Oberhaching:Weniger Wegweiser wären mehr

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Die Gemeinde bemüht sich, fahrradfreundlich zu sein. Doch die Beschilderung der Routen ist chaotisch. Nun arbeitet man an einem einheitlichen Konzept, das Vorbild für ganz Bayern sein soll

Von Iris Hilberth, Oberhaching

Wer mit dem Rad hier durchkommt, hat mitunter Schwierigkeiten, sich zu orientieren, vor allem aber hat er ein echtes Entscheidungsproblem. An Wegweisern mangelt es zwar nicht, doch stellt sich bei so vielen Pfeilen, Schildern und Hinweisen die Frage: Welchen Weg soll ich nun nehmen? Denn eines steht fest: Oberhaching ist eine Ortschaft, in der so manche Routen zusammenlaufen und viele vorbeiführen. Ob Radwanderwege, schnelle Verbindungen oder Rundtouren: Betrachtet man allein die 156 Schilder an 80 Standorten in der Gemeinde, kann man zumindest die Bemühungen ablesen, eine radfahrerfreundliche Kommune zu sein. Allerdings eine etwas chaotische vielleicht, was die Beschilderung angeht. Das soll jetzt besser werden, Oberhaching lässt seine Beschilderung von Experten überarbeiten und will damit beispielgebend für den gesamten Landkreis sein.

Ein grüner Pfeil auf weißen Grund verspricht den S-Bahnhof Otterfing nach 15,5 Kilometern, nach Deisenhofen zeigt ein gelbes Schild, zur Kugler-Alm weisen weiße und grüne, zum Giesinger Waldhaus braune und zum Schwimmbad blaue Zeichen. Dann gibt es noch 40 magentafarbene Hinweise auf den Radlring München, etwas verblasste Zeichen für die Via Bavarica Tyrolensis, die Schilder der Via Julia und die Tafeln des M-Wasserwegs. Freundlich gesprochen, kann man diese gesamte Wegweisung als eine "schöne Vielfalt" bezeichnen. Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) will das Durcheinander aber nicht schönreden und meinte daher kürzlich im Umwelt- und Verkehrsausschuss: "Das ist schon ein richtiger Verhau!"

Wer keine Landkarte dabei hat, läuft trotz der vielen Wegweiser Gefahr, sich zu verfahren. (Foto: Robert Haas)

Die Gemeinde hat das Problem längst erkannt, und da sie sich bekanntlich auf die Fahne schreibt, zu den fahrradfreundlichen Kommunen in Bayern zu gehören und damit zugleich verpflichtet, jedes Jahr ein Radl-Aktionsprogramm aufzustellen, geht sie heuer die Optimierung der Wegweiser auch ganz professionell an. Denn sie hat selbst schon festgestellt: "Die Wegweisung stellt sich insgesamt sehr sporadisch, lücken- und teilweise auch schadhaft dar." Daher hat sie die bestehende Beschilderung von Verkehrsplanern der Firma Gevas überprüfen lassen. Auf 134 Folien liegt inzwischen eine Analyse vor, die bestätigt: Die Beschilderungssysteme sind nicht aufeinander abgestimmt, die Wegweiser leiten über Umwege, teilweise werden unbedeutende Ziele benannt, und auch die Kontinuität ist nicht immer gegeben. Folgt man also eine ganze Weile einem Hinweis, kann es durchaus sein, dass man irgendwann irgendwo nicht mehr weiterkommt, weil man sich nicht auskennt und die Beschilderung einfach weit vor dem Ziel endet.

Nun ist es nicht so, dass es keinerlei Vorgaben für Radwegweiser gebe. In einem Faltblatt der Obersten Baubehörde im bayerischen Innenministerium ist genau beschrieben, wie solche Schilder aussehen sollten, doch lediglich drei Pfeile in Oberhaching erfüllen diese Kriterien. Dabei ist man an jener obersten Stelle durchaus interessiert daran, dass sich die Situation für Radfahrer in Bayern verbessert. Seit die Zuständigkeit vom Wirtschaftsministerium in das Innenministerium verlegt wurde, ist das Thema mehr in den politischen Fokus gerückt. "Das Radfahren muss bequem in einer Wegekette nutz- und kombinierbar sein", hat Innenminister Joachim Herrmann (CSU) vor gut einem Jahr betont, nur so könnten sich Verkehrsteilnehmer für das jeweils beste Verkehrsmittel entscheiden, sagte der Minister. In dem Verkehrssicherheitsprogramm 2020 der Staatsregierung ist auch "Licht im Schilderwald" berücksichtigt. Weniger, aber bessere Verkehrszeichen sollen unter anderem ebenso ein Ziel sein wie eine verbesserte Radwegeführung.

Oberhaching will das nun angehen, aber dabei nicht an den Ortsgrenzen haltmachen. "Auch der Landkreis will Radwegweiser vorantreiben", sagte Bürgermeister Schelle, doch solle seine Gemeinde jetzt mal einen Vorschlag erarbeiten. Mit dem würde er dann vielleicht sogar an den Gemeindetag herantreten, denn Schelle findet: "Das sollte bayernweit einheitlich werden."

In Oberhaching hat sich herausgestellt, dass bei der Einrichtung mancher Routen mehr Wert auf Schönheit als auf Schnelligkeit gelegt wurde. Einige vom Naherholungsverein einst aufgestellten Wegweiser führen den Radfahrer zwar zu den landschaftlich attraktivsten Stellen, auf einer anderen Route hingegen wäre er wesentlich flotter ans Ziel gelangt. Für die Via Julia etwa, auf der man von Günzburg nach Salzburg mehr als 300 Kilometer in seiner Freizeit zurücklegen kann, oder die Fernradwege Bavarica Tyrolensis und München-Venezia ist diese Wegführung entlang von Sehenswürdigkeiten eine gute Idee. Doch soll nun auch der Alltagsradler einen besseren Service bekommen.

So gilt es jetzt festzulegen, welche Fern- und Nahziele überhaupt ausgeschildert werden sollen. Richtung Osten etwa gibt es von Oberhaching aus derzeit kein ausgeschildertes Ziel in der Ferne. Könnte das Höhenkirchen sein oder besser Ottobrunn? Ist Otterfing im Süden sinnvoll oder Starnberg im Westen? Im Umwelt- und Verkehrsausschuss jedenfalls kennt keiner jemanden, der mit dem Rad nach Starnberg will. Wolfratshausen wäre da schon besser, finden die meisten.

Klar wurde: Insgesamt müssen die Ziele reduziert werden. Über die Auswahl wird noch reichlich diskutiert werden. Der Vorschlag der Verkehrsplaner, die Wegweiser zur Kugler-Alm abzuschaffen, stieß eher auf Empörung bei den Kommunalpolitikern in Oberhaching. "Die Kugler-Alm ist das Radlziel in Oberhaching überhaupt", sagte Schelle. Und weil hier einst das Radler erfunden worden sein soll, auch ein Ziel mit "überörtlicher Bedeutung". Will heißen: "Verzichten wir auf Hinweisschilder zur Kugler-Alm, müssen wir Ortsfremden ständig erklären, wie sie hinfinden."

© SZ vom 08.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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