Oberschleißheim:Durchgeboxt

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In Oberschleißheim öffnet am Mittwoch das 40. Volksfest, das in den Anfängen Frühlingsfest hieß

Von Klaus Bachhuber, Oberschleißheim

Von der Tradition, dass zu einem bayerischen Dorf auch ein Volksfest gehört, war Oberschleißheim irgendwann abgehängt worden. Aus den Fünfzigerjahren sind noch gelegentliche Dulten mit Festzeltbetrieb aktenkundig geworden und 1957 gab es sogar ein so bezeichnetes Volksfest vor der alten Vereinshalle des TSV an der Jahnstraße. Irgendwann aber war Schluss und die Schleißheimer Bierseligen pilgerten zum Lohhofer Volksfest.

Mit dem "neuen Elan", den der junge Bürgermeister Hermann Schmid (CSU) zu seinem Amtsantritt 1976 versprochen hatte, entstand ein Klima für vielfältige Initiativen und Neuerungen. Und so wurde am Stammtisch ausgeratscht, in Oberschleißheim wieder ein Volksfest zu initiieren. RSV und FC Phönix fungierten als Ausrichter, die Gemeinde übernahm die Schirmherrschaft und war faktisch Dritter im Organisationsteam. Von der Ludwig-Maximilians-Universität wurde eine Wiese westlich der Feierabendstraße für das Ereignis angemietet, Brettersteige als Wege angelegt. Frühlingsfest sollte das neue Volksfest heißen, und am Ostersamstag 1977 zapfte Schmid das erste Fass Festbier an - bei Schneetreiben.

Zum Auftakt des Frühlingsfestes war es so kalt, dass im Zeit provisorisch zwei Öfen aufgestellt werden mussten. Diese Festtradition ist seither nicht mehr abgerissen. An diesem Mittwoch, 4. Mai, zapft Bürgermeister Christian Kuchlbauer (Freie Wähler) um 18.15 Uhr das 40. Volksfest an. Es dauert bis Sonntag, 8. Mai.

Nach seiner Gründung ging das Oberschleißheimer Frühlingsfest sogar über neun Tage. Im Festprogramm stand unter anderem ein Boxkampf im Festzelt. Der erste Festwirt Max Schweiger wurde schon im zweiten Jahr von Reinhard Berger abgelöst wurde. Der hatte statt eines Zelts eine Holzbude angemietet, die so marode war, dass bei einem Sturm am Seniorennachmittag das Dach wegzufliegen drohte. Die Feuerwehr rückte damals aus und nagelte das Dach wieder fest.

Das Frühlingsfest wurde dennoch so populär, dass es von 1982 an sogar auf zehn Festtage ausgeweitet wurde. Als Oberschleißheim 1985 sein 1200-jähriges Bestehen feierte, wurde die zentrale Festivität auf das Frühlingsfest verlegt, das dafür einmalig auf 16 Tage verlängert wurde. Die Festwiese wurde von der Gemeinde erworben und mit Strom, Wasser und geteerten Zuwegen erschlossen.

So wie die Popularität des Frühlingsfests in den frühen Achtzigerjahren stetig gewachsen war, so kehrte sich der Trend seit den späten Neunzigern um. 2002 wurde das längst vom April in den Mai gelegte Fest auf die Hälfte der Tage gekappt. Seither dauert es vom Mittwoch vor Christi Himmelfahrt bis Sonntag über fünf Tage. Seither wird auch nicht mehr vom Frühlings-, sondern vom Volksfest gesprochen.

Einmal schafft es dieses Volksfest sogar landesweit in die Schlagzeilen: 1998 untersagte SPD-Bürgermeisterin Elisabeth Ziegler einen Auftritt des damaligen Bundesfinanzministers Theo Waigel von der CSU, weil in den Gründungsstatuten festgelegt war, dass das Fest frei von Parteipolitik zu halten ist. Dagegen waren im Programm immer wieder große Sportveranstaltungen wie Radrennen, Boxkämpfe oder eine Volkswanderung. Die ursprüngliche Idee eines Heimatabends, die über Jahre im Blasmusikeinerlei untergegangen war, wurde jüngst von Gabi Hohenberger vom Kulturteam der Gemeinde wieder aufgegriffen. Sie organisiert zum Ausklang einen Kabarett- oder Kleinkunstabend.

Fixpunkte des Oberschleißheimer Volksfests waren und bleiben der Kinder- und Seniorennachmittag, das Torwandschießen, ein Oldtimer-Corso und eine Messe im Festzelt. Die Festwirte wechselten im Lauf der Jahre dagegen ähnlich häufig wie die Marke des ausgeschenkten Festbiers. Aktuell ist Richard Schmidt Chef im Festzelt und der Bräu von Aying regelmäßiger Lieferant.

© SZ vom 03.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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