Oberschleißheim:Königlicher Tag

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Die Kutschengala mit Menschen in historischen Gewändern, einer Hundemeute auf der Jagd und Gondelfahrten auf dem Kanal hüllt den Schleißheimer Schlosspark in eine höfische Kulisse

Von Kevin Rodgers, Oberschleißheim

Schon von weitem hört man die Trommel im Park des Neuen Schloss Schleißheim. Soviel war hier selbst in den Zeiten von Kurfürst Max Emanuel nicht los. Bis auf die Dachauer Straße stauen sich die Autos, deren Fahrer ihren Unmut über zu wenige Parkplätze für ihre modernen Kutschen lauthals kundtun. Besser dran ist, wer mit den Öffentlichen oder mit dem Radl zur diesjährigen Jagd- und Kutschengala im barocken Schleißheimer Schlosspark gekommen ist.

Seit 2008 gibt es die Veranstaltung, auf der die Besucher in vergangene Jahrhunderte eintauchen und die Moden und Gepflogenheiten vergangener Jahrhunderte miterleben können. Dabei dreht sich, wie der Name schon sagt, alles um Pferde und Reitsport. Organisiert wird die Gala vom Bayerischen Reit- und Fahrverband, unterstützt vom Schleppjagdverein Bayern und vom Verein Fahrkultur und -sport im Pfaffenwinkel. Wie jedes Jahr zieht das Event viele Menschen an, die sich eigens für diesen Sonntagnachmittag in Schale geschmissen haben. Zu sehen gibt es Mode aus drei Jahrhunderten. Damen aus der Zeit des Rokoko mit Reifröcken und Sonnenschirmchen, elegante Herren im Cutaway und mit Zylinder aus dem 19. Jahrhundert und viele Gruppen in historischen Uniformen, die für Fernsehkameras und Fotos mit Gästen posieren. Sogar ein paar Preußen haben sich mit ihren Pickelhauben unter das oberbayrische Volk gemischt.

Wer ko, der ko und zieht in einer historischen Kutsche an den beeindruckten Besuchern der Gala vorbei. (Foto: Catherina Hess)

All das schindet bei den Besuchern der Gala mächtig Eindruck. "Die Kostüme und die Kutschen sind wirklich grandios. Auch die Kulisse vor dem Schloss ist beeindruckend", freuen sich Günter und Roswitha Schwarz. Sie sind schon zum dritten Mal mit dabei und machen viele Fotos. Plötzlich biegt der Spielmannszug der Schleißheimer Schlosspfeifer ums Eck und beginnt nach einem Tusch "Hoch auf dem gelben Wagen" zu spielen, im Schlepptau eine große Menschentraube. Auch viele Besucher sind in Tracht gekommen, viele Damen tragen zum Teil große und extravagante Hüte. Mit all den Kutschen, Pferden, Hunden und Kostümen kommen sich heute auch viele Normalsterbliche wie bei Königs vor.

Felix und Luisa sind hingegen ganz bürgerlich mit dem Radl von Germering nach Oberschleißheim gefahren. "Wir freuen uns jetzt auf eine Fahrt mit dem Gondoliere auf den Kanal. Das ist nach der Radtour genau das richtige", sagt Felix. Bevor es losgeht, braucht Luisa aber unbedingt noch ein Foto von den barocken Damen im Reifrock. Zwischen den meterbreiten Röcken geht das zierliche Mädchen in Radlerhosen beinahe unter. Ein Stück den Park hinunter stehen rund um die große Fontäne und den Mittelkanal die Kutschen. Immer wieder müssen die Leute fahrenden Gefährten den Weg freimachen. Vom Einspänner bis zum offenen Landauer sind viele verschiede Gespanne vertreten. Auch eine putzige Miniaturkutsche, die von drei Shetlandponys gezogen wird und die zu den Lieblingen des Publikums zählt. Dass so viele Pferde auch mit kleineren Nachteilen verbunden sind, erfährt eine Dame mit weißer Perücke am eigenen Leib. Laut schimpfend steht sie im Gras und versucht, die Reste des Pferdeapfels, in den sie kurz zuvor getreten war, von ihren Pumps zu entfernen.

Wie angenehm ist doch so eine Einladung bei Hofe - von solchen historischen einstigen Genüssen konnte dieses Paar bei seiner Zeitreise träumen. (Foto: Catherina Hess)

Das Wetter ist an diesem Sonntag besser als vorhergesagt. Ideal für die Falken, die bei der Greifvogelschau ihre Flugkünste demonstrieren. Bis zu 360 Kilometer pro Stunde erreichen die schnittigen Vögel im Sturzflug, das ist schneller als jeder ICE. Rasant geht es auch beim Höhepunkt des Nachmittages zu, als die historische Reitjagd, angekündigt von den Jagdhörnern, hinter einer Hundemeute donnernd durch den Schlosspark prescht. Das alles ist für Mensch und Tier fordernd. Die Tiere würden aber auf solch stressige Situationen trainiert, erzählt einer der Reiter. Irgendwann braucht dann aber auch der tapferste Grenadier ein erfrischendes Bier. Das Leben bei Hofe ist anstrengend.

© SZ vom 05.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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