Oberschleißheim:Lärm? Welcher Lärm?

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Lärmschlucker: Die Oberschleißheimer Feierabendstraße hat einen besonderen Belag bekommen. (Foto: Florian Peljak)

Die Ziele des jetzt verabschiedeten Aktionsplans für die Oberschleißheimer Feierabendstraße sind schon jetzt erreicht

Von Klaus Bachhuber, Oberschleißheim

Egal welche der gigantischen Neubauprojekte realisiert würden, analysierte ein Zeitungsartikel 1961, Oberschleißheim werde "eine Oase der Ruhe" bleiben. 50 Jahre später hat die einstige Idylle gleich zwei Aktionspläne in Bearbeitung, mit denen Lärm eingedämmt werden soll, dessen Pegel quasi bis nach Brüssel drang, weil er die Schutznormen der Europäischen Union überschritt. Entlang der Bahnlinie und entlang der Feierabendstraße sind die Oberschleißheimer heute extrem beeinträchtigendem bis gesundheitsschädlichem Lärm ausgesetzt.

Die zwei Lärmaktionspläne markieren dabei ungefähr die Extrempositionen, die mit dem neuartigen Instrument erreicht werden können. Der Aktionsplan für die Bahnlinie ist nach politischer Kommentierung im Gemeinderat die Tinte nicht wert, die beim Ausdrucken verbraucht wird; und der eigene Plan für die Feierabendstraße ist schon vor seiner Rechtskraft faktisch umgesetzt. Zur Dimmung des Verkehrslärms der Feierabendstraße hat das Rathaus einen abgestuften Maßnahmenkatalog aufgelegt: als akute Notfallmaßnahmen Schallschutzfenster, den Einbau eines lärmschonenden Straßenbelags und eine Grüne Welle bei der Ampelschaltung sowie langfristig die Verlagerung von Verkehr auf eine Westumfahrung.

Zur Umsetzung hat das Rathaus die günstigste Gelegenheit erwischt, weil das Staatliche Bauamt nach jahrelangen Ankündigungen die Feierabendstraße just während der Beratung des Lärmaktionsplans saniert und dabei auf Insistieren der Gemeinde lärmmindernden Asphalt aufgebracht hat. Der Gemeinderat hat ein Lärmschutzprogramm verabschiedet, das Kriterien festlegt, anhand derer das Rathaus Investitionskosten für Schallschutzfenster zuschießt. Dieser Vergabemodus ist an objektive Lärmwerte geknüpft, wie sie auch dem Aktionsplan zugrunde liegen.

Wenig verwunderlich daher, dass in der Bürgerbeteiligung des Lärmaktionsplans zur Feierabendstraße bislang kein einziger Einwand im Rathaus eingegangen ist; noch an diesem Freitag könnten dort Einwände oder Vorschläge eingebracht werden. Der dritte zentrale Punkt schließlich, die Verkehrsentlastung durch eine Umgehungsstraße, ist zwar am Ort höchst umstritten, aber das wird nicht im Lärmaktionsplan ausgefochten. Formal hat die neue Trasse bereits die höchste Prioritätsstufe und das Staatliche Bauamt plant auch bereits. Ein Zeithorizont zur Realisierung ist freilich noch nicht abgesteckt. "Das ist der erste Lärmaktionsplan, der vor seiner Feststellung schon erfüllt ist", jubelt Josef Schartel, der Leiter des Oberschleißheimer Gemeindebauamts, "man sieht, dass wir keine Nullnummern geplant haben".

Völlig anders wird dagegen der bereits amtlich verabschiedete Aktionsplan für die Bahnlinie gesehen. Diese Stoffsammlung unter Regie der Bezirksregierung hat die Lärmprobleme nach Oberschleißheimer Meinung nur lückenhaft erfasst, untaugliche Lösungsansätze aufgezeigt und keinerlei Maßnahmen ins Visier genommen. Mittlerweile wurde der Lärmschutz entlang der Bahnstrecken allerdings an das Eisenbahnbundesamt delegiert und zum fortlaufenden Prozess umgewandelt. Bei einer Online-Anhörung konnten Betroffene ihre persönliche Situation darlegen. Das Rathaus hatte die Oberschleißheimer Bahnanlieger aufgefordert, davon rege Gebrauch zu machen. Von der zentralen Behörde sollen so die Lärmschwerpunkte und Maßnahmen fortlaufend fortgeschrieben werden.

Ein Lärmaktionsplan ist ein neuartiges Planungsrechtsinstrument, das aufgestellt werden kann, wenn europaweit festgesetzte Grenzwerte überschritten werden. Primäres Ziel ist es dann, die hier dokumentierte Lärmbelastung nicht weiter ansteigen zu lassen. Maßnahmen zur Reduzierung werden aufgezeigt, ein Umsetzungsanspruch ist damit aber nicht verbunden.

© SZ vom 12.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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