Krippen-Geschäft:Das ganze Jahr Weihnachten

Lesezeit: 3 min

In Johanna Vordermaiers Geschäft hat Weihnachten immer Konjunktur. (Foto: Angelika Bardehle)

Vor mehr als 50 Jahren gründete Johanna Vordermaier mit ihrem Mann einen Spielwarenladen in Ottobrunn. Inzwischen hat sie sich auf Krippenfiguren spezialisiert - nur im Frühjahr wird das Sortiment um Ostereier erweitert.

Von Antonia Hofmann, Ottobrunn

Ein Mann hat sich auf der Theke abgestützt, er blickt durch einen dichten Vorhang aus Weihnachtsschmuck. In Händen hält er eine winzige rote Laterne samt Lampe, Stecker und Kabel. Präzise schildert der Mann sein Anliegen. Er sei schon mehrfach da gewesen, sagt Johanna Vordermaier. Ihr Laden für Krippen- und Heiligenfiguren in dem alten Haus an der Ottobrunner Straße lebe von den Stammkunden, sagt die 83-Jährige.

Dort, wo Kamele, Marias und Josefs in allen Größen und Variationen aus Regalen und Vitrinen blicken und kleine Holzschlitten und Sterne von der Decke baumeln, steht Vordermaier das ganze Jahr über hinter der Theke. Heute läuft ein Hund mit festlich roter Schleife um den Hals durch die Gänge. Mischling Molly gehört Vordermaiers Schwiegertochter Susanne. Wenn es auf Heiligabend zugeht, unterstützt sie ihre Schwiegermutter im Geschäft, dann gibt es viel zu tun. "Wir Weiber teilen uns das", sagt die Schwiegertochter. Der Laden "ist ein Familienbetrieb".

Richtig los geht es nach dem Oktoberfest

So richtig los gehe es aber schon nach dem Oktoberfest, sagt Johanna Vordermaier. Dann kommen die Leute und kaufen einzelne Figuren, anderes Zubehör, manchmal auch ein komplettes Haus. Fündig dürfte hier jeder werden. Die Preise für die kleinen Figuren fangen bei wenigen Euro an, nach oben geht es bis in den dreistelligen Bereich. Johanna Vordermaier zeigt ihre teuerste heilige Familie. Behutsam holt sie die kleinen Holzfiguren aus der Ecke einer großen Glasvitrine. Zusammen kosten sie über 300 Euro. Vordermaier streicht den Protagonisten über ihre Gewänder, sie tragen winzige Leinenkleider. Erst bei genauerem Hinsehen erkennt man die feine Schnitzarbeit.

1960 gründete das Ehepaar Vordermaier den Laden. "Wir haben mit Spielwaren und Modellbau angefangen", erzählt sie. Über die Zeit sind Kinder und Enkel groß geworden, "jetzt sind die Urenkel da". Übrig geblieben sind nach über 50 Jahren die Krippenfiguren. Leben könne man von denen aber nicht. "Ich müsste mehr Reklame machen", sagt Vordermaier. "Das kannst du dir nicht leisten." Das Problem ist die Konkurrenz, die großen Christkindlmärkte in der Stadt. Und auch Großmärkte wie Metro oder Depot gebe es heute auf dem Land. "Wir sind oft günstiger, auf keinen Fall teurer", betont sie. Vordermaiers Werbung bleibt der Ottobrunner Christkindlmarkt, wo Schwiegertochter Susanne ein Wochenende im Advent die Ware verkauft.

Ursprünglich kommt die Tradition der Weihnachtskrippe im deutschsprachigen Raum aus Österreich, Südtirol und dem Bayerischen Wald. Mittlerweile, sagt Vordermaier, würden aber auch die Sachsen und andere Ostdeutsche anfangen, Krippen aufzustellen. Einem Trend unterwerfen sich die Figuren ihrer Meinung nach nicht. "Weihnachten ändert sich nichts", sagt die 83-Jährige. "Engel bleiben Engel."

"Eine Krippe kaufst du nur einmal im Leben"

Stammkunden - wie der Mann mit dem Lämpchen - erhalten den Laden. Aber selbst die kämen irgendwann nicht mehr, sagt Vordermaier. Nach vier, fünf Jahren hätten sie alle Figuren zusammen. "Eine Krippe kaufst du nur einmal im Leben." Das tun laut Vordermaier allerdings keineswegs nur alte Leute. Wer mit dieser Tradition aufgewachsen sei, der lege sich auch später eine eigene Krippe zu - wenn man selbst eine Familie gründe und sesshaft werde. Eine Krippe aufzustellen, ist ein Ritual: Am ersten Advent das Haus, Ochse, Schafe und Hirte - vielleicht macht man "noch die Lichter an", erklärt Vordermaier. Später kommen die anderen Figuren dazu, am vierten Advent schließlich das Kind. Die meisten Menschen räumen ihre Krippe nach Heilige Drei Könige dann wieder weg. Wer aber einen christlichen Bezug habe, sagt Vordermaier, lasse sie bis Lichtmess stehen. Sie selbst hätte gerne eine orientalische Krippe mit Palmen, zu Hause steht bei ihr aber die bayerische Variante. "Mein Mann hat sich durchgesetzt."

Schon von außen wird die Liebe zum Detail, die man bei den Vordermaiers pflegt, recht deutlich: Die Schaufenster zeigen glitzernde und bunt geschmückte Weihnachtswelten im Miniaturformat. Manchmal dekoriert Vordermaier einen Tag an einer Auslage herum. Die Arbeit im Laden: "Das musst du selber gern machen", sagt sie, "das ist dann wie deins, wie meine Puppenstube." Da Vordermaier im Haus wohnt, kann sie meist auch im Frühling und Sommer im Geschäft stehen.

Im Frühjahr herrscht Flaute

Dann gesellen sich zu den Krippentieren auch einige Ostereier. Während dieser Zeit gebe es "aber kein rechtes Geschäft mehr", sagt sie. Die Leute würden zu Ostern heute wegfahren. Im Juni, Juli und August ist dann tote Hose im Ottobrunner Weihnachtsladen. Und bei allergrößter Hitze, sagt Vordermaier, habe auch sie manchmal wenig Lust. Das Jahr über fährt sie zudem auf Messen und kauft neue Ware ein. Wenn die dann im Herbst komme, "weißt du schon gar nicht mehr, was du bestellt hast."

Ans Aufhören will Vordermaier trotz ihrer 83 Jahre noch nicht so recht denken. Mittlerweile habe sie schon viel reduziert. Aber im Laden wolle sie stehen, "so lange es geht".

© SZ vom 14.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Christkindlmarkt
:Kamele wie im Märchen

Mit seinen Kamelen ist Konstantin Klages eine Attraktion auf jedem Christkindlmarkt - etwa an diesem Wochenende in Aying. Die ruhigen und gutmütigen Tiere passen nach Ansicht ihres Besitzers im übrigen sehr gut nach Oberbayern.

Von Bernhard Lohr

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: