Ottobrunn:Alles, was sechs Saiten hergeben

Lesezeit: 1 min

Ein Auftakt nach Maß: Der künstlerische Leiter Johannes Tonio Kreusch eröffnet das Festival der Gitarre zusammen mit seiner Frau Doris Orsan an der Violine. (Foto: Claus Schunk)

Das Festival der Gitarre im Ottobrunner Wolf-Ferrari-Haus

Von Oliver Hochkeppel, Ottobrunn

Das verschwenderisch gebrauchte Attribut Festival ergab am Wochenende in Ottobrunn beim "3. Festival der Gitarre" bei den Ottobrunner Konzerten einen Sinn. Denn schon am Freitagabend bekam das offenkundig mit Gitarren-Afficionados von nah und fern durchsetzte Publikum von 20 Uhr bis weit nach Mitternacht alles geboten, was den besonderen Reiz des Instruments ausmacht. Feinheit, Finesse und tiefe Emotionalität schon beim Auftakt, den - Ehre, wem Ehre gebührt - der künstlerische Leiter Johannes Tonio Kreusch im Duo mit seiner Frau Doris Orsan an der Violine selbst bestritt: Als bewegender Spaziergang durch die Geschichte des Tangos, vom Piazzolla-Lehrer Anibal Troilo über Piazzollas eigene, bis in die Achtziger reichende "L'Histoire du Tango" bis zum modernen Tango von Maximo Diego Pujols dreiteiliger Suite "Tríptico porteño", die der berühmte Komponist eigens für dieses Duo geschrieben hat. Dann Wucht, kreativer Umgang mit Melodien und die stimmige Verbindung der Genres bei den Zwillingen Peter und Zoltan Katona, deren virtuoses Trommelfeuer von Albeniz und de Falla über markante eigene Kompositionen bis zu Freddie Mercurys Pop-Hymne "Bohemnian Rhapsody" reichte. Wahrscheinlich sind die beiden die einzigen, die technische Höchstschwierigkeiten im Stehen und Gehen spielen können.

Die reichen harmonischen und dynamischen Möglichkeiten auf den sechs Saiten demonstrierten anschließend Ulf und Eric Wakenius, sozusagen in der Jazzabteilung des Abends. Ob bei Standards wie Joe Zawinuls "Birdland" oder komplexen eigenen Stücke wie "Momento Magico", der Jazzstar und sein talentierter Sohn spielten sich mitreißend die Bälle zu, mit Zitaten bekannter Standards garniert und ausgiebig frei improvisierend.

Thomas Fellow und Constanze Friend schließlich legten mit seiner charakteristischen, oft perkussiv angeschlagenen Bassbegleitung auf den Power Strings und ihrer dunklen, eigenwillig phrasierenden Stimme die bluesige und soulige Kraft der Gitarrenmusik frei.

Alle Musiker, auch die Fingerstyle-Ikone Don Ross und der swingende Django-Reinhardt-Erbe Joscho Stephan, die am Samstag auftraten, gaben bis Sonntag ihre Geheimnisse an den folgenden beiden Tagen in Workshops für Gitarristen jeder Stufe, aber auch für alle Musikinteressierten preis. Wie es sich für ein anständiges Gitarrenfestival gehört.

© SZ vom 08.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: