Oberschleißheim:Gnadenfrist für das Wirtshaus zum Kreuzhof

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Das Wirtshaus zum Kreuzhof kann vorerst stehenbleiben. Doch wie es langfristig weitergeht, ist offen. (Foto: Stephan Rumpf)

Weil die Pläne für eine Tankstelle nicht vorankommen, kann die Oberschleißheimer Gaststätte vorerst geöffnet bleiben

Von Alexandra Vettori, Oberschleißheim

Liebhaber der bürgerlichen Küche und des alten Gehöfts an der Bundesstraße 13, das seit fast 18 Jahren Wirtshaus zum Kreuzhof heißt, können wieder einmal aufatmen: Jetzt wird der Oberschleißheimer Gasthof vorerst doch nicht abgerissen und muss einer Tankstelle weichen, sondern bleibt auf jeden Fall bis Ende des Jahres, vielleicht sogar darüber hinaus. "Wir bleiben", verkündet ein Banner an der Wand des Gasthofs die frohe Botschaft. Seit zwei Jahren dauert das Hü und Hott aus Schließungsankündigung, drohendem Abriss und Pachtverlängerung an, jetzt geht es in eine neue Runde. Sicher aber ist immer noch nichts, denn der Grund für die neuerliche Galgenfrist ist nicht etwa ein Meinungsumschwung des Besitzers, sondern vermutlich der niedrige Ölpreis, der dem französischen Mineralölkonzerns Total zu schaffen macht, dem aktuellen Pächter des Wirtshausgeländes.

Es ist bei kaum jemandem gut angekommen, als vor gut zwei Jahren die neuen Pläne für das Eckgrundstück am Kreuzhof bekannt wurden, dort, wo sich die Bundesstraße 13 und die Staatsstraße 2053 kreuzen. In früheren Jahrhunderten wechselten in dem Gutshof Postkutschen die Pferde, noch früher unterhielt der Kurfürst außerhalb des Schlosses Schleißheim Stallungen für seine Tiere, später wurde ein Wirtshaus aus dem Hauptgebäude.

Vor fast 18 Jahren hat es nach jahrelangem Leerstand das Wirtsehepaar Kurz übernommen und mit viel Engagement eine bei Geschäftsleuten, Handwerkern, Wochenend-Motorradfahrern, Radlern und Familien gleichermaßen beliebte Wirtschaft daraus gemacht, samt Biergarten unter Kastanien und Spielplatz, eine kleine Oase im Verkehrsgetriebe ringsum. Vor zwei Jahren kam dann der erste Schock, der Besitzer, ein Münchner Privatmann, hatte den alten Gutshof an Total verpachtet, Total verpachtete weiter an die Wirtsleute, allerdings nur befristet, bis zum Bau der Tankstelle. 6000 Unterschriften gegen den Abriss sammelten Freunde des Wirtshauses, und auch der Oberschleißheimer Gemeinderat stimmte erst gegen die Pläne, allerdings mit wenig Aussicht auf Erfolg. Schließlich befindet sich das Areal in einem Gewerbegebiet, entsprechend wenig Handhabe gibt es gegen eine Tankstelle. Es war denn auch der Baumschutz und ein zu breit gefächertes Warensortiment im Tankstellenshop, den die Gemeinderäte ins Feld führten. Als eine neue Planung den Erhalt der alten Kastanienbäume in einem Tankstellengärtlein vorsah, streckte der Oberschleißheimer Gemeinderat die Fahnen und stimmte im Sommer vergangenen Jahres dem Bebauungsplan zu.

Nun aber hat Total den Pachtvertrag mit dem Wirtsehepaar wieder verlängert, vorerst bis Ende des Jahres. Wie Wirtin Kurz, die ihren Vornamen wegen all des vergangenen Trubels nicht mehr in der Zeitung lesen möchte, sagt, liegt das an einem derzeitigen Investitionsstopp bei Total, der auch den Standort Kreuzhof betreffe. Immerhin gibt es bereits einige hundert Meter weiter, am Ortseingang von Unterschleißheim, eine Tankstelle. Total-Deutschland-Sprecher Burkhard Reuss dagegen bestätigt die Absicht, dort eine Tankstelle zu bauen. Allerdings sei "der Zeitplan für die Baumaßnahmen derzeit noch in Abstimmung" Weiter Angaben könne man nicht machen.

Allzu große Freude kommt bei den Wirtsleuten daher nicht auf. "Wir sind einfach zermürbt", sagt die Wirtin bitter. Dazu kommen die Umsatzrückgänge in den vergangenen zwei Jahren. "Wir haben zum Beispiel keine Hochzeiten oder Kommunionen mehr ausgerichtet, weil wir so langfristig nicht mehr planen konnten", erzählt sie. Auch für das 20-köpfige Team sei es eine schwere Zeit gewesen, auch wenn alle solidarisch geblieben seien. Obwohl das Wirtspaar in den vergangenen 16 Jahre viel Geld in Verschönerungen und notdürftige Reparaturen gesteckt hat, bräuchte das Wirtshaus dringend eine Sanierung. "Wir würden gerne sanieren und die Brauerei auch, aber der Besitzer will nicht", sagt Wirtin Kurz.

© SZ vom 20.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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