Oberschleißheim:Dem Münchner Norden reicht's

Lesezeit: 2 min

Ein überparteiliches Aktionsbündnis ruft zur Großdemonstration gegen weitere Polizeihubschrauber auf

Von Klaus Bachhuber, Oberschleißheim

Beim Erörterungstermin für das Genehmigungsverfahren hatten Oberschleißheims Grüne schon mal spontan gegen die Ansiedlung der bayerischen Polizeihubschrauber protestiert. Als die Mitglieder des Bayerischen Landtags später zu ihrem Sommerempfang ins Schloss Schleißheim kamen, plakatierte die örtliche SPD ihren Protest. Jetzt soll eine parteienübergreifende Großaktion den Widerstand gegen die Pläne des Innenministeriums bündeln. Für Freitag, 28. September, ruft ein Aktionsbündnis zur Demonstration auf.

Zusätzlich zu der seit Jahrzehnten am Ort gelittenen Hubschrauberstaffel der Bundespolizei will das bayerische Innenministerium auch die Hubschrauber der Landespolizei vom Flughafen München auf den historischen Flugplatz Schleißheim verlegen. Der Ort erwartet dadurch circa 3500 zusätzliche Flugbewegungen jährlich, viele davon dem Einsatzbedarf geschuldet nachts und auf nicht einzugrenzenden Flugrouten.

"Wie viel Lärm darf der Freistaat Bayern uns Menschen und der Flora und Fauna hier im Münchner Norden noch aufbürden?", heißt es in dem Aufruf zu der Demo, der von Grünen-Fraktionssprecherin Ingrid Lindbüchl und von Karl Schwärzell von der Oberschleißheimer Bürgerinitiative gegen Lärm und Gestank gezeichnet ist. Zum Lärm der Hubschrauber der Bundespolizei mit jährlich etwa 2500 Flugbewegungen kämen drei Autobahnen hinzu, die im Karree um den Ort verlaufen, eine überdurchschnittlich belastete Bundesstraße, die Bahnlinie und regelmäßig "Ausreißer" beim An- und Abflug zum Flughafen, argumentieren sie.

"Es reicht!", heißt es in dem Appell, dem sich alle im Oberschleißheimer Gemeinderat vertretenen Gruppierungen angeschlossen haben ebenso wie örtliche Bürgerinitiativen und der Bund Naturschutz, der wie die Rathäuser von München und Oberschleißheim gegen die im Juli erlassene Ansiedlungsgenehmigung klagt. Geschmiedet haben das Bündnis die Grünen, die auch die Klage des Naturschutzverbandes initiiert und dessen finanzielle Unterstützung im Oberschleißheimer Gemeinderat durchgesetzt haben. Demonstriert werden soll am Freitag, 28. September, von 17 Uhr an auf dem Oberschleißheimer Volksfestplatz an der Theodor-Heuss-Straße. Die Organisatoren hoffen auf rege Beteiligung auch aus den Münchner Stadtteilen Feldmoching und dem Hasenbergl, wo man mit einiger Verspätung ebenfalls die Betroffenheit erkannt hat.

Die Pläne des Innenministeriums, die bayerischen Hubschrauber nach Oberschleißheim zu verlagern, waren bereits 2006 publik geworden. 2007 wurde der Gemeinderat informiert. Noch bevor ein öffentliches Verfahren eingeleitet worden wäre, gediehen die Pläne schon weit. So erklärte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) 2012 auf Nachfrage der Grünen im Landtag, dass man bereits neun Millionen Euro in Grundstücke und Planungen investiert habe. Eine Umorientierung auf geeignete Standorte der Bundeswehr, die im Zuge ihrer damaligen Reform verlassen worden waren, wurde daher nie untersucht. Nachdem man schon so viel in Oberschleißheim investiert habe, würde eine Umplanung "dem Freistaat hohe Verluste verursachen", so Herrmann seinerzeit.

Das später nachgeschobene Genehmigungsverfahren vor dem Luftamt Südbayern, das 2013 die Ansiedlung genehmigte, wurde von der Gemeinde Oberschleißheim erfolgreich angefochten. 2015 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid auf und forderte ein umfassenderes Planfeststellungsverfahren bei der Bezirksregierung. Um damit verbundene weitere Verzögerungen zu vermeiden, bot das Innenministerium der Gemeinde an, über das festgesetzte Maß hinaus Schallschutzvorkehrungen zu finanzieren - wenn die Gemeinde im Gegenzug ihre Klage zurücknimmt. Der Gemeinderat aber bestand auf dem Klageweg. Einzig Bürgermeister Christian Kuchlbauer (FW) wollte das Angebot annehmen. Nach dem Planfeststellungsverfahren hat die Bezirksregierung im Juli die Ansiedlung genehmigt. Die Gemeinde Oberschleißheim, der Bund Naturschutz, die Stadt München und Privatkläger haben Rechtsmittel gegen die Entscheidung eingelegt.

© SZ vom 28.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: