Ortsgestaltung:Wider den Wildwuchs in der Kriegersiedlung

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Die Gemeinde Unterhaching hat jahrelang zugeschaut, wie kleine Häuschen durch massivere Bauten ersetzt werden. Nun will sie die Entwicklung steuern und zumindest genaue Vorgaben für die Nachverdichtung machen

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Ruhige Wohnstraßen, kleine Einfamilienhäuschen und viel Grün. An manchen Ecken der Unterhachinger Kriegersiedlung nördlich der Isartalstraße und westlich der Münchener Straße sowie der sich daran anschließenden Agfasiedlung lässt sich der Gartenstadtcharakter dieses Ortsteils nahe dem Perlacher Forst noch ausmachen. Doch an vielen Stellen sind die beschaulichen Gebäude längst massiver Bebauung gewichen. Die großzügigen Grünräume, die die Qualität des Gebiets eigentlich ausmachen, sind von der Straße aus teilweise gar nicht mehr wahrnehmbar.

Die Nachverdichtung, die von der Gemeinde seit den frühen Neunzigerjahren befürwortet wurde, um Wohnraum zu schaffen und eine sinnvollere Nutzung der Grundstücke für mehrere Generationen zu ermöglichen, hat in dem Gebiet eine solch rasante Entwicklung genommen, dass der Gemeinderat nun weitere Auswüchse stoppen will. Der Bauausschuss hat sich daher in seiner Sitzung am Dienstagabend für die Aufstellung eines so genannten qualifizierten Bebaungsplans ausgesprochen, der künftig ganz genau regeln soll, wie hier gebaut werden darf.

Ursprünglich hatte die Gemeinde lediglich ein bisschen an dem bestehenden "einfachen" Bebaungsplan herumschrauben wollen. Vor allem hatte man den Eigentümern erlauben wollen, untergeordnete Bauteile wie Hauseingangsüberdachungen und Terrassen zu errichten. Zu oft hatte man im Rathaus Befreiungsanträge auf den Tisch bekommen, weil eben solche Zusatzbauten eigentlich nicht zulässig sind. So wollte man einerseits großzügig sein, weil man einsieht, dass manch alter Bebaungsplan in Unterhaching eben nicht mehr zeitgemäß ist. Zugleich galt es irgendwie dafür zu sorgen, den Gartenstadtcharakter in dem Viertel zu erhalten und außerdem mit einer Änderung des Stellplatzschlüssels die vielen Autos von der Straße zu kriegen, die im Zuge der Nachverdichtung durch die neuen Anwohner dazugekommen sind und die Wohnstraßen oft komplett zuparken. Doch erwies sich dieses Ziel mit dem alten Bebauungsplan als äußerst kompliziert und eigentlich nicht erreichbar. Das Landratsamt hatte sich die Sache angesehen und den großen Wurf empfohlen. Die Sache war also klar: So wird das nichts.

Nun steht die Gemeinde vor der Entscheidung: Alles so lassen wie es ist und akzeptieren dass hier leider eine Fehlentwicklung stattgefunden hat. Oder aber die bauliche Entwicklung zumindest in Zukunft sinnvoll steuern, indem man den Bauherrn präzise Vorgaben macht. In einem qualifizierten Bebauungsplan müssen mindestens vier Punkte festgesetzt werden: die Art der baulichen Nutzung, das zulässige Maß, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen. "Bisher war es so, dass wir das eine oder andere zwar schlecht fanden, es aber trotzdem genehmigten", sagte Baumamtsleiter Stefan Lauszat. Er weiß aber auch: Wenn sich die Gemeinde für einen qualifizierten Bebauungsplan entscheidet - kommende Woche muss noch der Gemeinderat zustimmen - bedeutet dies "viel Kampf und viel Diskussion". Denn das Problem dabei sei, dass bestehendes Baurecht da sei. "Wir werden es nicht allen recht machen können", betonte auch Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD), es gehe hier um Bauleitplanung auf "hohem Niveau".

Vor allem wird die Ausarbeitung der neuen Regelungen viel Zeit in Anspruch nehmen. "Wir müssen die Sachen einzeln abklopfen", so der Bürgermeister. Eine Bestandsaufnahme liegt für dieses Gebiet allerdings bereits vor. "Da sind wir schon länger dran, Generationen von Praktikanten haben hier jedes einzelne Grundstück bearbeitet", sagte Baumamtsleiter Lauszat. Stimmt nun auch der Gemeinderat zu, muss sich die Verwaltung an einen Entwurf mit Festlegungen von Bauräumen, Grundflächenzahl, Geschossflächenzahl und Art der baulichen Nutzung setzten. Dazu müssten viele Einzelheiten besprochen werden, kündigte Bürgermeister Panzer an. "Wir werden aber sicher nicht festlegen, dass man alle 200 Meter einen Gartenzwerg aufstellen muss", versuchte Lauszat diejenigen zu beruhigen, die zu viele Vorschriften befürchten. Bis der neue Bebaungsplan steht, gilt eine Veränderungssperre für das Gebiet, "alle Bauanträge, die jetzt einlaufen, liegen erst einmal", sagte Lauszat.

© SZ vom 12.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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