Oberschleißheim:Pflicht zu günstigen Mietwohnungen

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Neubaugebiete müssen künftig mindestens zu 30 Prozent sozialen Zwecken dienen

Von Klaus Bachhuber, Oberschleißheim

Bei der Ausweisung von Neubaugebieten will das Oberschleißheimer Rathaus künftig das Angebot bezahlbaren Wohnraums festschreiben. Mit einer Richtlinie zur Sozialen Bodennutzung (Sobon), abgeleitet vom Münchner Modell, werden künftig die Grundeigner verpflichtet, mindestens 30 Prozent des neu geschaffenen Wohnraums zu vergünstigten Konditionen auf den Markt zu bringen. Die ermäßigten Werte werden von der Gemeinde diktiert. Außerdem soll die Gemeinde alle für ein Baugebiet nötigen Infrastrukturflächen gratis erhalten.

Die Richtlinie stellt das bisher stark variierende Vorgehen der Gemeinde bei Baulandausweisungen auf eine transparente und rechtssichere Grundlage. Bei der anstehenden Widmung des sogenannten Kreuzackers zum Baugebiet wird sie wohl erstmals angewendet. Absicht sei, so heißt es im Vorspann des Papiers, "bezahlbaren Wohnraum für alle Bevölkerungsgruppen zu schaffen und damit eine nachhaltige Bevölkerungs-, Wirtschafts- und Sozialstruktur in der Gemeinde".

Die siebenseitige Richtlinie verpflichtet die Eigentümer von Grundstücken, die durch Baulandausweisung eine exorbitante Wertsteigerung erfahren, mit der Gemeinde Verträge auf Basis dieser Grundsatzentscheidung abzuschließen. Darin wird ihnen auferlegt, 30 Prozent der entstehenden Wohnfläche "für Wohnnutzung zur Förderung sozialgebundenen Wohnungsbaus" zu verwenden. Grundlage dieser Sozialbindung sind die Bedingungen der einkommensorientierten Förderung im sozialen Wohnungsbau.

Die konkrete Auslegung der Vorgaben, die flächenscharfe Abgrenzung der sozialgebundenen Wohnungen oder auch das Verfahren beim Verkauf von Eigentumswohnungen sollen für jedes Baugebiet individuell festgelegt werden. Als aktuellen Mietpreis für das Neubaugebiet am Kreuzacker hat der Gemeinderat eine Quadratmetermiete von 9,90 Euro festgelegt. Die Bindung der Eigentümer an diese Sozialermäßigung beträgt 25 Jahre.

Weiterhin verpflichtet die Richtlinie die Grundbesitzer, alle nötigen Infrastrukturflächen für Straßen, Geh- und Radwege oder auch öffentliche Grünflächen unentgeltlich an die Gemeinde zu übertragen. Auch Flächen für soziale Infrastruktur sind abzutreten. So soll etwa auf einer der beiden Parzellen des Kreuzacker-Gebietes eine Kindertagesstätte entstehen. Schließlich obliegen auch alle Planungs- und Erschließungskosten dem Eigentümer.

Als Obergrenze der Forderungen schreibt die Richtlinie fest, dass dem Eigentümer mindestens 45 Prozent des Wertzuwachses durch die Baulandausweisung verbleiben müssen. Mehr darf ihm die Kommune nicht abverlangen. Bauland war in Oberschleißheim in der Vergangenheit häufig auf staatlichem Grund ausgewiesen worden. Bei der letzten Widmung privaten Grunds südlich der Hirschplanallee ließ sich das Rathaus nach jahrelangem Rechtsstreit 25 Prozent der Flächen abtreten, die im Einheimischenmodell oder zum Wohnungsbau an die Baugesellschaft München-Land abgetreten wurden.

Über die Richtlinie zur Sozialen Bodennutzung hatte der Oberschleißheimer Gemeinderat monatelang hinter verschlossenen Türen debattiert. Die öffentliche Verabschiedung geriet dann einigermaßen bizarr. Zunächst brachte die CSU Korrekturwünsche ein, die ihr Parteifreund, Rechtsanwalt Thomas Guldenkirch, formuliert hatte. Dieser vertritt allerdings die Grundbesitzer am Kreuzacker, die als erste von der Richtlinie betroffen sind. Nach Bedenken im Rat zog die CSU die Korrekturvorschläge zurück, trug sie aber dennoch vor.

Die FWG wiederum lehnte es ab, über die Richtlinie, die ihr eigener Bürgermeister vorgelegt hatte, zu beraten, weil der Text "zu viele Lücken" enthalte, die man nicht nachvollziehen könne, wie ihr Sprecher Hans Hirschfeld sagte. "Wir wollen die Richtlinie so haben, dass wir sie auch verstehen können." Hans Negele (FWG) nannte das Grundsatzpapier gar einen "Knebelvertrag". Gegen die Stimmen von FWG und zwei Grünen verabschiedeten SPD, CSU, FDP und zwei Grüne die neue Grundlage zur Ortsentwicklung.

© SZ vom 21.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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