Oberhaching:Ganz ohne Poltern

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Die Interkommunale Lärmschutzinitiative hat viel für Bahnanwohner erreicht - jetzt droht ihr die Auflösung

Von Michael Morosow, Oberhaching

Sicherlich wäre es den Mitgliedern der Interkommunalen Lärmschutzinitiative (ILI) am liebsten, wenn sie ihr Ziel schon erreicht hätten und mangels weiterer Herausforderungen die Auflösung der Vereinigung beschließen könnten. Aber im neunten Jahr ihres Bestehens kann die ILI zwar auf eine ganze Reihe von Erfolgen im Kampf gegen den ebenso nervigen wie unnötigen Lärm zurückblicken, der von abgestellten Züge ausgeht, aber immer noch klagen viele Anwohner, dass ihnen nachts der Schlaf geraubt wird.

Es gibt also noch viel zu tun, und daher wäre es gar nicht im Sinne der ILI-Mitstreiter und der auf sie vertrauenden Bahnanwohner, wenn sich die Schutzgemeinschaft 2018 auflösen würde. Diese Gefahr besteht aber durchaus, wie die Besucher der neunten ordentlichen Mitgliederversammlung im Oberhachinger Weißbräu erfahren haben. Grund ist die Tatsache, dass bei den Neuwahlen im nächsten Jahr bis auf den stellvertretenden Vorsitzenden Alois Wichtlhuber kein aktuelles Vorstandsmitglied eine Wiederwahl anstrebt. Für den erst Anfang des Jahres verstorbenen Schatzmeister Hans-Dieter Bretz und auch für Schriftführerin Regina Radetzky habe man zwar bereits mögliche Nachfolger im Auge, aber eben nicht für seine Nachfolge, sagte der amtierende ILI-Vorsitzende Werner Litza. Sollte sich bis September niemand bereit erklären, folge die Auflösung, sagte Litza, worauf sich Oberhachings Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) erhob und zu einer kleinen Brandrede ansetzte. Mit Nachdruck solle dafür gesorgt werden, dass sich die Initiative nicht auflöse, sondern - im Gegenteil - sogar mit einer erweiterten Vorstandschaft weitermache. Die Arbeit im Vorstand müsse auf mehr Säulen verteilt werden, "der eigentliche Weg sollte sein, dass wir uns breiter aufstellen", sagte Schelle, der Werner Litza und den Seinen größtes Lob spendete für bislang Geleistetes. Die gegenwärtig 189 ILI-Mitglieder kommen aus 18 Standorten, darunter die Landkreisgemeinden Oberhaching, Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Sauerlach und Aying.

"Bei der Gründung der Initiative hieß es, wir holen uns einen Rechtsanwalt und verklagen die Bahn, damit sie den Lärm reduziert", sagte Schelle. Die ILI hat sich dabei bis heute zu viel mehr als nur zu einer Klagegemeinschaft entwickelt, übt zwar juristischen Druck aus, wenn es sein muss, sie lärmt und poltert aber nicht. Durch ihr stets sachliches Vorgehen, durch das technische Wissen einiger Mitglieder über Bahn und Schiene, nicht zuletzt aber auch durch ihre präzisen Kenntnisse über Lärmschutzgesetze hat sie sich Achtung und Akzeptanz bei der Deutschen Bahn und der S-Bahn München erworben - und darf inzwischen sogar bei der Ausschreibung für neue Zuggenerationen mitreden. Das Problem an der Wurzel packen, lautet die Devise.

Wer schon bei der Herstellung einer S-Bahn oder einer Lok den Lärmschutz beachtet, muss später nicht für wesentlich mehr Geld nachrüsten. "Dass sich die Hersteller von Lokomotiven und Bremsen mit uns austauschen, das schafft nicht jede Initiative", sagte der Vize-Vorsitzende Wichtlhuber. Auch Schriftführerin Regina Radetzky trug zur positiven Stimmung bei: Sie berichtete von einem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Dieser entschied unlängst, dass ein Zug, der auf einem Gleis abgestellt wird, kein fahrender Zug mehr ist, sondern eine Anlage - und somit Paragraf 26 des Bundesimmissionsschutzgesetz anzuwenden sei.

Mit lärmmindernden Bremsen sowie Schallschutzwänden will die Bahn bis 2020 den Schienenlärm im Vergleich zum Jahr 2000 halbieren. Die ILI, davon kann man ausgehen, wird die Bahn auf dem Weg dorthin begleiten und sie wird auch weiterhin ihre nächtlichen "Spione" im Einsatz haben. Nahe den Gleisen lebende Melder teilen per App an den S-Bahn-Leitplatz mit, wenn etwa frühmorgens um 3 Uhr vom ruhenden Bahn-Verkehr Lärm ausgeht.

© SZ vom 11.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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