Trotz der verschiedenen Abteilungen ist eine positive Gruppenatmosphäre das A und O für den Erfolg des Projektes: "Allen Teammitgliedern ist über die Zeit bewusst geworden, wie wichtig das Projekt ist. Da muss man schon als Team zusammenarbeiten", erklärt Naomi Harman. Am Anfang sei das gar nicht so einfach gewesen. Während andere Gruppen am Ottobrunner Gymnasium schon eine ausgefeilte Idee hatten, waren sich die sechs über ihr Produkt noch im Unklaren. "Da standen schon ein paar Ideen im Raum. Aber es kommt eben mehr dabei raus, wenn man sich ein paar Gedanken macht", erinnert sich Julius Pizzoni. Die zündende Idee hatte dann Marius Wunder, wobei Wali nicht bei allen sofort auf Gegenliebe stieß: "Es war schwierig, die anderen von der Machbarkeit zu überzeugen." Doch Wali war machbar.

Dass sie es so weit bringen würden, hätten sie dennoch nicht gedacht: "Den Schulentscheid zu schaffen, haben wir schon erwartet, aber darüber hinaus haben wir mit nichts gerechnet", sagt Pizzoni. Dass sie Schulsieger wurden und er den Regionalentscheid gewannen - Voraussetzungen für die Teilnahme am Deutschlandfinale - ließ die sechs nicht hochmütig werden. Im Gegenteil: "Das war eher ein Ansporn", beschreibt es Naomi Harman. Statt sich auf den Lorbeeren auszuruhen, versuchten die Ottobrunner ihre Präsentation noch ein wenig zu verbessern, noch ein bisschen mehr aus allem herauszukitzeln.

Letztlich waren es die Schüler, die von der Idee bis zum Prototypen engagiert arbeiten müssen. Aber ohne wirtschaftliches Grundwissen und einige Schlüsselkompetenzen hätten sie es nicht geschafft. Die vermittelte Ulrike Nesbeda. Nesbeda ist Lehrerin für Wirtschaft und Recht, Oberstufenkoordinatorin und betreut seit 13 Jahren Gruppen, die an Business@school teilnehmen möchten. In den vergangenen Jahren haben es fünf der Ottobrunner Teams bis ins Deutschlandfinale geschafft. Größter Erfolg: Der erste Platz 2007. Nesbeda ist von dem Konzept des Wettbewerbs überzeugt, weil es junge Menschen ermuntert, sich aktiv einzubringen: "Präsentieren, im Team arbeiten, selbstständig sein, nachdenken", das alles werde durch das Projekt gefördert. Und wie geht es jetzt mit Wali weiter? "Uns haben viele Leute angesprochen, dass wir Wali auf den Markt bringen sollen", sagt Ralf Blöchinger und Naomi Harman ergänzt: "Wir sind am Nachdenken, ob wir es machen." Im besten wie im schlimmsten Fall könnte Wali dann bald wirklich Leben retten.

© SZ vom 30.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: