Oberhaching:Stille Virtuosen, stolze Freigeister

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Der künstlerische Leiter Bernd Lhotzky hat für das Jazz-Festival in Oberhaching wieder etliche hochkarätige Musiker engagiert, darunter den stilprägenden US-Pianisten Fred Hersch

Von Udo Watter, Oberhaching

Der Basketballer LeBron James gilt als der beste Spieler seiner Generation, er hat drei NBA-Meisterschaften gewonnen und wurde mehrfach zum wertvollsten Spieler der Liga gewählt. Wie groß die Bewunderung ist, die ihm zuteil wird, zeigen seine Spitznamen: "King James" oder "The Chosen One" (Der Auserwählte). Der Pianist Jason Moran, Gewinner des Echo-Jazz 2011, sagt über seinen ehemaligen Lehrer Fred Hersch: "Fred am Piano ist wie LeBron James auf dem Basketballfeld. Er ist Vollkommenheit."

Ähnlich euphorische Urteile über den 1955 in Cincinnati geborenen US-Amerikaner lassen sich in vielen renommierten Fachzeitschriften und großen internationalen Zeitungen finden. Mit seiner eleganten, frei fließenenden und hochsensiblen Spielart hat er sich als Pionier des zeitgenössischen Jazz erwiesen und viele andere Pianisten geprägt: "To do it Hersch's way", beschrieb die New York Times diesen Einfluss, und attestierte dem 61-Jährigen gleichzeitig eine Einzigartigkeit in seiner Kunst. Er galt immer als stiller, impressionistischer Virtuose, in dessen Spiel sich Klassik und Jazz vermählen.

Der Antagonismus zwischen klassischer Musik und Jazz löst sich auf virtuos-elegante Weise auf im Spiel von Fred Hersch. Mehrfach für den Grammy nominiert ist er Inspiration für viele Jazz-Pianisten. (Foto: Martin Zeman/Veranstalter)

Am Samstag, 20. Mai, wird Fred Hersch zum Abschluss des Jazz Festivals Oberhaching im Bürgersaal beim Forstner auftreten. "Dass wir, also vor allem Bernd Lhotzky, es geschafft haben, ihn nach Oberhaching zu holen, ist schon ein Riesending, denn er gehört ja zu den ganz Großen", freut sich Volker Böhm vom Kulturamt. Nun, Bernd Lhotzky ist ja selbst kein Unbekannter in der Szene und ein Meister des Stride-Piano, das dürfte sicher hilfreich gewesen sein. "Mit Hersch kommt ein Weltstar des modernen Jazz nach Oberhaching", schwärmt er.

Nicht nur deshalb freut sich Festivalleiter Lhotzky ganz besonders auf die zwölfte Auflage des Jazz Festivals vom 18. bis 20. Mai: "Wir gehen heuer einen großen Schritt voran, indem wir eine sehr viel größere stilistische Bandbreite anbieten als jemals zuvor." Neben dem samstäglichen Abschluss-Konzert mit dem Fred Hersch Trio versprechen auch die anderen beiden Abende Klangereignisse auf hohem Niveau zu werden. Im Mittelpunkt des Eröffnungstages steht eine der größten Legenden des Jazz: "Duke Ellington - ein Porträt in Musik und Anekdoten" heißt die Veranstaltung, die am Donnerstag, 18. Mai, um 20 Uhr beginnt. "Musik ist meine Geliebte, und sie spielt niemandem gegenüber die zweite Geige", erklärte der 1899 in Washington geborene Pianist, Komponist und Bandleader. "Die Bigband war seine Leidenschaft und sein mächtiges Instrument. Niemand holte derart viele Farben aus einem Orchester wie er", urteilt Lhotzky. Wer sich also diesem besonders elaborierten Sound annähern will, der braucht auch besondere Musiker: Spielen werden an diesem Abend unter anderem der junge französische Trompeter Malo Mazurié, der schon bei seinem ersten Auftritt in Oberhaching 2016 gefeiert wurde, sowie David Lukacs (Klarinette), Chris Hopkins (Altsaxofon) oder der Tenorsaxofonist Frank Roberscheuten und weitere Protagonisten inklusive Lhotzky. Der gibt sich ganz begeistert von dem Ensemble: "Ich habe eine großartig besetzte kleine Bigband eingeladen" Um Duke Ellington nicht nur mittels Musik, sondern auch als Persönlichkeit vorzustellen, liest Peter Veit, BR-Sprecher und Moderator der Radiojazznacht, kleine Geschichten und Anekdoten aus dem Leben des Duke. Wer erfahren möchte, woher die sichelförmige Narbe auf Ellingtons Wange stammt, wie der große Bandleader betrunkene Musiker austrickste oder mit welchen Sprüchen er sich an Frauen ranmachte, der darf auf Antworten hoffen.

Der Freitag ist dann einer weiteren Legende gewidmet: Unter dem Motto "A Tribute to Louis Armstrong & more" spielen Malo Mazurié mit seinen Hot Five sowie Bernd Lhotzky und das Frank Roberscheuten Quartett im Bürgersaal. "Frank ist ein stolzer Freigeist, ein unerschrockener und ehrlicher Improvisator", urteilt Lhotzky.

Zum Finale gastiert dann der mehrfach Grammy-nominierte Fred Hersch mit dem Bassisten John Hébert und dem Schlagzeuger Eric McPherson in der Gemeinde. Ihr Zusammenspiel wurde schon mal als so "elegant und ziseliert wie eine Schachpartie" beschrieben. Überhaupt wurde Hersch, der schon lange offen schwul lebt, immer wieder für sein schönes, gefühlvolles Spiel gerühmt. Einen mitunter konstruierten Zusammenhang zwischen seiner Homosexualität und Sensibilität lehnt er freilich ab. Zur New York Times sagte er: "Ich fühle mich hingezogen zu Schönheit und Lyrik. Aber ich spiele nicht auf diese Art, weil ich schwul bin. Ich spiele so, weil ich Fred bin." 2008 fiel er als Folge seiner Aids-Erkrankung zwei Monate lang ins Koma, erholte sich bis 2011 komplett und hat seither wieder die alte Klasse erreicht. Manche attestieren ihm gar Vollkommenheit.

Karten kosten je Veranstaltung 20, ermäßigt 15 Euro. Der Vorverkauf ist möglich über www.oberhaching.de, in der Bibliothek, im Rathaus oder in der Buchhandlung Kempter

© SZ vom 12.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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