Ausstellung in der Flugwerft:Überflieger Lilienthal

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Die Flugwerft zeigt zahlreiche Modelle und Aufzeichnungen von Otto Lilienthal, der 1896 bei einem seiner Flüge stürzte und an den Verletzungen starb. (Foto: Robert Haas)

Otto Lilienthal war ein Pionier der Luftfahrt. Eine Ausstellung in der Flugwerft Schleißheim erinnert an seine ersten Versuche vor 125 Jahren, den Menschheitstraum vom Fliegen zu verwirklichen.

Von Marlene Thiele

"Vom Schritt zum Sprung, vom Sprung zum Flug" - so treffend beschrieb der französische Flugpionier Ferdinand Ferber Otto Lilienthals Vorgehen beim Gleitflug. Am Anfang war also der Sprung. Im Jahr 1891 sprang Otto Lilienthal vom Rand einer hohen Sandgrube im heutigen Berlin und flog bis zu 25 Meter weit. Er sammelte dabei die Erfahrungen, die er brauchte, um später einer der ersten erfolgreichen Flieger der Geschichte zu werden.

Karl-Dieter Seifert beschäftigt sich seit 50 Jahren mit Lilienthal

125 Jahre sind die ersten Flugversuche nun her. Dieses Jubiläum feiert das Deutsche Museum noch bis zum 18. Mai mit einer Sonderausstellung in der Flugwerft Schleißheim. Konzipiert wurde sie von Karl-Dieter Seifert von der Gesellschaft zur Bewahrung von Stätten deutscher Luftfahrtgeschichte. Der 84 Jahre alte Luftfahrthistoriker beschäftigt sich beinahe sein Leben lang mit Otto Lilienthal: "Ich war gerade 30 Jahre alt, da habe ich meine erste Biografie über ihn herausgegeben. Er hat mich natürlich nie losgelassen."

Also hat Karl-Dieter Seifert weitergeforscht. Er ist immer wieder nach München gefahren, weil das Deutsche Museum eine umfangreiche Sammlung zu Otto Lilienthal hat. Es kommen auch immer wieder Exponate hinzu, die Erkenntnisse bringen: "Zum Beispiel wissen wir jetzt, dass sein erster Flug nicht im Herbst, sondern im Frühjahr 1891 stattgefunden hat. Zuvor hatte Lilienthals Gleiter nämlich Schaden genommen, deshalb hat er einfach an jedem Flügel einen Meter abgeschnitten. Auf dem Foto vom Flug im Herbst sieht man schon die verkürzte, ordentlich reparierte Variante."

So mag es ausgesehen haben, als der Ingenieur Otto Lilienthal seinerzeit vom Fliegeberg aus in die Tiefe sprang. (Foto: Robert Haas)

Bevor Lilienthal jedoch springen oder gar fliegen konnte, hat er 20 Jahre geforscht und experimentiert. "Was ihn von allen Vorgängern unterscheidet: Er ist der Erste, der mit den Messgeräten ins Freie gegangen ist, statt nur im Stübchen vor sich hin zu grübeln." Lilienthal faszinierten vor allem die Vögel. Er zeichnete ihren Gleitflug, die Wölbung ihrer Flügel und berechnete, wie die Windeinströmung sich darauf auswirkt.

Lilienthal starb bei einem Flugversuch

Viele seiner Skizzen sind auf den zirka 50 Schautafeln der Sonderausstellung abgebildet, ebenso wie Pläne für 16 verschiedene Gleitfliegermodelle. Mit denen übte Lilienthal natürlich auch. In seiner flachen Berliner Heimat legte er sich den weltweit ersten künstlichen Flugplatz an: Seinen 15 Meter hohen Fliegeberg, von dem ihm Flugweiten von bis zu 250 Metern gelangen. Bis Otto Lilienthal 1896 bei einem seiner Flugversuche tödlich verunglückte. "Viel zu früh", findet Seifert, "zu dieser Zeit war noch viel von ihm zu erwarten." Aber sein Erbe wurde weitergeführt. Die Ausstellung widmet sich auch den Schülern Lilienthals, wie den Brüdern Wright oder eben Fabian Ferber.

Zu den ausführlichen Informationstafeln kommen Exponate. Höhepunkt der Ausstellung ist das hölzerne Gestellkreuz eines Normal-Segelapparats, den Lilienthal selbst gebaut und geflogen hat. Der vollständige Apparat befindet sich zwar im Besitz des Deutschen Museums, musste aber aus der Dauerausstellung genommen werden, weil das Material porös wurde. Seitdem stehen sowohl in München als auch in Schleißheim originalgetreue Nachbildungen verschiedener Lilienthal-Gleiter.

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Zwölf Flugzeuge aus dem Haupthaus sind derzeit in Schleißheim untergestellt

Auch darüber hinaus lohnt sich ein Besuch der Flugwerft Schleißheim gerade besonders, wie Leiter Gerhard Filchner sagt: "Nachdem die Luftfahrtabteilung im Haupthaus renoviert wird, haben wir insgesamt zwölf Flugzeuge nach Schleißheim genommen. Darunter sind Flugzeuge aus dem Zweiten Weltkrieg aber auch Gleitflugzeuge und auch ein solargetriebener Motorsegler, der schon in den 1980er-Jahren gebaut wurde."

Inzwischen gehört Fliegen zum Alltag, etwa 200 000 Flugzeuge starten pro Tag. Seifert ist überzeugt, dass sich Lilienthal über diese Entwicklung freuen würde - mit einer Ausnahme: "Seine Vision, völkerverbindend und völkerversöhnend über die Ländergrenzen zu wirken und Kriege zu vermeiden ist eben nicht aufgegangen. Da haben wir noch einiges zu tun." Später wurde Lilienthals Fabrik durch Flugzeugbomben zerstört. So hat jede Erfindung eben auch ihre Schattenseiten.

© SZ vom 30.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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