Oberschleißheim:Umstrittene Aktion

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Berthold Pelster, Referent für Öffentlichkeitsarbeit bei "Kirche in Not", kennt die Situation verfolgter Minderheiten weltweit. Sowohl die der Christen als der Muslime, etwa in Myanmar. (Foto: oh)

Eine Ausstellung in der Oberschleißheimer Pfarrkirche widmet sich verfolgten Christen in der Welt

Von Anna Reuß, Oberschleißheim

Gleichzeitig mit dem zehnten Dialoggespräch wird in der Pfarrkirche Oberschleißheim eine Ausstellung gezeigt, die über Christenverfolgung weltweit informiert. Wie verträgt sich das mit der Intention der Gesprächsreihe, Verständnis und Toleranz zwischen den Religionen zu fördern? Ein Zufall, sagen Peter Benthues und Pfarrer Ulrich Krampe zu der Terminüberschneidung. Umgesetzt und gedruckt wurden die Plakate und Banner von der Organisation "Kirche in Not".

Umstritten war eine Podiumsdiskussion der Stiftung Anfang 2015 beim "Treffpunkt Weltkirche" in Würzburg - einem von "Kirche in Not" veranstalteten Kongress. Christian Wölfel, Journalist bei der Katholischen Nachrichtenagentur (KNA) und dem Bayerischen Rundfunk, kritisierte, dass dort unter dem Motto "Gegen den Strom von Meinungsdiktatur und Political Correctness" ein "einseitig besetztes Podium" Thesen vertrat, die "nicht viel mit Meinungsfreiheit gemein" hätten. Widerspruch sei nicht geduldet worden. "Journalisten, die die teils kruden Thesen und das Wirken der Protagonisten hinterfragen, wird das Wort 'Christenverfolgung' entgegen geschleudert", wie der Journalist in einer Stellungnahme auf der Homepage der Gesellschaft Katholischer Publizisten Deutschlands zitiert wird.

Dem war eine Debatte vorangegangen, die von der Redaktionsleiterin der Zeitschrift Christ und Welt, Christiane Florin, angestoßen worden war, indem sie eine Anzeige von "Kirche in Not" abgelehnt hatte, in der der Begriff "Meinungsdiktatur" vorkam. Ihre Begründung: "Ein Blick ins Kongressprogramm zeigt: Gemeint sind nicht Diktaturen im politikwissenschaftlichen Sinne. Gemeint sind demokratische Staaten wie die Bundesrepublik." Berthold Pelster, Referent für Öffentlichkeitsarbeit bei "Kirche in Not", war am vergangenen Freitag zur Eröffnung der Ausstellung nach Oberschleißheim gekommen, um über Christenverfolgung zu reden. Auf den Begriff "Meinungsdiktatur" angesprochen, sagte er: "Wir meinen damit, dass es manchmal Tendenzen gibt, den Begriff ,islamophob' als Totschlagargument zu verwenden. Wir wollen uns aber nicht den Mund verbieten lassen."

Als er am vergangenen Freitagnachmittag gerade das erste von 13 Bannern aufgestellt hat, erzählt er von verfolgten Christen auf der ganzen Welt: in China, wo die Regierung sie gängelt, in Myanmar, wo sie vertrieben werden, und im Nahen Osten. Von einem regelrechten "Hass auf Christen" spricht Pelster im Zusammenhang mit dem IS. Seine Organisation möchte Christen vor Ort den Rücken stärken. "Vertreter von Kirche in Not fahren nach Ägypten oder Syrien und lassen sich von den Betroffenen ihr Schicksal schildern", sagt er. Außerdem gebe die Organisation Geld, um zerstörte Kirchen wieder aufzubauen.

Tatsächlich werden die gerechtfertigten Bemühungen von "Kirche in Not", auf die Situation der Christen - etwa in Ägypten oder im Irak - hinzuweisen, von rechten Kräften ausgenutzt, um gegen den Islam zu hetzen. Der Spiegel schrieb im selben Jahr über eine Studie der Heinrich-Böll-Stiftung, die zeigt, dass Populisten und fundamentalistische Christen gemeinsam gegen Islamisierung oder Homosexuelle und für ein traditionelles Familienbild kämpfen.

"Das ist natürlich immer gefährlich, wenn man den Islam kritisiert", sagt Pelster. "Argumente werden leicht von rechtspopulistischen Parteien aufgegriffen, die den Islam nur negativ darstellen." Pelster betont, dass es ihm selbst um eine differenzierte Sichtweise gehe. Es gebe durchaus muslimische Gelehrte, die die Gewalt gegen Christen scharf verurteilten, sagt er. "Kirche in Not" fördere den christlich-islamischen Dialog, zum Beispiel in Nigeria. Nicht immer gelinge es, Menschen mit vorgefassten Meinungen davon zu überzeugen, dass nicht der Islam an sich das Problem sei.

© SZ vom 09.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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