Oberschleißheim:Grüne im Losglück

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Ingrid Lindbüchl von den Grünen hält die ungleiche Verteilung des Losglücks für gerecht, weil die Grünen bei der Gemeinderatswahl 548 Stimmen mehr bekommen haben als die SPD. (Foto: Claus Schunk)

Fraktion bekommt Zuschlag bei Vergabe von Ausschusssitzen

Von Klaus Bachhuber, Oberschleißheim

Ist es gerechter, rechnerisch gleiche Ansprüche auf Ausschusssitze im Gemeinderat zu verlosen oder nach Stimmanteilen bei der Wahl zu vergeben? Im Oberschleißheimer Gemeinderat haben die Grünen trotz 548 Stimmen mehr bei der Kommunalwahl als die SPD genau so viele Sitze wie die Genossen. Bei der Umrechnung auf Ausschusssitze sollte nun je ein Sitz in jedem Ausschuss verlost werden. Die Grünen wollten stattdessen das höhere Stimmgewicht heranziehen, allerdings erfolglos. Bizarre Pointe: Im Zufallsverfahren entschied das Los dann in allen Fällen zugunsten der Grünen.

Bürgermeister Markus Böck (CSU) traute sich schon nach der dritten Ausschussbesetzung kaum mehr an den Lostopf. Aber es wurde dann wirklich zu kurios: Für fünf Ausschüsse zog Böck fünf Mal den Zettel der Grünen. "Fortuna hat uns geküsst", schwärmte Grünen-Gemeinderätin Ingrid Lindbüchl. In Höchststimmung überließen die Grünen den ihnen so zugeteilten Sitz im Ferienausschuss sogar der SPD.

Damit haben in allen Oberschleißheimer Gemeinderatsausschüssen die Grünen nun drei Sitze wie CSU und FW, die SPD hat zwei, die FDP einen. Im Ferienausschuss, der den Gemeinderat einmal während der Sommerferien vertritt, haben die Sozialdemokraten drei Sitze, die Grünen zwei. Auf die Größe und Berechnung der Ausschüsse hatten sich die Fraktionen im neugewählten Gemeinderat vorab verständigt. Bei der Umrechnung von 24 Gemeinderats- auf zwölf Ausschusssitze ging die Rechnung für CSU und FW von sechs Mandaten auf drei Ausschusssitze ebenso glatt auf wie für die FDP von zwei auf einen.

Die fünfköpfigen Grünen und die SPD erhielten identische Teiler, was laut gültiger Geschäftsordnung mehrere Losverfahren nötig machte. Allerdings würde die Gemeindeordnung auch ermöglichen, statt des Losentscheids die höhere Stimmzahl bei der Kommunalwahl als Kriterium anzuwenden. Grünen-Sprecher Fritz-Gerrit Kropp erntete einiges Gelächter, als er im Gemeinderat begründete, man sehe diese Methode als gerechter, "nicht nur, weil wir gerade davon profitieren würden".

Die Grünen waren bei der Kommunalwahl bis vor dem letzten Wahllokal auf sechs Mandate gerechnet worden, erst dann verpassten sie das sechste Mandat um 49 Stimmen. Die SPD hingegen landete 548 Stimmen hinter den Grünen. "Ein Losverfahren sollte immer die Ultima Ratio für Entscheidungen sein, da es in sich nicht demokratisch ist und nicht den eindeutigen Wählerwillen widerspiegelt", argumentierten die Grünen. CSU-Sprecherin Stefanie Haslbeck konterte, dass bei unentschiedenen Mandaten "der Wählerwille eben nicht eindeutig" sei.

Casimir Katz (FDP) führte als Kronzeugen fürs Losen gleich die Urform der Demokratie im historischen Hellas an, wo ebenfalls manche Ämter und Mandate ohne Wahlen verlost wurden: "Das war schon im alten Athen so." Außerdem sei "die Drohung mit einem Losverfahren sinnvoll, um vorab gemeinsame Lösungen hinzukriegen". Nur Hans Negele (FW) teilte die Position der Grünen, sodass ihr Antrag mit sechs gegen 19 Stimmen abgelehnt wurde. Das Los machte dann alle Debatten müßig. "Das war gerecht", freute sich Lindbüchl, "das Glück hat die Sitze der Partei zugesprochen, der sie ohnehin durch die Wählerstimmen zugefallen wären."

Dem Oberschleißheimer SPD-Fraktionssprecher Florian Spirkl blieb nur Galgenhumor: "Es gibt Tage, da verliert man, und es gibt Tage, da gewinnen die anderen." Trotzdem halte er Losen "für die fairste Möglichkeit, gleiche Sitzansprüche aufzulösen, verglichen mit dem Vorschlag der Grünen".

© SZ vom 15.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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