Oberhaching:Familiäre Talkrunde

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Politiker diskutieren vor Zehntklässlern mit Abiturientinnen

Von Lisa Settari, Oberhaching

"Das ist doch super, dass ich heute mit jungen Leuten über Politik diskutieren kann", lacht Wolfgang Heubisch, als er an seinem 71. Geburtstag zur Podiumsdiskussion "Politik als Beruf(ung)" im Oberhachinger Bürgersaal begrüßt wird. Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der Grünen, stimmt, ohne lange zu überlegen, ein Geburtstagslied an für den ehemaligen Wissenschaftsminister von der FDP, und tatsächlich singt der ganze Saal ein paar Zeilen mit. Damit hat sich ein Wunsch der Organisatoren eigentlich schon erfüllt, nämlich Schülern zu zeigen, dass Politiker ganz normale Menschen sind, die gerne aus dem Nähkästchen plaudern.

Wolfgang Heubisch diskutierte auf Einladung seiner Frau vor deren Schülern mit Katharina Schulze. (Foto: Claus Schunk)

Kristina Kalb-Heubisch, stellvertretende Schulleiterin des Oberhachinger Gymnasiums und Ehefrau des Geburtstagskindes, hatte die Veranstaltung zusammen mit dem Sozialkundelehrer Ludwig Pichler organisiert. Schon länger gebe es an der Schule Fördermodule für begabte Schüler in verschiedenen Bereichen, so Kalb-Heubisch. Dabei wurden unter anderem schon Exkursionen in den Landtag organisiert. Das wollte man ausbauen, und es entstand diese verpflichtende Veranstaltung für Zehntklässler. "Einige freuen sich sicher darauf, weil einfach eine Schulstunde ausfällt", sagt Kalb-Heubisch, "aber ich hoffe trotzdem, dass wir heute politisches Interesse wecken oder stärken können." Heubisch und Oberhachings Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) sagten gleich zu. Der SPD-Landtagsabgeordnete Peter Paul Gantzer sagte aufgrund eines dringenden Termins kurzfristig ab. Aber auch mit einem Redner weniger war die eine Stunde gut gefüllt mit umfangreichen Antworten auf die Fragen der zwei Moderatorinnen, Marie-Noelle Pfuhl und Ida Schelle - letztere ist die Tochter des Bürgermeisters. Die beiden frischgebackenen Abiturientinnen waren sich einig, dass Gymnasiasten mehr Kontakt mit Politik bei schulischen Veranstaltungen oder auch mehr Sozialkundestunden auf dem Lehrplan vertragen könnten. Pfuhl und Schelle beschreiben ihr Gymnasium durchaus als einen Ort, wo über Politik geredet wird und wo Schüler auch Meinungen haben, wenn auch weniger in den Jahrgangsstufen, die noch nicht wählen dürfen. Von einer jugendlichen Politikverdrossenheit könne man nicht pauschal sprechen, betonen die Moderatorinnen und das Organisations-Team. Katharina Schulze sieht das auch so, und betont das politische Potenzial der Jugend: "Es gibt so viele junge Menschen die sich auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Formen für unser Gemeinwesen einsetzen. Sie für die Parteipolitik zu begeistern mache ich gerne." Sie bemühe sich auch, ihren Alltag gerade einer jüngeren Klientel über soziale Netzwerke näherzubringen. Während der Diskussion bestätigte sich schon mal ein Vorurteil gegenüber Politikern: Sie reden viel. Das gaben die drei anwesenden auch schmunzelnd zu. Trotzdem war es inhaltlich schülerfreundlich, es roch nicht nach Wahlkampf und man einigte sich auf drei wichtige Lektionen, die man dem jungen Publikum mitgeben wollte: Erstens, dass es keinen ultimativen Weg in die Berufspolitik gibt, und dass Quereinsteiger Parteien und die Demokratie aufgrund ihrer verschiedensten Erfahrungen bereichern. Wolfgang Heubischs Weg zum FDP-Minister diente als Beispiel. Zweitens, dass sich jedes gesellschaftliche Engagement lohnt, und wichtige und richtige Veränderungen eben auch auf kommunaler Ebene geschehen können. Und drittens, dass in der Politik eine Mischung aus Rückgrat und Kompromissbereitschaft unverzichtbar ist.

Die Fraktionsvorsizende der Grünen Katharina Schulze wurde zur Podiumsdikussion "Politik als Beruf(ung)" geladen. (Foto: Angelika Bardehle)

Am Ende blieb Zeit für eine Frage aus dem Publikum, ein Schüler griff sich das Mikrofon und wollte wissen, wie es denn mit Schulreformen in Bayern aussehe, weil das System hier vergleichsweise schwierig sei. Die Gäste sprachen vor allem davon, dass auch die eine Chance haben müssten, sich umfangreich fortzubilden oder zu studieren, die keinen linearen Bildungsweg mit Abitur am Ende vorzuweisen hätten. Dann war es auch schon elf Uhr und die Schüler mussten zurück in die Klassenzimmer. Die Politiker bekamen zum Abschied ein von den Schülern erstelltes Kochbuch. Bürgermeister Schelle empfahl Schulze daraus den Rehrücken.

© SZ vom 14.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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