Ottobrunn:Der Traum vom grünen Fliegen

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Jean Botti (vorne v.l.), Ludwig Spaenle, Wolfgang Herrmann, Merith Niehuss und Thomas Brück besichtigen das Technikum auf dem Ludwig-Bölkow-Campus. (Foto: Claus Schunk)

Im neuen Technikum auf dem Ludwig-Bölkow-Campus wird die Gewinnung von Biokerosin aus Algen erforscht. Bayerns Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle lobt bei der Eröffnung den "hochinnovativen Ansatz" der Einrichtung

Von Daniela Bode, Ottobrunn/Taufkirchen

Wie auf einem Fließband schiebt sich in dem einem riesigen Gewächshaus ähnelnden Gebäude eine grüne Flüssigkeit durch ein offenes Becken. Darüber hängen helle Leuchten, deren Dioden je nach Einstellung rot, blau, grün und weiß leuchten können. In dem neuen Algentechnikum der Technischen Universität München (TU) auf dem Ludwig-Bölkow-Campus in Ottobrunn und Taufkirchen sollen im Projekt "Algenflugkraft" effiziente Verfahren zur Produktion von Biokerosin und chemischen Wertstoffen aus Algen erforscht werden. Das weltweit einmalige Technikum, das die TU in Kooperation mit Airbus Group gebaut hat, ist am Dienstag im Beisein des bayerischen Wissenschaftsministers Ludwig Spaenle (CSU), des Technischen Vorstands der Airbus Group, ehemals EADS, Jean Botti, und des TU-Präsidenten Wolfgang Herrmann eröffnet worden.

Auch zahlreiche Politiker aus der Region sowie die Präsidentin der Bundeswehruniversität in Neubiberg, Merith Niehuss, ließen sich den offiziellen Start des zukunftsträchtigen Projekts auf dem Forschungscampus nicht entgehen, der zur internationalen Innovationsdrehschreibe für Wissenschaft und Wirtschaft werden soll.

Die Projektpartner zeigten sich sowohl von dem Projekt als auch von der insgesamt guten Zusammenarbeit beim Voranbringen des Ludwig-Bölkow-Campus begeistert. "Vor wenigen Jahren hätte ich nicht gedacht, dass man mit Algen etwas anderes tun kann als sich darüber zu ärgern", sagte TU-Präsident Herrmann. Jetzt gebe es eine Anwendungsmöglichkeit "dass in einzigartiger Weise weltweit Algen systematisch gezogen werden, unter reproduzierbaren Bedingungen, in einem offenen System", lobte er. Herrmann bedankte sich beim Freistaat, vertreten durch Minister Spaenle. Denn gemeinsam mit der Airbus Group hat das bayerische Wissenschaftsministerium die Kosten in Höhe von etwas mehr als zehn Millionen Euro für das rund 1500 Quadratmeter große Gebäude aus hochtransparentem Spezialglas mit drei Hallen zur Kultivierung von Algen übernommen.

Das Einzigartige an dem neuen Technikum ist: Dank des Spezialglases kann das Sonnenlicht optimal genutzt werden. Zudem besitzt das Gebäude eine ausgefeilte Klimatisierung und eine neu entwickelte sogenannte Vollspektrum-LED-Beleuchtung. So können die Forscher rund um Professor Thomas Brück, Leiter des Fachgebiets Industrielle Biotechnologie der TU, die Licht- und Klimabedingungen jedes Ortes auf der Welt simulieren. Derzeit arbeiten die Wissenschaftler mit heimischen Mikroalgen aus Greifswald. Dabei ist ein Vorteil von Algen: "Sie wachsen auch in Salzwasser und brauchen keinen fruchtbaren Boden", sagt der wissenschaftliche Leiter des Technikums Brück. Zudem wüchsen sie zehnmal schneller als Landpflanzen. Von den zirka 150 000 Algenarten haben es bisher nur rund zehn zu einer kommerziellen Nutzung gebracht. Das wollen die Forscher ändern. Dass Flüge mit reinem Algentreibstoff machbar sind, haben Ingenieure der Airbus Group bereits 2010 nachgewiesen.

Wissenschaftsminister Spaenle lobte den "hoch innovativen Ansatz" in der einmaligen Forschungseinrichtung, Ersatz für Treibstoffe zu schaffen, die bisher nur aus fossilen Energiequellen zu erzielen waren. Er betonte, dass das Technikum gleichzeitig eine "strategische Investition auch in den Wirtschaftsstandort Bayern" sei, "denn nur durch permanente Innovation können wir im weltweiten Wettbewerb bestehen". Wie Brück betonte, vereine das Projekt das Interesse der Partner, "die Luftfahrtindustrie in eine nachhaltige Zukunft zu führen". Durch die Förderung sei eine wegweisende Forschung möglich.

Forschung braucht Zeit. Dennoch ist klar, dass der Standort seinem Ziel, immer mehr internationale Innovationsdrehscheibe zu werden, ein Stück näher gerückt ist. Technischer Vorstand Botti bezeichnete die Investition in das neue Labor als "Ausdruck der großartigen Zusammenarbeit" von Freistaat, Wissenschaft und Industrie auf dem Ludwig-Bölkow-Campus.

© SZ vom 15.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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